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Bergfried

Wie läuft die Leistungsfallprüfung in der BU Versicherung und in der Privaten KV?

Empfohlene Beiträge

Bergfried
· bearbeitet von Bergfried

Hallo zusammen,

 

hier im Forum finden sich einige Infos zum Abschluss einer BU und zu wichtigen Kriterien einer PKV.

Was allerdings passiert, wenn die Versicherung nicht zahlen möchte, darüber liest man hier weniger.

Deshalb: Wie läuft die Leistungsfallprüfung in der BU Versicherung und in der PKV?

Hat da jemand eigene Erfahrungen oder ist vom Fach und kann mehr darüber berichten? :)

 

Gruß Bergfried

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DancingWombat
· bearbeitet von DancingWombat

Was genau möchtest du denn im Bezug darauf wissen?
In der PKV hängt im wesentlichen alles an der medizinischen Notwendigkeit und der Definition des Leistungsfalls entsprechend der Bedingungen (u.a. Tarifumfang...).

Wenn die Versicherung nicht zahlen möchte, dann muss sie da Begründen warum sie nicht zahlt. Davon hängt dann alles weitere ab. Im Zweifel muss ein Richter entscheiden. Gründe könnten sein, dass die Rechnung nicht ordnungsgemäß ausgestellt wurde, die Versicherung keine medizinische Notwendigkeit sieht... Ggf. wird auch geprüft ob eine vorvertragliche Anzeigepflichtsverletzung vorliegt. Eine PKV wird aber nicht einfach so nicht zahlen wollen, insbesondere dann nicht wenn der Fall eindeutig ist.

 

Bei der BU ist es im Grunde ähnlich. Da Versicherungsfälle hier viel seltener auftreten wird auch viel genauer hingeschaut. Hier geht es insbesondere darum zu prüfen ob wirklich Berufsunfähigkeit vorliegt (entsprechend der Bedingungen) und ggf. ein vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung vorliegt.

 

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Cauchykriterium
vor 48 Minuten von DancingWombat:

Bei der BU ist es im Grunde ähnlich. Da Versicherungsfälle hier viel seltener auftreten wird auch viel genauer hingeschaut.

Oft geht es auch um viel mehr Geld durch einzige Entscheidung, was bei vielen (aber natürlich nicht allen) PKV-Entscheidungen nicht der Fall sein wird.

vor 49 Minuten von DancingWombat:

Hier geht es insbesondere darum zu prüfen ob wirklich Berufsunfähigkeit vorliegt (entsprechend der Bedingungen) und ggf. ein vorvertragliche Anzeigepflichtverletzung vorliegt.

Oft spielt auch eine gewisse Dauerhaftigkeit eine Rolle. Wie schnell sind bspw. Unfallfolgen ausgeheilt o.ä., so dass auch ein zunächst befristetes Anerkenntnis die Schwarz-Weiß-Logik ergänzen kann.

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slowandsteady

Ich denke, dass das höchst individuell zur Krankheit sein dürfte, es gibt ja sehr viele Krankheiten. Ich denke die meisten Probleme mit der Anerkennung dürfte es bei psychischen Erkrankungen geben, bei körperlichen ist eine Einschränkung ja meist leicht nachzuweisen. Praxiserfahrungen habe ich aber keine.

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Cauchykriterium
vor 1 Minute von slowandsteady:

Ich denke die meisten Probleme mit der Anerkennung dürfte es bei psychischen Erkrankungen geben, bei körperlichen ist eine Einschränkung ja meist leicht nachzuweisen.

Ist das wirklich so einfach, die körperlichen Gebrechen in dieser allgemeinen Floskel zu objektivieren? Kannst Du diese Einschätzung bitte belegen!?

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MatthiasHelberg

Zum BU-Leistungsfall:

In aller Regel bekommt man als Versicherter einen Fragebogen zugesandt, den man ausfüllen soll. Das ist der Zeitpunkt, an dem man sich spätestens professionelle Hilfe suchen sollte. Besser wäre es, das noch früher zu machen, bevor der Versicherer von einer möglichen Berufsunfähigkeit erfährt. Dann kann man nämlich gleich alles von Anfang an auf den richtigen Weg bringen.

 

Erhält der Versicherer den Fragebogen ausgefüllt zurück, prüft er, ob die Angaben beim Abschluss der Berufsunfähigkeitsversicherung vollständig und korrekt waren. Dazu sind Auskünfte der damals behandelnden Ärzte und der damaligen Krankenkasse oder Krankenversicherung erforderlich. Die kann man als Versicherter selbst besorgen und dem Versicherer zukommen lassen.

