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Gerald1502

Gesundheitsfragen bei Versicherungen

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Gerald1502

Hallo zusammen,

 

ich habe allgemein mir folgende Frage ausgedacht, die hier im Forum wohl noch nicht beantwortet wurde und diesen zentralen Thread erstellt.

Die Frage trifft nicht auf mich zu oder irgendjemend anderen zu.

 

Zur eigentlichen Situation und Frage:

 

Nehmen wie mal an, dass wir eine x beliebige Versicherung abschließen wollen, wo man einige Gesundheitsfragen beantworten muss.

Desweiteren gab es in den letzten Jahren keine Arztbesuche, wo irgendwelche Erkrankungen o.ä. vermerkt sind.

 

Man merkt aber, dass man z.B. ab und zu mal Knieschmerzen hat, die auch nach kurzer Zeit wieder weggehen oder dass man einen Gelenkverschließ durch harte Arbeit hat und Knochen eventuell etwas knacken oder andere Wehwehchen hat, die man aber nicht ätzlich behandeln lässt da man sich selbst andersweitig hilft.

 

Wie hat man in einem solchen Fall die Gesundheitsfragen zu beantworten?

Man muss ja letztendes nur die beim Arzt notierten Vermerkungen angeben, nach denen auch explizit gefragt wird?

 

Wäre über eine genaue Antwort sehr dankbar.

 

Der Thread kann oder soll auch für andere Fragen zum Thema "Gesundheitsfragen bei Versicherungen" hier genutzt werden, wo man diese hier gleich zentral beantworten kann. Daher habe ich im Threadtitel keine genaue Versicherung genannt, da man hier alle Versicherungen behandeln kann, die Gesundheitsfragen beantwortet haben wollen. ;)

 

Viele Grüße

Gerald

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Adun

Einfache Antwort: Es kommt darauf an, wie die Gesundheitsfragen genau aussehen.

 

Die einen Versicherungen fragen nach Krankheiten der letzten x Jahre. Die anderen fragen nach Arztbesuchen der letzten x Jahre bzw. Krankheiten, wegen denen ein Arztbesuch stattfand.

 

Wenn ganz offen nach Krankheiten gefragt wird, musst Du die Knieschmerzen angeben.

 

Wenn nach Arztbesuchen gefragt wird, nicht, wenn Du deshalb nicht beim Arzt warst.

 

Kann Dir die Versicherung im Fall der offenen Frage auf die Schliche kommen? Natürlich. Stell Dir vor, Du schließt die Versicherung ab, kriegst dann später plötzlich heftige Knieschmerzen und gehst zum Arzt. Der Arzt fragt Dich, seit wann Du welche Symptome hattest, und Du erzählst ihm, dass Du Knieschmerzen schon seit x Jahren gehabt hast (Zeitraum geht über Termin der Antragstellung hinaus in die Vergangenheit zurück) Der Arzt notiert das in der Krankenakte. Dann stellt er fest, dass was kaputt ist, und Du musst operiert werden. Dabei geht was schief und Du musst Deine Versicherung in Anspruch nehmen. Die Versicherung fordert jetzt erstmal die Arztunterlagen an. Darin stellt sie fest, dass Du dem Arzt angegeben hast, dass Du schon vor dem Antrag unter Knieschmerzen gelitten hast. Im Antrag hast Du das aber auf die Frage hin nicht gesagt. Also ist der Nachweis erbracht, dass Du etwas vorsätzlich verschwiegen hast. Natürlich erinnert man sich, wenn man konkret im Zusammenhang mit dem Knie gefragt wurde, eher daran als wenn man allgemein gefragt wird. Aber das ist der Versicherung ziemlich egal und wenn Du Dich nun auf den Standpunkt stellen willst, Du hättest das z.B. nur aus leichter Fahrlässigkeit heraus nicht angegeben, dann wirst Du wohl einen Rechtsstreit führen müssen.

 

Daher empfiehlt es sich dringend, keine Versicherung abzuschließen, wo eine solche offene Frage für die letzten x Jahre gestellt ist. OK ist eine offene Frage noch, wenn sie sich auf den aktuellen Gesundheitszustand bei Antragstellung beschränkt. Denn die aktuellen Wehwehchen weiß man ja alle (zusätzlich sind natürlich bei der Frage auch chronische Diagnosen anzugeben, die je ein Arzt gestellt hat, denn die haben ja immer noch Gültigkeit, auch wenn aktuell keine Beschwerden vorliegen).

