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Glory_Days

Kaufen vs. Mieten, Opportunitätskosten, und Auswirkungen auf die Asset Allokation

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Nostradamus
· bearbeitet von Nostradamus
vor 3 Stunden von glow_pt2:

Wenn man sich früh entscheidet permanent zu mieten, aggressiv investiert und so gut es geht hebelt (selbst wenn die Konditionen bei Aktien hierfür nicht so gut sind wie bei Immobilien), hat man eine gute Chance am Ende den Eigentumbesitzer zu schlagen. Aber das macht fast keiner konsequent.

Ich würde doch sagen, dass es auch wirklich keine Standardempfehlung ist, im Bereich der Aktienanlage "so gut es geht zu hebeln"...

Zur Frage, ob Immobiliensitzer am Ende vermögender sind, möchte ich auch noch ein weiteres (nicht allgemeingültiges) Argument vorbringen: Beim Hauskauf schlüpft plötzlich die Verwandtschaft aus ihren Löchern und dann gibt der Opa großzügig was zur Finanzierung dazu, die Oma gibt sehr gerne einen großen Teil für die neue Küche dazu und falls es wirklich mal Schwierigkeiten mit dem Kredit geben sollte, regeln Mama und Papa das auch irgendwie, Hauptsache das Haus wird gehalten. Wenn ich mein ETF-Depot aber einfach weiter ausbauen will, ist man da seltsamerweise zurückhaltender mit hohen finanziellen Unterstützungen. Vielleicht erbt man dieses Geld zwar früher oder später sowieso, vielleicht aber auch nicht; vielleicht verbraucht es die Verwandtschaft ja auch einfach anderweitig.

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Grubner

Hier ist ein schöner Artikel über das Thema: https://www.focus.de/immobilien/immobilie-zwingt-zum-sparen-warum-immobilieneigentuemer-im-alter-reicher-sind_id_12131206.html

 

Quintessenz:

 

- besser verdienende und vermögende Personen kaufen Immobilien -> Immobilienbesitz nicht die Ursache, sondern die Wirkung der besseren Vermögenssituation

 

Das ist natürlich richtig, aber allenfalls die halbe Wahrheit. Außerdem wurde folgendes festgestellt:

 

- Beide Gruppen, also Mieter und Wohnungseigentümer, sparen außerhalb der Tilgung etwa gleich viel. Sie legen also gleich hohe Beträge in Lebensversicherungen, Sparplänen und anderen Kapitalanlagen an.

- Man hätte vielleicht erwarten können, dass die Immobilieneigentümer etwas weniger in anderen Anlageformen sparen, weil sie das Geld für die Tilgung ihres Darlehens brauchen. Dem ist jedoch nicht so.

- Bei den Immobilieneigentümern kommt die Tilgung der Immobilie zu den sonstigen Sparleistungen noch hinzu.

 

Und:

- Wer über 30 oder 40 Jahre diszipliniert in einen weltweit anlegenden ETF anspart, dürfte am Ende ein deutlich höheres Nettovermögen haben. -> Das Problem ist nur: Kaum jemand hat diese Disziplin.

 

VG

Grubner

 

 

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hattifnatt
vor 4 Stunden von Grubner:

- besser verdienende und vermögende Personen kaufen Immobilien -> Immobilienbesitz nicht die Ursache, sondern die Wirkung der besseren Vermögenssituation

Ich glaube auch, dass Immobilien "günstiger" beim Vererben sind als andere Kapitalanlagen. Je nach Berechnungsmodell kann man damit auch relativ hohe Werte unter den Steuerfreibeträgen weitergeben.

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days

Erst einmal danke für die vielen Meinungen und Einschätzungen.

