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VobaTrader

Zusammenhang von Hochfrequenz Trading und Flash Crash am 6.Mai 2011

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VobaTrader
· bearbeitet von VobaTrader

Hallo Leute,

 

ich habe einen Artikel über den damaligen Flash Crash von vor knapp einem Jahr gefunden. Flash Crash ist der Crash, als binnen weniger Minuten mehr als 800 Mrd. $ an Börsenwert vernichtet wurde und der Dow Jones um 1000 Punkte viel.

 

Der Artikel

 

Was mir allerdings noch Probleme bereitet, ist zu verstehen, welchen Einfluss die Hochfrequenz Trader bei diesem Crash hatten.

 

Die Kurse sind stark gefallen, was wiederum gewissen Kursgrenzen durchbrochen hatte und dadurch weitere Verkaufsorders automatisch generiert wurden. Aber sowas passiert ja jeden Tag mehr oder weniger. So ein Dominoeffekt zieht sich ja normalerweise nicht bis zu einem Minus von 9% beim Dow durch ?!

 

Demnach hat der Händler am besagten Tag eine Verkaufsorder von 75 000 E-Mini-Kontrakten im Wert von 4,1 Mrd. $ abgegeben; E-Mini-Future-Kontrakte bilden den S&P-500-Index nach. Die Order liess er per Computerprogramm ausführen; dieses sollte sich dabei weder am Preis noch an Zeitpunkten, sondern am Handelsvolumen orientieren. Auch deswegen wickelte das Programm die Order, deren Ausführung sonst mehrere Stunden in Anspruch nehmen kann, in nur 20 Minuten ab. Zunächst absorbierten vor allem High-Frequency-Trader die Kaufangebote. Indem sie aber die Futures dann wieder in Sekundenschnelle abstiessen, generierten sie innert etwa 14 Sekunden ein Handelsvolumen, das der Hälfte des gesamten Handelsvolumens der E-Mini-Futures entsprach. Dies liess den Preis des Future absinken und die Liquidität schliesslich austrocknen.

 

Vorallem diese Passage des Artikels ist schwer zu verstehen.

 

Warum ist es ein Problem gewesen, dass die Order sich nicht am Zeitpunkt und Preis sondern am Handelsvolumen orientiert hat ? Und welche Folgen hat eine Order, die sich ausschließlich am Handelsvolumen orientiert ?

 

DIe Hochfrequenz Trader haben diese E-Mini Futures vorallem abgenommen und zügig abgenommen. Diese haben sie in weniger als einer Sekunde dann auch wieder verkauft. Aber wieso vergrößerte sich dadurch das Angebot der E-Mini Futures ? Das durch größeres Angebot und gleichbleibender Nachfrage die Kurse fallen ist mir schon klar. Nur Frage ich mich, wie dieses größere Angebot durch die HFT geschaffen wurde. 75.000 Kontrakte bleiben doch immer 75.000 Kontrakte oder etwa nicht ?

 

Zuletzt wüsste ich gerne, wodurch dann die Liquidität ausgetroknet ist ? Gut, die HFTs haben sicherlich alles soweit automatisch abgestoßen, als die Computer "mitbekamen", was mit den Kursen passierte. Da die HFTs einen großen Anteil an der Liquiditätsversorgung des Marktes haben, verringerte sich die Liquidität dadurch rapide, richtig ?

 

 

Ich wäre euch sehr dankbar, wenn ihr mich an der einen oder anderen Stelle erleuchten könntet und mir den Zusammenhang und die Folgen kurz erläutert! ;)

 

Vielen Dank :)

 

Markus

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dersommerwind

Hallo Markus,

 

das war ein interessanter Tag besser Abend, vielleicht solltest du dein Sichpunkt auf die Märkte etwas verändern, das hilft den Abend besser zu verstehen.

 

Mal sehen ob wir das hinbekommen :thumbsup:

 

Hallo Leute,

 

ich habe einen Artikel über den damaligen Flash Crash von vor knapp einem Jahr gefunden. Flash Crash ist der Crash, als binnen weniger Minuten mehr als 800 Mrd. $ an Börsenwert vernichtet wurde und der Dow Jones um 1000 Punkte viel.

 

Grundsätzlich ist der Ausdruck "Börsenwert vernichtet" nicht richtig, Märkte sind große Umschlagplätze, es werden keine Börsenwerte vernichtet sondern neue Bewertungen geschaffen.