 

Zusätzlich ist die Frage zu stellen, wie der §19 Abs. 1 VVG ausgelegt werden muss. Demzufolge müssen nämlich alle Gefahrumstände angegeben werden, die für die Entscheidung des Versicherers über die Annahme des Vertrags erheblich sind und nach denen der Versicherer in Textform gefragt hat. Leider ist, wie so oft, eine typische Mehrdeutigkeit im Gesetz enthalten, die auf die Unklarheit des "und" in der juristischen Sprache zurückzuführen ist. Je nachdem, ob man das "und" als "jedoch nur" versteht, oder als "aber auch", ergeben sich unterschiedliche Leseweisen. In der ersten Leseweise bedeutet es, dass nur das angebeben werden muss, was sowohl entscheidungserheblich ist, als auch explizit abgefragt wird. In der zweiten Leseweise bedeutet es, dass sowohl das angegeben werden muss, was entscheidungserheblich ist, als auch alles, wonach sonst noch explizit gefragt wird. Die zweite Interpretation wird dadurch gestützt, dass sie einer etwas kompakteren Formulierung der alten Gesetzesfassung (§16 Abs. 1 VVG-alt) entspricht, wie sie für Gesetzesreformen typisch ist. Die BGH-Rechtsprechung auf Grundlage des alten VVG hat daher seine Gültigkeit nicht automatisch verloren, nur weil jetzt das neue VVG gilt und oft behauptet wird, es müsse nur noch angegeben werden, wonach auch gefragt wird. Wenn Du also weißt, dass Du eine Krankheit hast, wegen der Du nicht beim Arzt warst, die aber die Entscheidung des Versicherers beeinflussen könnte, so wirst Du sie ggfs. auch dann angeben müssen, wenn sie formal unter keine der Fragen fällt. Allerdings fragen die meisten Versicherungen so, dass so ziemlich jeder entscheidungserhebliche Sachverhalt automatisch unter irgendeine Frage fällt.

 

Man sieht, Gesundheitsfragen sind ein komplexes Thema und es lässt sich nicht jedes Restrisiko ausschalten. Wenn man aber zumindest Einsicht in sämtliche noch verfügbaren Krankenakten nimmt, und sie kopiert, bevor man den Antrag ausfüllt, und nicht betrügerischen Aussagen der Versicherungsvertreter a la "nee, das müssen sie nicht angeben" glaubt, dann kann man es sehr gut minimieren. Es beginnen sofort nach Vertragsabschluss die Verjährungsfristen zu laufen, und nach ca. 11 Jahren und einem Monat dürfte auch die letzte Frist abgelaufen sein (für arglistige Täuschung: 10 Jahre + 1 Jahr für Geltendmachung + 1 Monat für Zustellung), und man ist danach ziemlich auf der sicheren Seite. Dazu kommt, dass Versicherungsfälle ja statistisch um so seltener eintreten, je jünger man ins und daher nicht so wahrscheinlich ist, dass man die Versicherung in diesen 11 Jahren und einem Monat in Anspruch nehmen muss UND der Versicherer in den sorgfältig anhand der Arztunterlagen ausgefüllten Fragen etwas findet, was er gegen den Versicherten verwenden kann.

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Gerald1502
· bearbeitet von Gerald1502

Hallo Adun und vielen Dank für Deine tolle ausführliche Antwort. :thumbsup:

Du hast ja schon alle Eventualitäten in einem Beitrag verfasst.

 

Kann Dir die Versicherung im Fall der offenen Frage auf die Schliche kommen? Natürlich. Stell Dir vor, Du schließt die Versicherung ab, kriegst dann später plötzlich heftige Knieschmerzen und gehst zum Arzt. Der Arzt fragt Dich, seit wann Du welche Symptome hattest, und Du erzählst ihm, dass Du Knieschmerzen schon seit x Jahren gehabt hast (Zeitraum geht über Termin der Antragstellung hinaus in die Vergangenheit zurück) Der Arzt notiert das in der Krankenakte. Dann stellt er fest, dass was kaputt ist, und Du musst operiert werden. Dabei geht was schief und Du musst Deine Versicherung in Anspruch nehmen. Die Versicherung fordert jetzt erstmal die Arztunterlagen an. Darin stellt sie fest, dass Du dem Arzt angegeben hast, dass Du schon vor dem Antrag unter Knieschmerzen gelitten hast. Im Antrag hast Du das aber auf die Frage hin nicht gesagt. Also ist der Nachweis erbracht, dass Du etwas vorsätzlich verschwiegen hast. Natürlich erinnert man sich, wenn man konkret im Zusammenhang mit dem Knie gefragt wurde, eher daran als wenn man allgemein gefragt wird. Aber das ist der Versicherung ziemlich egal und wenn Du Dich nun auf den Standpunkt stellen willst, Du hättest das z.B. nur aus leichter Fahrlässigkeit heraus nicht angegeben, dann wirst Du wohl einen Rechtsstreit führen müssen.