Ich bin ebenso der Überzeugung, dass der Leverage-Effekt einen wesentlichen Effekt in der Endabrechnung zwischen Eigenheimbesitzer und Mieter darstellen kann, v.a. wenn es sich um einen konservativen Anlagetyp handelt. Man muss hier meines Erachtens aber ein paar Dinge beachten:

  • Es handelt sich bei der fremdfinanzierten Immobilie um keinen konstanten Fremdkapital-Hebel (d.h. der Hebel ist anfänglich sehr hoch und nimmt im Zeitverlauf stark ab), wobei bezogen aufs eingebrachte Kapital vereinfacht gelten sollte:
    Hebelfaktor(t) = Restschuld(t) / (Eigenkapital(0) + Summe Tilgung(t) + Summe Zinskosten(t)) + 1
  • Der durchschnittliche Hebel über die gesamte Kreditlaufzeit bei Immobilieninvestments ist daher je nach Ausgangshebel bei t = 0 gar nicht mal so hoch.
  • Für Immobilienbesitzer ist der Leverage-Effekt weniger greifbar, da keine tägliche Preisfeststellung wie z.B. bei Aktien stattfindet.

Kommer schreibt in seinem Buch "Kaufen oder mieten?" bzgl. Leverage u.a.:

Zitat

Sofern in einer Bilanz Fremdkapital vorhanden ist, sprechen Ökonomen von »Leverage« (Leverage, engl. für »Hebel«), denn das Eigenkapital ist »gehebelt« – das Volumen an finanzierbarem Vermögen wurde durch die Hinzunahme eines Kredits ausgedehnt. Neben der Vermögensausdehnung bedeutet Fremdkapitalfinanzierung auch, gegenüber der reinen Eigenkapitalfinanzierung die Nutzung von Kapitalgütern zeitlich vorzuverlegen. Dies ist das primäre Motiv bei der (teilweisen) Fremdfinanzierung eines Eigenheims, während bei Firmen das primäre Motiv ist, die Rendite auf das eingesetzte Eigenkapital zu erhöhen.

Zitat

Mit Leverage – und hier unterscheiden sich Privathaushalt und Unternehmen nicht – geht aber immer auch eine Erhöhung des Vermögensrisikos einher. Ausnahmen von diesem ökonomischen Grundgesetz gibt es nicht. Wenn sich dieses Leverage-bezogene Risiko materialisiert – und das wird stets in einigen Fällen geschehen, andernfalls wäre es kein Risiko –, dann verkehrt sich der angestrebte ertragserhöhende Effekt von Leverage ins Gegenteil.


Bei der beliebten 80/20-Finanzierung (d.h. 80% Fremdkapital/20% Eigenkapital) liegt der durchschnittliche Hebelfaktor über die gesamte Kreditlaufzeit bei den aktuellen Zinskosten einer langen Zinsbindung (~25 Jahre) bei einem Volltilger-Darlehen in etwa bei ~2.1. Die Zeitabhängigkeit des Hebelfaktors ist bei dieser Art der Investition aber natürlich leicht anders als bei der Lifecycle-Strategie. Insbesondere der hohe Ausgangshebel kann hier u.U. problematisch werden - wenn man schlechtes Timing erwischt, die Kreditraten nicht mehr bedienen kann und zum Verkauf zum ungüngstigsten Zeitpunkt gezwungen ist.
 

Zitat

When it comes to leverage timing isn't everything; it's the only thing.

 

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glow_pt2
vor 10 Stunden von Glory_Days:

d.h. 80% Eigenkapital/20% Fremdkapital

du meinst umgekehrt, richtig?

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Peter23
vor 12 Stunden von Glory_Days:

Kommer schreibt in seinem Buch "Kaufen oder mieten?" bzgl. Leverage u.a.:

Eher so die Trivialitäten, die Kommer dazu von sich gibt.

vor 12 Stunden von Glory_Days:

Ich bin ebenso der Überzeugung, dass der Leverage-Effekt einen wesentlichen Effekt in der Endabrechnung zwischen Eigenheimbesitzer und Mieter darstellen kann, v.a. wenn es sich um einen konservativen Anlagetyp handelt.

Genau - sehr guter Punkt. Bei Immobilien hebeln sogar Anleger, die sich ansonsten als sehr konservativ bezeichnen würden. Bei Aktien tun sich damit sogar die eher aggressiven Anlegertypen schwer.