 

War bei Antragsstellung alles soweit in Ordnung, versucht der Versicherer sich anhand des Fragebogens und weiterer angeforderter Unterlagen einen Überblick zu verschaffen...

a) wie man gearbeitet hat, bevor man berufsunfähig war;

b) welche Krankheiten oder Körperverletzungen aufgetreten sind;

c) wie sich diese Krankheiten oder Körperverletzungen auf den zuletzt ausgeübten Beruf auswirken: Also, wodurch man in welchem Maße bei den verschiedenen Tätigkeiten eingeschränkt ist.

 

Sind a) und b) geklärt und c) ergibt eine Einschränkung von idR mindestens 50% geht es weiter:

d) wurde eine Vorerkrankung vom Versicherungsschutz ausgeschlossen und zählt bei c) vielleicht nicht mit?

e) Gibt es die Möglichkeit einer abstrakten oder konkreten Verweisung?

f) Handelt es sich um einen Selbstständigen, bei dem eine Umorganisation des Betriebs geprüft werden kann?

g) Spezialitäten des bestehenden Vertrags: Z.B. Schüler-, Studenten-, Hausfrauen-, DU-Klausel ...

 

Wie umfangreich die Prüfung wird, wie viele Rückfragen es gibt, wie lange das Ganze dauert, hängt im Wesentlichen von a) bis c) ab: Also davon, wie gut der Fragebogen ausgefüllt ist, wie gut mitgelieferte Unterlagen sind - und ja, auch von der Diagnose.

 

Wie gesagt: Am besten nicht auf eigene Faust probieren.

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stagflation
· bearbeitet von stagflation
vor 15 Stunden von Bergfried:

Was allerdings passiert, wenn die Versicherung nicht zahlen möchte, darüber liest man hier weniger.

 

Es gibt einen Film dazu, der vor 10 Jahren in der ARD lief: https://daserste.ndr.de/panorama/neinsager105.html. Auf der Seite ist ein Link, über den man sich den Film noch ansehen kann.

 

Das mögen Extremfälle sein - aber den Film sollte jeder gesehen haben.

 

vor 3 Stunden von DancingWombat:

 Im Zweifel muss ein Richter entscheiden.

 

In dem Film wird gezeigt, dass es so eben nicht läuft. Also... Der Richter entscheidet schon - aber wenn eine Versicherung nicht will, zahlt sie trotzdem nicht.

 

O-Ton aus dem Film: "Dieses System ist auf Zermürbung und Kapitulation angelegt".

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DancingWombat
vor 38 Minuten von stagflation:

 

In dem Film wird gezeigt, dass es so eben nicht läuft. Also... Der Richter entscheidet schon - aber wenn eine Versicherung nicht will, zahlt sie trotzdem nicht.

Ich habe den Film nicht gesehen. Wenn aber ein rechtakräftiges Urteil ergangen ist, dann gibt es eigentlich nichts mehr wie sich die Versicherung drücken kann. Ist halt wieder Aufwand zu vollstrecken. 

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chirlu
vor 41 Minuten von stagflation:

Der Richter entscheidet schon - aber wenn eine Versicherung nicht will, zahlt sie trotzdem nicht.

 

Klar. :rolleyes:

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stagflation
· bearbeitet von stagflation
vor 49 Minuten von DancingWombat:

Ich habe den Film nicht gesehen. Wenn aber ein rechtakräftiges Urteil ergangen ist, dann gibt es eigentlich nichts mehr wie sich die Versicherung drücken kann. Ist halt wieder Aufwand zu vollstrecken. 

 

vor 48 Minuten von chirlu:

Klar. :rolleyes:

 

Das läuft ungefähr so ab (im Extremfall - die meisten Fälle laufen natürlich nicht so):

  1. Kunde: ich hätte gerne... <substanzielle Forderung>
     
  2. Versicherung: schaun wir mal. Wir hätten gerne Nachweis xyz.
     
  3. Kunde: Nachweis xyz kann ich nicht erbringen. Hat auch nichts mit meiner Forderung zu tun.
     
  4. Versicherung: da sind wir anderer Meinung: ohne Nachweis xyz zahlen wir nicht. Wenn Sie anderer Meinung sind, können sie ja klagen.
     