Das würde doch aber nur so sein, wenn man nach "Krankheiten" gefragt wurde und nicht nach Arztbesuchen.

Was ist aber, wenn ich beim Arzt sage, dass die Schmerzen erst nach Vertragsabschluss aufgetreten sind und das dann auch so in der Krankenakte vermerkt wird.

 

Daher empfiehlt es sich dringend, keine Versicherung abzuschließen, wo eine solche offene Frage für die letzten x Jahre gestellt ist. OK ist eine offene Frage noch, wenn sie sich auf den aktuellen Gesundheitszustand bei Antragstellung beschränkt. Denn die aktuellen Wehwehchen weiß man ja alle (zusätzlich sind natürlich bei der Frage auch chronische Diagnosen anzugeben, die je ein Arzt gestellt hat, denn die haben ja immer noch Gültigkeit, auch wenn aktuell keine Beschwerden vorliegen).

Leichter Husten oder Schnupfen wird ja meist nicht mit in der Antragsstellung notiert.

 

Genau, nach chronischen Diagnosen wird ja auch gefragt, aber wenn die erst nach dem Vertragsabschluss diagnostiziert werden oder man deswegen nicht beim Arzt war, ist man ja denke ich auch raus aus dem Schneider.

Woher soll ich denn als Antragssteller wissen, ob ich an einem chronischen Leiden leide oder irre ich mich da jetzt?

 

Viele Grüße

Gerald

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Adun
· bearbeitet von Adun

Kann Dir die Versicherung im Fall der offenen Frage auf die Schliche kommen? [...]

Das würde doch aber nur so sein, wenn man nach "Krankheiten" gefragt wurde und nicht nach Arztbesuchen.

Wie gesagt: "im Fall der offenen Frage" (also ohne Einschränkung auf Arztbesuche)

 

Was ist aber, wenn ich beim Arzt sage, dass die Schmerzen erst nach Vertragsabschluss aufgetreten sind und das dann auch so in der Krankenakte vermerkt wird.

... und es entspricht der Wahrheit? Dann wirst Du keine Probleme bekommen, es sei denn dem Versicherer erscheint das aus den Umständen heraus merkwürdig und er hat Anhaltspunkte dafür, dass Du dem Arzt gegenüber aus taktischen Gründen gelogen hast. Wenn Du einen Monat nach Abschluss der Versicherung wegen einer einer Krankheit zum Arzt gehst, wegen der Du die Versicherung in Anspruch nehmen musst, bei der aber bekannt ist, dass sie schon ein Jahr vorher Symptome verursacht, dann wird die Versicherung Dir nicht glauben, wenn Du dem Arzt gegenüber sagst, Du hättest vor Abschluss keine Symptome gehabt.

 

... und es entspricht nicht der Wahrheit? Naja, dann stehst Du auf dem Glatteis. Auf sowas sollte man sich auch nie verlassen. Glaub mir, im Falle eines Falles sagt man dem Arzt alles... Was hilft es Dir, wenn Du irgendwie Deinen Versicherungsschutz erhälst, aber der Arzt kann Dich nicht richtig diagnostizieren bzw. richtig behandeln, weil Du ihn bezüglich Symptomlage angelogen hast? Da denkt man schon rein aus der Situation heraus nicht drüber nach, was man jetzt sagen darf und was nicht um die Versicherung zu behalten. Also wer vorhat, Symptome zu verschweigen, der sollte sich bewusst sein, dass es in der Regel auffliegen wird.

 

Leichter Husten oder Schnupfen wird ja meist nicht mit in der Antragsstellung notiert.

Wenn es unter den Gegenstandsbereich der Frage fällt, dann ist es auch anzugeben. Erkältung bedeutet eine leicht erhöhte Gefahr für eine schwere Herzmuskelentzündung. Die Gefahr ist nicht groß, aber wenn Du es nicht angibst, und es kommt dazu, dann führt das zu Problemen. Einige Versicherungen schränken ihre Fragen auch ausdrücklich ein und sagen, dass leichte Erkältungskrankheiten nicht angegeben werden müssen.