 

vor 12 Stunden von Glory_Days:

Bei der beliebten 80/20-Finanzierung

Es zeigt sich hier, dass eine 60/40 Finanzierung mit niedriger Tilgungsrate gleich aus mehreren Gründen empfehlenswerter wäre:

1. Reduziert man das Risiko erheblich (insbesondere wegen der deutlich niedrigeren Kreditrate)

2. sind die Zinsen meist noch etwas besser

3. kann man ggf. dann eine kürzere Zinsbindung wählen und damit nochmal Zinsen sparen, weil das Risiko ohnehin niedrig ist

4. ist der Hebel etwas konstanter über die Zeit und vor allem am Anfang nicht so deutlich über 2

 

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Pfennigfuchser

Ich möchte noch einen andere Effekt ergänzen, der sehr selten beleuchtet wird, da ökonomisch schwer greifbar, aber sicher auch vorhanden ist: Der Immobesitzer muss zum Zeitpunkt der Finanzierung eine klare Vermögensaufstellung machen, strukturieren, planen, wie er dann auch noch eine Altersvorsorge hinbekommt, Rücklagen für Renovierungen bildet. Das schieben andere oft Jahre vor sich her oder machen es nie.

 

Anekdotische Evidenz: Ich halte mich selbst für einen disziplinierten und rationalen Sparer. Trotzdem war ich überrascht, als wir recht spontan unsere zweite Immo erwarben, wie viel Geld wir "herumliegen" hatten. Also in schlecht oder gar nicht verzinsten Verträgen, diversen Giro- und alten Sparkonten, usw. Mein Depot war sparplangemäß gefüllt und entwickelte ich gut, aber der Löwenanteil dümpelte vor sich hin. Ohne den Immokauf hätten wir das wohl nie zusammengekehrt. Die Alternativrechnung, man hätte ja sounsoviel alternativ zur Immobilie in einen world etf stecken können, stimmt daher nicht wirklich. Ich hätte wegen dieser versprengten Konten nicht einmal die Hälfte im etf gehabt, mein Mann sogar gar nichts. Wenn, wie im Falle meines Mannes, die Alternative zum Immoerwerb Gebühren und Strafzinsen auf dem Girokonto sind, ist die Immo plötzliche ein Top-Anlage :D Völlig klar, dass die Anlagestrategie des Gatten nicht als Vergleichsobjekt in Kommers Horizont auftaucht, aber in der den Durchschnitt bildenden Masse wird sie sehr wohl ihren Platz haben.

 

Wir haben dann mit 70% EK finanziert, viel zu viel aus heutiger Sicht, aber gut, es gab externe Gründe, eine Immo zu kaufen.

 

 

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Glory_Days
vor 5 Stunden von glow_pt2:

du meinst umgekehrt, richtig?

Natürlich - war schon spät gestern. Ich passe es im Post oben mal lieber an.

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hilflos
vor 18 Stunden von hattifnatt:

Ich glaube auch, dass Immobilien "günstiger" beim Vererben sind als andere Kapitalanlagen. Je nach Berechnungsmodell kann man damit auch relativ hohe Werte unter den Steuerfreibeträgen weitergeben.

die Zeiten in denen Immobilien zum sehr niedrigen Einheitswert vererbt werden können sind schon lange vorbei. Das wird heute anhand vom Marktwert im Erbfall geschätzt und sollte einigermaßen passen. Sparen kann man mit Nießbrauch oder Wohnrecht.

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cjdenver
Am 23.11.2021 um 09:07 von Pfennigfuchser:

Völlig klar, dass die Anlagestrategie des Gatten nicht als Vergleichsobjekt in Kommers Horizont auftaucht, aber in der den Durchschnitt bildenden Masse wird sie sehr wohl ihren Platz haben.