  5. Kunde reicht Klage ein: das Gericht möge feststellen, dass Nachweis xyz irrelevant ist.
     
  6. Gericht (1 Jahr später): ... stellen wir hiermit fest, dass Nachweis xyz irrelevant ist...
     
  7. Versicherung: geht in Berufung.
     
  8. Nächstes Gericht (3 jahre später) ... stellen wir hiermit fest, dass Nachweis xyz irrelevant ist...
     
  9. Versicherung: legt Revision ein, gleichtźeitig unterbreitet sie ein Vergleichsangebot, in dem sie ein Viertel oder ein Drittel der Summe anbietet. Wenn der Antragsteller zustimmt, hat die Versicherung Geld gespart und der Fall landet in der Statistik in der Rubrik "erfolgreich und zur Zufriedenheit des Kunden abgeschlossen"
     
  10. Kunde: lehnt Vergleichsangebot ab
     
  11. Oberstes Gericht (10 Jahre später): ... stellen wir hiermit fest, dass Nachweis xyz irrelevant ist...
     
  12. Versicherung: okay, wir verzichten auf Nachweis xyz. Stattdessen hätten wir gerne Nachweis xyz2..
     
  13. GOTO 3

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chirlu
vor 14 Minuten von stagflation:

Kunde reicht Klage ein: das Gericht möge feststellen, dass Nachweis xyz irrelevant ist.

 

Das ist natürlich Quark. Wenn, dann muß man auf Zahlung von Betrag X klagen.

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MatthiasHelberg

Bei 50 bis 60.000 BU-Leistungsfällen im Jahr gibt es sicherlich so einige Fälle, bei denen etwas schief läuft. Sind das nur 1%, bedeutet das 500 bis 600 Fälle: Jede Menge Stoff für Negativ-Beispiele. Den Effekt großer Zahlen sieht man ja auch bei Corona ganz gut.

 

Aber es gibt (ja nach Statistik) eben auch die 60 bis 75% der Leistungsfälle, bei denen die Kunden Ihre Leistung aus dem Vertrag bekommen.

Bei Anträgen auf eine Erwerbsminderungsrente von der Deutschen Rentenversicherung wird rund die Hälfte abgelehnt.

 

Und auch das ist Praxis:

Bei uns ist in über 20 Jahren BU-Vermittlung noch kein einziger BU-Fall vor einem Gericht gelandet. So gut wie niemand brauchte einen Rechtsanwalt zur Durchsetzung seiner Ansprüche. Einer hätte einen guten Anwalt gebrauchen können, ist aber bei einem Wald- und Wiesenanwalt gelandet. Der hilft dann auch nicht wirklich.

 

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stagflation
· bearbeitet von stagflation
vor 1 Stunde von chirlu:

Das ist natürlich Quark. Wenn, dann muß man auf Zahlung von Betrag X klagen.

 

Da müsste man jetzt einen Juristen fragen. In dem Fall in dem Film war es offenbar nicht möglich.

 

Ich kann mir vorstellen, dass der Antrag auf Zahlung von Betrag X in einer Bauchlandung endet.

 

Die Versicherung würde beantragen, die Klage abzuweisen. Begründung: der Kunde hat bei Abschluss des Vertrages ausdrücklich zugestimmt, dass die Versicherung das Recht hat, den Fall zu prüfen. Und die Versicherung würde für die Prüfung eben Nachweis xyz benötigen. Solange der Kunde den Nachweis nicht beibringt, könne die Versicherung nicht prüfen und müsse deshalb auch nicht zahlen.

 

Ich nehme an, dass die Klage abgewiesen wird - und zwar ohne Prüfung, ob Nachweis xyz gerechtfertigt ist.

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Bolanger

Mal rein interessehalber: Ich klage mich seit 10 Jahren durch die Instanzen, gewinne letztlich und sterbe am Tag der Urteilsverkündung. Bekommen dann zumindest die Erben den fälschlicherweise nicht ausgezahlten Betrag der 10 Jahre?

 

Auch wenn es ein komplett anders gelagerter Fall ist fand ich das Urteil zur Entschädigung von Helmut Kohl bzw. seiner Witwe für mich als Laien schon verwunderlich.    

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MatthiasHelberg
vor 4 Minuten von Bolanger:

Mal rein interessehalber: Ich klage mich seit 10 Jahren durch die Instanzen, gewinne letztlich und sterbe am Tag der Urteilsverkündung. Bekommen dann zumindest die Erben den fälschlicherweise nicht ausgezahlten Betrag der 10 Jahre?

Die BU-Rente und seit Beginn der Berufsunfähigkeit gezahlte Beiträge? Ja, wenn man keine "bezugsberechtigte Person im Todesfall" angegeben hat. Sonst die.