 

Die Kurse sind stark gefallen, was wiederum gewissen Kursgrenzen durchbrochen hatte und dadurch weitere Verkaufsorders automatisch generiert wurden. Aber sowas passiert ja jeden Tag mehr oder weniger. So ein Dominoeffekt zieht sich ja normalerweise nicht bis zu einem Minus von 9% beim Dow durch ?

 

Um das zu verstehen muss du den Zusammenhang zwischen Wirtschaft / Märkte / erfolgreichen Playern verstehen.

 

Die großen Player am Markt haben aufgehört in die fallenden Kurse zu kaufen, weil

 

1. es stand eine wirtschaftliche "Verlangsammung" ins Haus und

 

2. die Breite Masse der Investoren hatte im vorherigen Zeitraum, ca. Okt.09 bis Apr.10, in den letzten beiden Aufschwundphasen deren Aktien gekauft.

 

Es gab also aus der Sichtweise eines Großen am Markt keinen Grund Aktien zu kaufen, da mit fallenden Preisen zu rechnen war. Sehe dir hierzu mal genauer die Marktdaten in den folgenden Monaten an, hier kannst du die Marktoperationen gut erkennen.

 

Kleine Anmerkung am Rande, seh dir mal die Marktverläufe rund um die Japan-Geschichte an, so sehen Märkte aus, die im Boden abgekauft werden.

 

Demnach hat der Händler am besagten Tag eine Verkaufsorder von 75 000 E-Mini-Kontrakten im Wert von 4,1 Mrd. $ abgegeben; E-Mini-Future-Kontrakte bilden den S&P-500-Index nach. Die Order liess er per Computerprogramm ausführen; dieses sollte sich dabei weder am Preis noch an Zeitpunkten, sondern am Handelsvolumen orientieren. Auch deswegen wickelte das Programm die Order, deren Ausführung sonst mehrere Stunden in Anspruch nehmen kann, in nur 20 Minuten ab. Zunächst absorbierten vor allem High-Frequency-Trader die Kaufangebote. Indem sie aber die Futures dann wieder in Sekundenschnelle abstiessen, generierten sie innert etwa 14 Sekunden ein Handelsvolumen, das der Hälfte des gesamten Handelsvolumens der E-Mini-Futures entsprach. Dies liess den Preis des Future absinken und die Liquidität schliesslich austrocknen.

 

Vorallem diese Passage des Artikels ist schwer zu verstehen.

 

Warum ist es ein Problem gewesen, dass die Order sich nicht am Zeitpunkt und Preis sondern am Handelsvolumen orientiert hat ? Und welche Folgen hat eine Order, die sich ausschließlich am Handelsvolumen orientiert ?

 

Zu Klarstellung: Der Händler hat eine Short-Position aufgebaut und diese Parallel mit der Verkaufsbewegung der Breiten Masse in den Markt gebracht. Das zeigt deutlich, das der Händler mit weiter sinkenden Preisen gerechnet hat. Der Zeitpunkt wurde im Grunde durch die Verkaufsaktivitäten der anderen Marktteilnehmer bestimmt und die Abwärtsbewegung wurden dadurch noch weiter verstärkt. Es entsteht eine Abwärtsspirale.

 

Ein Verkauf der sich bei fallenden Preisen am steigenden Volumen orientiert sorgt dafür, dass die Preise weiter gedrückt werden. Die Breite Masse (siehe oben 2.) sollte zum Verkauf genötigt werden, um die Short-Position im späteren Handelsverlauf wieder günstiger einzudecken.

 

 

DIe Hochfrequenz Trader haben diese E-Mini Futures vorallem abgenommen und zügig abgenommen. Diese haben sie in weniger als einer Sekunde dann auch wieder verkauft. Aber wieso vergrößerte sich dadurch das Angebot der E-Mini Futures ? Das durch größeres Angebot und gleichbleibender Nachfrage die Kurse fallen ist mir schon klar. Nur Frage ich mich, wie dieses größere Angebot durch die HFT geschaffen wurde. 75.000 Kontrakte bleiben doch immer 75.000 Kontrakte oder etwa nicht ?

 

Das größere Angebot wurde durch die größer werdende Schar an Verkäufern geschaffen. Immer mehr Stop-Orders wurden ausgelöst und es wurde immer weniger gekauft (siehe auch oben)

 

Zuletzt wüsste ich gerne, wodurch dann die Liquidität ausgetroknet ist ? Gut, die HFTs haben sicherlich alles soweit automatisch abgestoßen, als die Computer "mitbekamen", was mit den Kursen passierte. Da die HFTs einen großen Anteil an der Liquiditätsversorgung des Marktes haben, verringerte sich die Liquidität dadurch rapide, richtig ?