 

Naja sorry aber wenn ihr so viel Geld habt dass ihr nicht mal mehr wisst was davon wo rumliegt dann gehoert ihr sicherlich nicht zu "der den Durchschnitt bildenden Masse" sondern eher zum ausserhalb 6 Sigma liegenden Einzelpunkt. 

 

Am 23.11.2021 um 09:07 von Pfennigfuchser:

Wir haben dann mit 70% EK finanziert, viel zu viel aus heutiger Sicht, aber gut, es gab externe Gründe, eine Immo zu kaufen.

 

Genau das meine ich - du denkst doch hoffentlich nicht ehrlich deine Situation eine (Zweit-!)-Immobilie mit 70% EK zu erwerben ist auch nur annaehernd normal?

 

 

Das nenn ich mal ne Filterblase :D

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glow_pt2
vor 15 Minuten von cjdenver:

Genau das meine ich - du denkst doch hoffentlich nicht ehrlich deine Situation eine (Zweit-!)-Immobilie mit 70% EK zu erwerben ist auch nur annaehernd normal?

Allerdings, vor allem wenn man das erreicht, obwohl der Großteil des Gelds auf schlecht verzinsten Konten liegt. Eure Gehälter möchte ich haben ;)

 

Am 23.11.2021 um 09:07 von Pfennigfuchser:

Ich möchte noch einen andere Effekt ergänzen, der sehr selten beleuchtet wird, da ökonomisch schwer greifbar, aber sicher auch vorhanden ist: Der Immobesitzer muss zum Zeitpunkt der Finanzierung eine klare Vermögensaufstellung machen, strukturieren, planen, wie er dann auch noch eine Altersvorsorge hinbekommt, Rücklagen für Renovierungen bildet. Das schieben andere oft Jahre vor sich her oder machen es nie.

 

Am 23.11.2021 um 08:39 von Peter23:

Genau - sehr guter Punkt. Bei Immobilien hebeln sogar Anleger, die sich ansonsten als sehr konservativ bezeichnen würden. Bei Aktien tun sich damit sogar die eher aggressiven Anlegertypen schwer.

Wenn wir hier die Frage Mieten vs. Kaufen diskutieren sollte man davon ausgehen, dass beide Seiten rational und diszipliniert investieren. Die Argumente fürs Kaufen laufen meist darauf hinaus, dass der Durchschnittsbürger sich nicht traut Aktien zu hebeln, seine Finanzen nicht richtig organisiert wenn er es nicht für eine Immobilie muss, nicht genug spart, etc. Aber @Glory_Days ist doch nicht der Durchschnitt, wenn er eine solche Frage hier stellt.

 

Ich finde die Videos von Ben Felix zu dem Thema ziemlich gut, neben dem, das du verlinkt hast, auch noch

 

 

Die Entscheidung hängt von vielem ab. Wenn man sich wirklich aufs permanente Mieten einlässt und nebenbei konsequent investiert, ist das meiner Meinung nach eine tolle Alternative zum klassischen Eigenheim-Modell, gerade bei den derzeitigen Häuserpreisen.

 

 

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Peter23
vor 4 Minuten von glow_pt2:

Die Argumente fürs Kaufen laufen meist darauf hinaus, dass der Durchschnittsbürger sich nicht traut Aktien zu hebeln, seine Finanzen nicht richtig organisiert wenn er es nicht für eine Immobilie muss, nicht genug spart, etc. Aber @Glory_Days ist doch nicht der Durchschnitt, wenn er eine solche Frage hier stellt.

Das ist vielleicht mittlerweile untergegangen, aber ich habe nicht gesagt, dass das ein Argument fürs Kaufen von Immobilien ist sondern ich wollte nur darauf hinweisen, dass die meisten Immobilienkäufer sehr hohe Risiken eingehen (höher als sie es bei Aktien machen würden) und dass daraus das (scheinbare) Paradoxon entsteht, dass Immobilieninvestoren durchschnittlich vermögender sind, obwohl sie risikoadjustiert schlechtere Renditen erwirtschaften. Es liegt also mE nur daran, dass sie (ohne sich darüber bewusst zu sein) sehr hohe Risiken eingehen und diese höheren Risiken dann (wie eigentlich meistens) auch zu einer höheren Renditeerwartung führen (aber auch zu einem deutlich höheren Privatinsolvenzrisiko).