 

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chirlu
vor 10 Minuten von Bolanger:

Bekommen dann zumindest die Erben den fälschlicherweise nicht ausgezahlten Betrag der 10 Jahre?

 

Ja. Im Fall Kohl ging es dagegen nicht um den Ausgleich materieller Schäden, sondern in erster Linie um Symbolik („Genugtuung“); mit dem Tod des Betroffenen ist es nicht mehr möglich, ihm Genugtuung zu verschaffen.

 

vor 13 Minuten von Bolanger:

fand ich das Urteil zur Entschädigung von Helmut Kohl bzw. seiner Witwe für mich als Laien schon verwunderlich.

 

Entspricht aber der ständigen Rechtsprechung des BGH schon seit Jahrzehnten. Z.B. https://jura-online.de/blog/2018/01/23/bgh-vererblichkeit-des-anspruchs-auf-geldentschaedigung-wegen-verletzung-des-allgemeinen-persoenlichkeitsrechts/

 

vor 17 Minuten von Bolanger:

Ich klage mich seit 10 Jahren durch die Instanzen, gewinne letztlich und sterbe am Tag der Urteilsverkündung.

 

Ein tatsächlich letztinstanzliches Urteil, gegen das keine Rechtsmittel mehr möglich sind, wird mit Verkündung sofort rechtskräftig; ein rechtskräftig festgestellter Anspruch wiederum ist vererbbar. Wenn also Helmut Kohl erst am Tag der Verkündung des BGH-Urteils (und zwar danach) verstorben wäre, könnte seine Frau das Geld eintreiben.

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Cando
· bearbeitet von Cando
Am 20.12.2021 um 17:09 von stagflation:

 

Ich kann mir vorstellen, dass der Antrag auf Zahlung von Betrag X in einer Bauchlandung endet.

 […]

 

Ich nehme an, dass die Klage abgewiesen wird - und zwar ohne Prüfung, ob Nachweis xyz gerechtfertigt ist.

Stark vereinfacht gesagt: das Gericht würde prüfen, ob aus dem Versicherungsvertrag ein Zahlungsanspruch besteht. Anstelle der Versicherung prüft das Gericht mit Hilfe eines Sachverständigen, ob die Leistungsvoraussetzungen aus dem Vertrag vorliegen (also insbesondere ob BU vorliegt). Falls Nachweis xyz für die Feststellung der Leistungspflicht aus dem Vertrag nicht notwendig ist, spielt es keine Rolle, ob der Versicherer den Nachweis nach seiner Rechtsmeinung für nötig hält bzw. ihn gerne haben würde. Das Problem ist aber oft die lange Verfahrensdauer, für die es viele Ursachen gibt. Die Sachverständigengutachten sind häufig eine dieser Ursachen.

 

Ist der Anspruch einmal rechtskräftig festgestellt, kann die Versicherung nicht mehr einwenden, sie wolle weitere Nachweise (xyz2 in Deinem obigen Beispiel) haben. Es kann dann allenfalls darum gehen, ob die Voraussetzungen für eine BU-Rente später wieder entfallen sind und daher die Zahlungen ab diesem Zeitpunkt eingestellt werden können. Das wäre dann in der Tat ein neues Gerichtsverfahren.

 

Edit: ein Restitutionsverfahren (§ 580 ZPO) lasse ich mal als theoretische Variante außen vor. Ich möchte nicht ausschließen, dass Journalisten das in der Reportage (die ich nicht gesehen habe) als Extremfall aufgreifen. Die praktische Bedeutung ist allerdings gleich null. 

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cjdenver

@Cando ich muss sagen mir gefällt der Vorschlag der Linken (ich glaubs kaum dass ich sowas schreibe) aus dem Film oben, dass wenn ein BU-Fall von einem Sachverständigen bestätigt wurde, die Versicherung erstmal zahlen soll, sie kann sich ja dann durch die Instanzen klagen. Das umgekehrt zu machen wie in dem Film beschrieben scheint tatsächlich Zermürbungstaktik zu sein, kein Wunder allerdings, welche Versicherung möchte schon gerne zahlen? :D 

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Cando
· bearbeitet von Cando

@cjdenver Den Vorschlag kann ich aus der Individualperspektive gut nachvollziehen. Mit einem Versicherer steht man vor Gericht einem prozesserfahrenen Gegner mit einem sehr, sehr langen Atem gegenüber. Da liegt es nahe, den Schwachen zu stützen.