 

Aufgrund der fallenden Preise hat sich keiner mehr getraut Aktien zu kaufen bzw. haben die HFTs aufgrund der aufgelaufenden Tagesverluste ihre Systeme abgestellt.

 

 

Versuch mal die Märkte aus der Sichtweise eines Profis zu sehen, der einfach nur versucht viel Geld durch den Markt "zu bringen", dann wird vieles klarer, Börsenfernsehen sehen die übrigens nicht.

 

 

Gruß

 

 

Martin

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klausk
· bearbeitet von klausk

Ich habe den Flash-Crash nie näher analysiert, weil ja sehr schnell klar war, dass es sich nicht um ein finanzielles Erdbeben sondern um eine momentane Verwirrung handelte. Nach zwanzig Minuten oder so war ja alles wieder im Lot.

 

Nach Allem, was wir heute wissen, war die Ursache nichts anderes als ein Fehl-Trade. So was passiert täglich, nur eben nicht in dieser Grössenordnung und mit diesen Auswirkungen.

 

Martin (@dersommerwind) hat allgemein ganz recht mit seinen Anmerkungen, soweit er die Reaktionen von Menschen auf das Marktgeschehen beschreibt. Aber beim Flash-Crash haben als Erste die Computer reagiert und damit den ersten grösseren Unfall des High-Frequency Trading (HFT) herbeigeführt. Die jetzt eingeleitete Gegenmassnahme der Börsen ist, soweit ich weiss, nicht mehr als ein schnelleres Ansprechen der Bremse, sprich: kurzzeitige Handelsbeschränkungen bei grösseren Kursschwankungen und das Aussetzen von Shorts. Weitere Bremsen sind noch in der Diskussion, wie etwa eine Mindestgültigkeitsdauer für Aufträge bzw. Penalties für Cancellations.

 

Wenn die Beschreibung zutrifft, dass die ominöse Verkaufsorder von 75.000 Mini-Futures am Handelsvolumen orientiert war, dann liegt hier wohl die Ursache für eine selbstverstärkende Fehlentwicklung. Auch Computer haben einen Herdentrieb -- wie die Menschen, von denen sie programmiert wurden. Trader aus Fleisch und Blut hätten in dieser Situation vielleicht (?) ähnlich reagiert und vermutet, dass hier Jemand "mehr weiss" und die grosse Katastrophe bevorsteht, also ebenfalls wie wild verkauft. Erfahrene Trader hätten vielleicht (?) gerochen, dass hier kein GAU vorlag. Man kann auch Computern solche Instinkte geben, indem man sie entsprechend programmiert, aber das war wohl nicht der Fall.

 

Ganz nebenbei: "Börsenwerte vernichtet" ist Bild-Zeitung. Dem Leser wird unausgesprochen suggeriert, dass dahinter immer eine böse Macht steckt, die dem armen Anleger sein Geld wegnimmt. Seltsamerweise schreiben die Bild-Zeitungen dieser Welt nie etwas über die mysteriöse Macht, die -- ganz aus dem Nichts heraus -- in einem Aufwärtstrend "Börsenwerte erschafft".

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H.B.

Aktuell wird ja auch wieder dem Algo-Trading die "Schuld" am Kurssturz bei den Rohstoffen in der ersten Maiwoche zugeschrieben.

 

Interessant ist, dass seit dem Börsencrash 1997 alle größeren Korrekturen zumindest für einige Fonds-Manager "aus heiterem Himmel" erfolgten.

Es gab und gibt immer eine Reihe von Warnsignalen, die insbesondere sog. Profis, die nur fremdes Geld managen, gern übersehen.

Wenn das Kind dann in den Brunnen gefallen ist, muss man sich medienwirksam erklären, um seinen Job zu rechtfertigen/ zu sichern.

 

Es gab übrigens in den 60er Jahren, als die Charttechnik Einzug in die Kauf- und Verkaufsentscheidungen hielt, eine ähnliche Diskussion.

Man fragte sich, ob die "alten Gesetze" noch gelten würden, wenn die Marktteilnehmer nach anderen Kriterien entscheiden.

Nun - die Geschichte zeigt, dass Systeme fern des Gleichgewichts recht robust auf Parameterveränderungen reagieren. Deshalb katalysieren die Algo-Trader vermutlich auch einfach bestehende Entwicklungen, treiben die Exzesse möglicherweise ein wenig weiter. Mehr aber auch nicht.