 

Du hast natürlich vollkommen recht, dass das kein Argument fürs Kaufen von Immobilien ist. Das sollte es aber auch nie sein. Eigentlich könnten sich Investoren, die ein breit-diversifiziertes Anlageportfolio (z.B. aus Anleihen, Rohstoffen und MSCI World ACWI IMI) ihr Eigen nennen, viel mehr Leverage „leisten“ als jemand, der alles auf ein Immobilienobjekt setzt.

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days

Wichtig ist es hier meines Erachtens v.a. frühzeitig eine Entscheidung zu treffen und nicht dauerhaft zwischen den Entscheidungen Kaufen und Mieten hin- und herzupendeln. Die beiden schlimmsten Möglichkeiten sind sicherlich:

  • Eine EK-Rücklage als zinslose Sichteinlage zum Zwecke eines Immobilienkaufs zu bilden und diese dann auf Jahre hinweg nie für eine Kauftransaktion zu verwenden.
  • Sich für das Mieten zu entscheiden, aber gleichzeitig sein Geld in zinslosen Sichteinlagen zu parken.

Wenn man Kaufen vs. Mieten rein finanziell wirklich miteinander vergleichen will, müssen die Investments in beiden Fällen vom Risikoprofil vergleichbar sein. In der Praxis ist das aber so gut wie nie der Fall, da das Risiko bei Fremdkapital-gebehelten Immobilien-Investments tendenziell unterschätzt wird, während das Risiko bei vergleichbaren Fremdkapital-gehebelten Aktien-Investments tendenziell überschätzt wird.

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Peter23
· bearbeitet von Peter23
vor 2 Stunden von Peter23:

Du hast natürlich vollkommen recht, dass das kein Argument fürs Kaufen von Immobilien ist. Das sollte es aber auch nie sein. Eigentlich könnten sich Investoren, die ein breit-diversifiziertes Anlageportfolio (z.B. aus Anleihen, Rohstoffen und MSCI World ACWI IMI) ihr Eigen nennen, viel mehr Leverage „leisten“ als jemand, der alles auf ein Immobilienobjekt setzt.

Hierzu möchte ich noch folgendes ergänzen:

Man könnte nun zur Schlussfolgerung kommen, dass man also lieber nicht in Immobilien investiert und stattdessen lieber geleveraged in Aktien. Hier entsteht dann aber das Problem, dass nicht nur die Immobilieninvestoren selbst sondern offenbar auch die Finanzbranche das Risiko von einzelnen Immobilien (insbesondere das Klumpenrisiko) massiv unterschätzen bzw das Risiko von weltweit diversifizierten 60/40-Aktien/Anleihen-Portfolios überschätzt. Ansonsten könnte man ja zu einer Bank gehen und sagen: 

Ich habe 200k Ek und möchte von Dir, liebe Bank, nun 800k Kredit haben, um dann 1mio in ein solches Portfolio (60/40) zu investieren. Dafür möchte ich natürlich nur 0,5% Zinsen und zwar festgeschrieben über 10 Jahre zahlen. Ach ja und dazu noch, liebe Bank, erwarte ich von Dir, dass Du Dich solange ich meinen Kredit bediene nicht darum scherst, ob das Aktienportfolio gerade um 30-50% eingebrochen ist, weil Du das ja bei Immobilien auch nicht anschaust.

vor 2 Stunden von Glory_Days:

In der Praxis ist das aber so gut wie nie der Fall, da das Risiko bei Fremdkapital-gebehelten Immobilien-Investments tendenziell unterschätzt wird, während das Risiko bei vergleichbaren Fremdkapital-gehebelten Aktien-Investments tendenziell überschätzt werden.

Exakt!