 

Dennoch sehe ich eine solche Änderung aus mehreren Gründen kritisch: der Vorschlag würde erstmal wenig bringen, da vor Gericht ggf. auch schon sehr lange bis zur Gutachtenerstellung gestritten werden kann - z.B. um Auswahl und Eignung des Sachverständigen. Würde ein Privatgutachten ausreichen, würde das zu krassen Fehlanreizen führen. Wenn die finanzielle Hemmschwelle für einen Prozess sinkt, werden umso mehr Menschen mit fraglichen Prozessaussichten ihr Glück versuchen - darunter womöglich auch der ein oder andere, dem sein Erwerbsleben auch ganz ohne gesundheitliche Einschränkungen zu beschwerlich erscheint und der für sich den „richtigen“ Gutachter findet. 
 

Zweitens gibt es eine Vielzahl von Gründen, warum ein BU-Anspruch trotz eines bestätigenden gerichtlichen Sachverständigengutachtens unberechtigt sein kann. Bei Menschen, die (nahezu) BU sind oder sich für BU halten, ist regelmäßig nichts zu holen. Zu Unrecht gewährte vorläufige Leistungen würde der Versicherer selbst im Fall des letztinstanzlichen Obsiegens regelmäßig nicht zurückbekommen. Die Kosten würde der Versicherer dann eben in Form von höheren Prämien an die Versichertengemeinschaft weitergeben.

 

Die derzeitige Rechtslage hält immerhin Instrumente wie den einstweiligen Rechtsschutz oder die Prozesskostenhilfe vor. Zudem geht es nicht immer darum, dass einer 100% gewinnt und der andere verliert. Es ist also auch denkbar, dass ein Versicherer bei ungünstigem Prozessrisiko einen Teil des Anspruchs außergerichtlich anerkennt. Denn vor Gericht tut man sich oft wesentlich leichter, wenn man einen berechtigten Teil der Forderung erfüllt und sich nur gegen den streitigen Teil wehrt.
 

Ungerechtigkeit wird es mit und ohne Änderung der Rechtslage geben… Recht ist eben keine exakte Wissenschaft.

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KielerJung

Auch mit dem Risiko, dass ich mich unbliebt mache: Versicherungen müssen ihre Leistungsverpflichtungen kritisch prüfen und manch einen Leistungsantrag ablehnen. Sonst würden immer mehr VN Leistungsanträge stellen a la "bei meinem Kollegen hat der VR ja auch gezahlt" und "ihr Glück" versuchen. Um am Ende die Prämien für VN halbwegs bezahlbar zu halten, ist nun einmal eine kritische Prüfung von Leistungsansprüchen erforderlich.

 

Dass es bedauerliche Ungerechtigkeiten bei Einzelfällen gibt ist unbestritten.

 

Umgekehrt wird kein Aufheben um zu viel erbrachte Leistung erbracht- im Gegenteil- hier freuen sich VN regelmäßig über ihre "Cleverness" und überlegen schon, wie sie im nächsten "Schadensfall" wieder richtig profitieren können. Mein Lieblingbeispiel an dieser Stelle ist der Wasserrohrbruch im Keller eines Bekannten, dessen halber Keller aufgrund des Wasserschadens in der Kellerwand auf Versicherungskosten neu gefliest wurde und neue Fußleisten angebracht wurden, obwohl nur wenige Fliesen und nur 1 Fußleiste beschädigt worden war. "Hat ja die Versicherung bezahlt". 
 

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s1lv3r
vor 15 Minuten von satgar:

Nutze ich dann das Vermögen, oder nehm ich ne Versicherung ?

Das muss denke ich jeder für sich selber abwegen, was ein existentielles Risiko ist.

 

Selbst in deinem konstruierten Fall würde ich allerdings keine Hausratversicherung abschließen. Im Fall der Fälle habe ich dann ja immer noch Optionen. Ich kann mich günstiger mit neuen Möbeln eindecken, erst einmal den Hauskauf hinausschieben wenn es mir wichtiger ist für 40.000€ Luxusmöbel zu haben, etc. - einen richtigen finanziellen Notfall kann ich da nicht erkennen.

 

Existentielle Versicherungen sind für mich private Haftpflicht, Krankenversicherung und Kfz-Haftpflicht.

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satgar
vor 1 Minute von s1lv3r:

Das muss denke ich jeder für sich selber abwegen, was ein existentielles Risiko ist.