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bb_florian

Zum Thema HFT & Flash Crash gibt es ein gutes Paper von Pete Kyle & Co

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Zinsen

Ist zwar nur mein Reim, den ich mir darauf gemacht hatte, aber der Yen ist an diesem Tag um 5% gestiegen und in derselben Nacht Nacht hat die BoJ Yen im Wert von 20 Mrd. $ in den Markt gepumpt und der Londoner Devisenhandel machte um 2 Uhr in der Nacht auf, um wahrscheinlich die ganzen Yen zu verteilen. Irgendwo ist das System schon kaputt.

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DonChristo

vielen dank lenzelott - war ein gutes Interview. Aber getan hat sich seitdem nichts, oder? Es gibt keine Mindestverweilzeit für Order. Weiß man, wer in Deutschland das HFT-Spiel spielt, oder lohnt es hier nicht?

 

goldman-sachs-banknote.jpg

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lenzelott
· bearbeitet von lenzelott

vielen dank lenzelott - war ein gutes Interview. Aber getan hat sich seitdem nichts, oder? Es gibt keine Mindestverweilzeit für Order. Weiß man, wer in Deutschland das HFT-Spiel spielt, oder lohnt es hier nicht?

 

goldman-sachs-banknote.jpg

 

 

1. Gibts den Flashorderkram kram ja nicht in Deutschland.

2. Xetra Ordergebühren sehr hinderlich hierbei. Könnte evtl. funktionieren, wenn ein Designated Sponsor es macht.

3. An der 30-50ms Verweilzeit für Orders diskutiert man immer noch, da ist bisher noch nichts passiert soweit ich das gesehen habe. Schon sehr lächerlich.

 

Aber Maschinen gibt´s bei uns auch genügend, die im Orderbuch rauf und runterflitzen.

 

Aber: die Eurex hat zb. eine Heavyusage Fee um Ihre Rechner vor Überlastung zu schützen.

Wenn man da permanent Orders rein knallt und wieder storniert kriegt man fiese Rechnung am Abend von der Börse dafür.

Also wird da logischerweise da weniger im orderbuch rumgefaked.

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Nudelesser

Hier ein Artikel aus der FAZ, der versucht in einfachen Worten zu erklären was HFT ist. Ich meine mich zu erinnern, dass der Artikel auch irgendeinen Preis gewonnen hat. Bester Wirtschaftsartikel des Jahres,o.ä.

 

Das Herzkammerflimmern der Börse

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VobaTrader

1. Gibts den Flashorderkram kram ja nicht in Deutschland.

2. Xetra Ordergebühren sehr hinderlich hierbei. Könnte evtl. funktionieren, wenn ein Designated Sponsor es macht.

3. An der 30-50ms Verweilzeit für Orders diskutiert man immer noch, da ist bisher noch nichts passiert soweit ich das gesehen habe. Schon sehr lächerlich.

 

Aber Maschinen gibt´s bei uns auch genügend, die im Orderbuch rauf und runterflitzen.

 

Aber: die Eurex hat zb. eine Heavyusage Fee um Ihre Rechner vor Überlastung zu schützen.

Wenn man da permanent Orders rein knallt und wieder storniert kriegt man fiese Rechnung am Abend von der Börse dafür.

Also wird da logischerweise da weniger im orderbuch rumgefaked.

 

Erstmal Danke für die rege Diskussion und den vielen Links :)

 

Zu deinem Beitrag Lenzelott.

 

Ist denn nicht der Proximity Service der Deutschen Börse genau solch ein Service, der Hochfrequenztrading erst möglich macht ?

 

http://deutsche-boerse.com/dbag/dispatch/de/kir/gdb_navigation/technology/30_Access_Products/30_Proximity_Services

 

Hierbei ermöglicht die Deutsche Börse Marktteilnehmern die dies wünschen, ihre Server noch näher an die Backend Systeme (geographisch betrachtet) zu bringen und somit die Round-Trip-Zeiten um einige Mikro- oder Nanosekunden zu reduzieren.

 

Jedem "normalen" Handelsteilnehmer könnte es ja egal sein, ob die Kabelverbindung zum Backend nun 1000m oder nur 200m lang ist. Für HFT sind diese 800m unterschied aber möglicherweise bares Geld.

 

Oder sehe ich das Falsch ?

 

Beste Grüße

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