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days

Mit ein Grund ist auch geschicktes Marketing der Immoblienbranche, die es über Jahrzehnte lang hinbekommen hat, dass Menschen Immobilien als "Betongold" ansehen und den Immobilienkauf nicht als gehebeltes Investment. Rein ökonomisch betrachtet handelt es sich aber natürlich um Letzteres, mit allen damit verbunden Chancen und Risiken.

 

Und natürlich spielt die menschliche Psyche an dieser Stelle eine wichtige Rolle. Bei täglicher Preisfeststellung nimmt man (gehebelte) Preisschwankung wesentlich stärker wahr. Das führt  gerade in hoch volatilen Phasen zu erhöhtem Stress, dem nur wenige Menschen Stand halten können. Bei Immobilien ist hier die Ausgangslage besser, da der "Kurswert" der Immobilie eben nicht in Echtzeit zur Verfügung steht.

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Pfennigfuchser
· bearbeitet von Pfennigfuchser
vor einer Stunde von cjdenver:

- du denkst doch hoffentlich nicht ehrlich deine Situation eine (Zweit-!)-Immobilie mit 70% EK zu erwerben ist auch nur annaehernd normal? 

Hmm, ja, so wie Du es darstellt klingt es schräg. 

 

Ich kann Euch allerdings beruhigen, wir verdienen überm Schnitt, aber nicht 6-stellig oder so. 

 

"Zweite Immo" heißt, dass wir die erste, die wir relativ günstig geschossen hatten und vollständig in Eigenarbeit komplett renoviert hatten mit Gewinn verkaufen konnten und damit dann auf die 70% EK kamen. "Herumliegendes Geld" ist bei meinem Mann halt so, der legt nichts an. Wir hatten beide zusätzlich noch Nebenjobs, deren Einkünfte auf Extrakonten lagen, usw. Unstrukturiert ja, aber kein Reichtum. 

 

Die Filterblase besteht wohl darin, normal zu verdienen, sehr viel zu arbeiten (Nebenjob, Renovierung, keine Dienstleistungen in Anspruch nehmen) und gleichzeitig sehr wenig auszugeben. 

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testaccount
Am 23.11.2021 um 09:07 von Pfennigfuchser:

Ich möchte noch einen andere Effekt ergänzen, der sehr selten beleuchtet wird, da ökonomisch schwer greifbar, aber sicher auch vorhanden ist: Der Immobesitzer muss zum Zeitpunkt der Finanzierung eine klare Vermögensaufstellung machen, strukturieren, planen, wie er dann auch noch eine Altersvorsorge hinbekommt, Rücklagen für Renovierungen bildet. Das schieben andere oft Jahre vor sich her oder machen es nie.

 

Anekdotische Evidenz: Ich halte mich selbst für einen disziplinierten und rationalen Sparer. Trotzdem war ich überrascht, als wir recht spontan unsere zweite Immo erwarben, wie viel Geld wir "herumliegen" hatten. Also in schlecht oder gar nicht verzinsten Verträgen, diversen Giro- und alten Sparkonten, usw. Mein Depot war sparplangemäß gefüllt und entwickelte ich gut, aber der Löwenanteil dümpelte vor sich hin. Ohne den Immokauf hätten wir das wohl nie zusammengekehrt. Die Alternativrechnung, man hätte ja sounsoviel alternativ zur Immobilie in einen world etf stecken können, stimmt daher nicht wirklich. Ich hätte wegen dieser versprengten Konten nicht einmal die Hälfte im etf gehabt, mein Mann sogar gar nichts. Wenn, wie im Falle meines Mannes, die Alternative zum Immoerwerb Gebühren und Strafzinsen auf dem Girokonto sind, ist die Immo plötzliche ein Top-Anlage :D Völlig klar, dass die Anlagestrategie des Gatten nicht als Vergleichsobjekt in Kommers Horizont auftaucht, aber in der den Durchschnitt bildenden Masse wird sie sehr wohl ihren Platz haben.