 

Selbst in deinem konstruierten Fall würde ich allerdings keine Hausratversicherung abschließen. Im Fall der Fälle habe ich dann ja immer noch Optionen. Ich kann mich günstiger mit neuen Möbeln eindecken, erst einmal den Hauskauf hinausschieben wenn es mir wichtiger ist für 40.000€ Luxusmöbel zu haben, etc. - einen richtigen finanziellen Notfall kann ich da nicht erkennen.

 

Existentielle Versicherungen sind für mich private Haftpflicht, Krankenversicherung und Kfz-Haftpflicht.

Das ist aber eine Fake Betrachtung! Wir reden davon, sich wieder so zu versorgen, wie man vorher mit Inventar versorgt war. Und 40.000€ Hausrat ist wahrlich kein Luxus. Ne Küche kostet doch schon 10k wenn sie nicht von Poco ist. Der Vergleich zu sagen: entweder Versicherung, die mir den vollen Schaden meiner Sachen ersetzt, vs. ich nutze mein Vermögen, richte mich dann aber billiger ein, ist in meinen Augen nicht fair.

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dev
· bearbeitet von dev
vor einer Stunde von satgar:

Ich glaube man kann evtl. folgende Kausalkette bilden: wenn ich der Meinung bin, nicht langfristig krank zu werden, brauche ich kein KTG. Dann müsste ich wahrscheinlich auch ebenso glauben, nie berufsunfähig zu werden. Besässe also auch keine BU. Eine Pflegeversicherung erst recht nicht, außer der gesetzlichen Pflicht-Deckung.

Da gehe ich voll mit, denn ich habe fast nur noch Pflichtversicherungen, eben weil ich der Meinung bin, das Kapital langfristig mit besserer Rendite investieren zu können.

 

Zitat

 kenne meine Zukunft.

So wie ich auch alle Kurse der Zukunft kenne, LOL.

 

Zitat

Zwischen der Vollkasko Mentalität von @s1lv3r benannt und dem og weg @dev, gibt es enorm viele Grau-Schattierungen. Da muss jeder in seiner individuellen Lebenssituation entscheiden, wie er vorgehen will. Man sollte es nur korrekt überblickt haben.

:thumbsup:

 

Vor allem kommt es auch darauf an, wieviel Risiko in meiner Lebensweise steckt. Hierbei meine ich Berufe, Hobbys usw.  mit viel und wenig Unfallrisiko.

 

---

Ich hab meine BU gekündigt, als ich nur noch mit "Tastaturen" zu tun hatte, auch weil hier dann Preis-Leistung-Risiko nicht mehr gestimmt hatten und mein Depot schon eine relevante Größe hatte, das ich Jahre davon leben hätte können.

Eine Kapitallebensversicherung hatte ich auch mal, erst beitragsfrei gestellt und später veräußert und das Kapital ins Depot investiert. Die Rendite war einfach extrem schlechter als meine Depotrendite.

 

Auch die Chance in die GKV zu kommen, habe ich verfallen lassen, noch immer zahle ich weit weniger als ich dort müßte ( incl. AG-Anteil ) und jetzt ist eh vorbei, denn den Status KVdR kann ich nicht mehr erreichen.

 

Mag für viele Extrem wirken, aber ich war lange Selbstständig & Eigenverantwortlich und davor hatte ich mir bzgl. FU schon sehr viele Gedanken gemacht und bisher liege ich im Plan.

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s1lv3r
Gerade eben von satgar:

[...] die mir den vollen Schaden meiner Sachen ersetzt, vs. ich nutze mein Vermögen, richte mich dann aber billiger ein, ist in meinen Augen nicht fair.

 

Es ging mir einfach darum, dass in diesem Fall dann immer noch genug Handlungsoptionen vorhanden sind, so dass kein richtiger finanzieller Notfall vorliegt.

 

Mein Hausrat ist übrigens maximal 10.000€ wert. Wahrscheinlich eher weniger. Ich würde mich mit einem Hausrat, den ich nicht locker aus meinem liquiden Vermögen wiederbeschaffen kann, auch nicht wohl fühlen. Aber gut langsam wird es wirklich extrem Offtopic. Vielleicht sollten wir es dabei belassen.

 

@dev Deine Einstellung gefällt mir. Hätte ich glaube ich alles ähnlich entschieden. :lol::thumbsup:

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SirWayne
vor 15 Minuten von s1lv3r:

Existentielle Versicherungen sind für mich private Haftpflicht, Krankenversicherung und Kfz-Haftpflicht.

BU und RLV nicht?

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