 

Genau, nach chronischen Diagnosen wird ja auch gefragt, aber wenn die erst nach dem Vertragsabschluss diagnostiziert werden oder man deswegen nicht beim Arzt war, ist man ja denke ich auch raus aus dem Schneider.

Woher soll ich denn als Antragssteller wissen, ob ich an einem chronischen Leiden leide oder irre ich mich da jetzt?

Nach dem Gesetz kann der Versicherer den Vertrag vermutlich dennoch kündigen. Siehe http://www.auv.de/html/paragraph_41_vvg_und_172_vvg.html (für altes VVG) bzw. http://www.auv.de/html/vvg_neu_paragr_19_194_163_164.html (neues VVG, zu den Änderungen siehe http://www.lernpark.de/ueber-die-organisationen-im-bildungsnetzwerk/dva/aktuelle-entwicklungen-in-der-branche/vvg-reform/uebersicht-ueber-die-wichtigsten-inhalte/index.html). Zwar steht in §19 Abs. 1 von "die [dem Versicherungsnehmer] bekannten Gefahrumstände", aber das "bekannt" ist so gut wie wertlos, nicht nachweisbar und außerdem lässt sich mindestens eine leichte Fahrlässigkeit so gut wie immer konstruieren. Außerdem impliziert § 194, dass der Gesetzgeber ausdrücklich in §19 davon ausgeht, man könne die Anzeigepflicht auch verletzen, ohne dass man das zu vertreten hat. Daher ist es wichtig, dass die Versicherung ausdrücklich auf ihre entsprechenden Rechte verzichtet.

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Gerald1502

Bei Deinem dritten Zitat hast Du Dich etwas vertan. Du musst mich da zitieren. ;)

 

Soweit ist denke ich erstmal alles klar und ich lese heraus, dass man alle Eventualitäten angeben sollte, nachdem auch explizit gefragt wird, sonst riskiert man im Fall der Fälle seinen Versicherungsschutz.

Es hängt aber auch davon ab, nach was genau gefragt wird, (Arztbesuche oder Krankheiten) was man dann beantworten soll. Vorsätzlich sollte man auf keinen Fall etwas verschweigen. Lieber einen befristeten Auschluss oder einen Beitragsmehrzuschlag / Risikozuschlag in Kauf nehmen, indem man eine anonyme Vorabfrage stellt.

 

Genau, nach chronischen Diagnosen wird ja auch gefragt, aber wenn die erst nach dem Vertragsabschluss diagnostiziert werden oder man deswegen nicht beim Arzt war, ist man ja denke ich auch raus aus dem Schneider.

Woher soll ich denn als Antragssteller wissen, ob ich an einem chronischen Leiden leide oder irre ich mich da jetzt?

[...] Außerdem impliziert § 194, dass der Gesetzgeber ausdrücklich in §19 davon ausgeht, man könne die Anzeigepflicht auch verletzen, ohne dass man das zu vertreten hat. Daher ist es wichtig, dass die Versicherung ausdrücklich auf ihre entsprechenden Rechte verzichtet.

Hier sollte man also in den Bedingungen prüfen, ob der Versicherer auf den §19 verzichtet, dann könnte man unter Umständen auch Glück haben, falls man etwas falsches angegeben hat.

Oder was meinst Du dazu Adun? Mir ist es ja eher bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung bekannt, weiß jetzt nicht, wie es bei anderen Versicherungen da genau ausschaut.

 

Viele Grüße

Gerald

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Adun

Bei Deinem dritten Zitat hast Du Dich etwas vertan. Du musst mich da zitieren. ;)

Sorry, hab ich korrigiert.

 

Hier sollte man also in den Bedingungen prüfen, ob der Versicherer auf den §19 verzichtet, dann könnte man unter Umständen auch Glück haben, falls man etwas falsches angegeben hat.

Darum geht es gar nicht mal. Es geht vor allem darum, dass man alles richtig angegeben hat, aber eine Krankheit hat, von der man noch gar nichts weiß. Auch bei einer solchen schuldlosen Anzeigepflichtverletzung kann der Versicherer bei strenger Leseweise des Gesetzes eventuell trotzdem kündigen.

 

Oder was meinst Du dazu Adun? Mir ist es ja eher bei einer Berufsunfähigkeitsversicherung bekannt, weiß jetzt nicht, wie es bei anderen Versicherungen da genau ausschaut.

Wenn im Gesetz bei den Sonderregeln für die jeweilige Versicherungsart nicht ausdrücklich dabeisteht, dass der §19 nicht angewendet wird, dann gilt er, wenn im Vertrag darauf nicht verzichtet wird.

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