 

Wir haben dann mit 70% EK finanziert, viel zu viel aus heutiger Sicht, aber gut, es gab externe Gründe, eine Immo zu kaufen.

 

 

Sorry, aber wenn du nicht mal weißt wieviel Kohle bei dir in irgendwelchen unnötigen Verträgen und Co. schlummert, dann klingt das um keinen Deut wissender als der 0815 Deutsche der sich aber gleichzeitig nicht in einem Finanz(!)forum herumtreibt. Ich wage zu behaupten, dass der Großteil der Leute hier genau weiß wieviel Geld er hat und dieses wahrscheinlich sogar centgenau in einem Haushaltsbuch/Software trackt.

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cjdenver
vor 2 Minuten von testaccount:

Sorry, aber wenn du nicht mal weißt wieviel Kohle bei dir in irgendwelchen unnötigen Verträgen und Co. schlummert, dann klingt das um keinen Deut wissender als der 0815 Deutsche der sich aber gleichzeitig nicht in einem Finanz(!)forum herumtreibt.

 

Ist das nicht genau das was sie behauptet hat? 

 

vor 2 Minuten von testaccount:

Ich wage zu behaupten, dass der Großteil der Leute hier genau weiß wieviel Geld er hat und dieses wahrscheinlich sogar centgenau in einem Haushaltsbuch/Software trackt.

 

Ich wage zu behaupten dass der Durchschittsdeutsche (owei, gibts sowas?) das auch kann, und zwar sogar ohne Haushaltsbuch/Software. Weils so viel gar nicht erst ist. 

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Nostradamus
vor 32 Minuten von Glory_Days:

Wenn man Kaufen vs. Mieten rein finanziell wirklich miteinander vergleichen will, müssen die Investments in beiden Fällen vom Risikoprofil vergleichbar sein. In der Praxis ist das aber so gut wie nie der Fall, da das Risiko bei Fremdkapital-gebehelten Immobilien-Investments tendenziell unterschätzt wird, während das Risiko bei vergleichbaren Fremdkapital-gehebelten Aktien-Investments tendenziell überschätzt wird.

Das stimmt und hier dürfte normalerweise über irgendwelche Risikoprofile auch nicht nachgedacht werden. Das Haus muss ja üblicherweise mit Fremdkapital finanziert werden wenn man nunmal jetzt und nicht erst im hohen Alter im Eigenheim leben möchte und als Aktieninvestor entwickelt sich das Depot meist ganz nett, auch ohne dass man sich um den Nachtschlaf bringt, indem man sein Risiko mit Fremdkapital zusätzlich steigert. Die Frage "Setze ich Fremdkapital ein, um mir entweder ein Eigenheim zu kaufen oder doch lieber Aktien?" stellen sich in dieser Form wohl nicht so viele Leute, würde ich meinen...

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Pfennigfuchser
· bearbeitet von Pfennigfuchser

@testaccount  ich muss Dich enttäuschen. Haushaltsbuch hatte ich damals schon, seit Jahren. Vermögensaufstellung eben nur einmal im Jahr, das Portfolio tracke ich. Aber auf die Konten meines Mannes habe ich keinen Zugriff, das geht mich auch nichts an. Auch den gestiegenen Wert der selbstbewohnten Immo hatte ich nicht in der vollen Höhe auf dem Schirm, da ich die immer vorsichtig zum Anschaffungspreis ansetzte.

Sagen wir so, meine eigenen Finanzen hatte ich bis auf ein paar Euro genau im Blick, die meines Mannes nicht. Der treibt sich auch nicht hier im Forum herum, da ihn Anlage nicht interessiert, da hast Du mit Deiner Einschätzung Recht. 

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glow_pt2
vor 42 Minuten von Peter23:

Das ist vielleicht mittlerweile untergegangen, aber ich habe nicht gesagt, dass das ein Argument fürs Kaufen von Immobilien ist sondern ich wollte nur darauf hinweisen, dass die meisten Immobilienkäufer sehr hohe Risiken eingehen (höher als sie es bei Aktien machen würden) und dass daraus das (scheinbare) Paradoxon entsteht, dass Immobilieninvestoren durchschnittlich vermögender sind, obwohl sie risikoadjustiert schlechtere Renditen erwirtschaften. Es liegt also mE nur daran, dass sie (ohne sich darüber bewusst zu sein) sehr hohe Risiken eingehen und diese höheren Risiken dann (wie eigentlich meistens) auch zu einer höheren Renditeerwartung führen (aber auch zu einem deutlich höheren Privatinsolvenzrisiko).

Hatte ich tatsächlich vergessen. Sehe es genau so, wie du sagst.

 

vor 20 Minuten von Pfennigfuchser:

"Zweite Immo" heißt, dass wir die erste, die wir relativ günstig geschossen hatten und vollständig in Eigenarbeit komplett renoviert hatten mit Gewinn verkaufen konnten und damit dann auf die 70% EK kamen. "Herumliegendes Geld" ist bei meinem Mann halt so, der legt nichts an. Wir hatten beide zusätzlich noch Nebenjobs, deren Einkünfte auf Extrakonten lagen, usw. Unstrukturiert ja, aber kein Reichtum. 

Ah, ok, wenn die erste wieder verkauft wurde ist das natürlich was anderes ;)

 

 

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Pfennigfuchser
vor 26 Minuten von Nostradamus:

 Das Haus muss ja üblicherweise mit Fremdkapital finanziert werden 

Ich denke das ist der Punkt. 95% der Immo Anleger werden sich nie Gedanken über den Hebel machen und würden auch keine andere Anlage hebeln. Aber bei der Immo muss man halt, weil es anders nicht geht. 

 

Bewusst hebeln machen dann eher diejenigen, die es auch können, die eh schon Reichen. In dem verlinkten Artikel wird beschrieben, dass "the majority of loans are interest-only; most are never paid off unless the home is sold". Das Geld geht arbeiten, während der Besitzer die Luxusimmo bewohnt. Da kann man sich noch etwas abschauen. 

 

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
vor 36 Minuten von Nostradamus:

Das stimmt und hier dürfte normalerweise über irgendwelche Risikoprofile auch nicht nachgedacht werden. Das Haus muss ja üblicherweise mit Fremdkapital finanziert werden wenn man nunmal jetzt und nicht erst im hohen Alter im Eigenheim leben möchte und als Aktieninvestor entwickelt sich das Depot meist ganz nett, auch ohne dass man sich um den Nachtschlaf bringt, indem man sein Risiko mit Fremdkapital zusätzlich steigert. Die Frage "Setze ich Fremdkapital ein, um mir entweder ein Eigenheim zu kaufen oder doch lieber Aktien?" stellen sich in dieser Form wohl nicht so viele Leute, würde ich meinen...

Richtig, aber nur weil sich viele Leute die Frage überhaupt erst gar nicht stellen, bedeutet das ja nicht, dass man sich die Frage grundsätzlich nicht stellen sollte. Ich halte nichts von vermeintlich in Stein gemeißelten Weisheiten - und gerade im Finanzbereich gibt es doch viel Miss- und Desinformation (ob gewollt oder ungewollt sei an dieser Stelle mal dahingestellt) sowie Unkenntnis. Derartige Entscheidungen halte ich aber für meine eigene finanzielle Zukunft einfach für zu wichtig, als dass es sich nicht lohnen würde, auch über unkonventionelle Wege zumindest einmal nachzudenken. Daher finde ich es auch gut, wenn wir hier im Forum darüber diskutieren. Welche Schlüsse man dann für sich selbst daraus zieht, steht noch einmal auf einem anderen Blatt geschrieben.

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hattifnatt
vor 1 Stunde von Peter23:

Ich habe 200k Ek und möchte von Dir, liebe Bank, nun 800k Kredit haben, um dann 1mio in ein solches Portfolio (60/40) zu investieren.

Sehr gut auf den Punkt gebracht :lol:

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