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ferromontanus

Wieso würde man zu einem Negativzins Geld verleihen?

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ferromontanus

Normalerweise verleiht man Geld ja um anschließend das Geld plus noch etwas Geld (den Zins) später zurückzubekommen. Wieso würde man Geld verleihen zu einem Negativzins, bei dem man weniger Geld zurückbekommt? Oder machen das nur Zentralbanken um die Wirtschaft anzukurbeln und sonst niemand? Welche Gründe gibt es noch für einen Negativzins? 

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luess

Aus Sicht einer normalen Bank ist es ganz einfach so, dass wenn man bspw. einen super Kunden hat, der einem viel Geld einbringt und deswegen oftmals auch Geschäfte mit diesem eingeht ( z.B. einen deutlich höheren Zins auf die Festgeldanlage bietet, als das die der Markt hergibt. ), die man normalweise nicht so durchgeben würde. 

 

Das angesprochene Thema wird in vielen Bereichen der Bank gemacht. Sei es in Festgeldern, Sparkonten, Gebührenmodellen etc. etc. 

 

Um es kurz zu machen, es ist quasi eine Kleinigkeit, die man auf den Kunden zukommt, ( seine eigene Marge in diesem Bereich kürzt ) dafür aber in einem anderen Bereich, wieder eine deutlich höhere Marge einfahren kann. 

 

Praktisches Beispiel. ( Alle Werte sind nur nährerungsweise gewählt worden, sprich rein fiktives Beispiel )

 

Kunde hat 1.000.000 EUR auf dem Konto. Er möchte eine Immobilie mit einem Kaufpreis von 5.000.000 EUR finanzieren, wobei er 500.000 EUR als Eigenkapital einbringen wird. Die restlichen 500.000 EUR möchte er auf ein Sparkonto anlegen.

 

Die Bank möchte ganz klar diese Finanzierung. Der Kunde möchte einen guten Finanzierungszins und einen guten Zins auf seine restlichen 500.000 EUR bekommen. 

 

Folge: Die Bank bietet dem Kunden beispielsweise 0,5% Habenszins ( hier ist die Marge sehr sehr gering geworden, da sie deutlich über dem Marktniveau ( vielleicht die Hälfte ) liegt ), bekommt dafür aber die Finanzierung zu 2% ( die der Bank, eine deutlich höhere Marge einfährt, als der Verlust bei der Spareinlage einbringen wird ). 

 

Win-Win Situation für beide Parteien, wobei man immer bedenken muss, dass die Bank immer gewinnt!

 

Ist nicht ganz 100% das Thema, aber vielleicht hilft es dir ja weiter. 

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Maikel
vor 43 Minuten schrieb ferromontanus:

Normalerweise verleiht man Geld ja um anschließend das Geld plus noch etwas Geld (den Zins) später zurückzubekommen. Wieso würde man Geld verleihen zu einem Negativzins, bei dem man weniger Geld zurückbekommt? Oder machen das nur Zentralbanken um die Wirtschaft anzukurbeln und sonst niemand? Welche Gründe gibt es noch für einen Negativzins? 

Allgemein gesagt: Wenn man für das Geld, wenn man es nicht verleiht, mehr zahlen muß, oder höhere Kosten hat (Tresor, Versicherung etc.)

 

Bzgl. der EZB unterliegst du wohl einem Irrtum: Die verleiht das Geld nicht für Negativzinsen, im Gegenteil: Die Banken müssen für Geld, daß sie bei der EZB "parken" Zinsen zahlen, statt wie sonst üblich Zinsen zu bekommen.

Mir ist allerdings der Mechanismus nicht ganz klar, warum bzw. ob die Banken überschüssiges Geld bei der EZB parken müssen.

 

Zu deiner Frage zurück: Wenn eine Bank bei der EZB 0,4% Zinsen für das Parken von Geld zahlen muß, dann kann es für die Bank günstiger sein, daß Geld zu einem Negativzins von z.B. 0,2% zu verleihen.

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vanity
vor 3 Minuten schrieb Maikel:

Mir ist allerdings der Mechanismus nicht ganz klar, warum bzw. ob die Banken überschüssiges Geld bei der EZB parken müssen.

Was sollen sie sonst damit machen? Eine Bank kann kein Geld bei sich selbst anlegen.

 

Bei anderen Banken parken, die es dann bei der EZB parken und deshalb auch eine Parkgebühr verlangen (EONIA < 0)?

Als Bargeld halten und in den Tresor stopfen?

In kurzfristige Bundespapiere investieren und dafür Negativzinsen bekommen?

 

Wenn sie es als Kredit im Nichtbankensektor ausreichen (was sie eigentlich tun sollten), ist es kein überschüssiges Geld mehr.

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Dandy
vor 18 Minuten schrieb vanity:

Als Bargeld halten und in den Tresor stopfen?

Das geht und wird auch schon gemacht. Allerdings kostet auch das etwas, ähnlich wie negative Zinsen. Deshalb gibt es aber auch Stimmen die sagen, dass der Zins nicht beliebig negativ werden kann. Einzig Bargeldbeschränkungen könnten dem entgegenwirken, aber das müsste wohl auf europäischer Ebene erfolgen. Übrigens entstehen auch damit den Euro-Ländern hohe Kosten, denn der Bargeldumlauf ist teuer.

 

Was das alles nun für das weitere Kurspotenzial für Anleihen bedeutet kann sich jeder selbst überlegen.

 

vor 18 Minuten schrieb vanity:

Wenn sie es als Kredit im Nichtbankensektor ausreichen (was sie eigentlich tun sollten), ist es kein überschüssiges Geld mehr.

Und genau das bezweckt die EZB mit der ganzen Aktion und das nicht ohne Erfolg, trotz aller Untergangspropheten hier im Forum (Du bist damit nicht gemeint). Dass auch das nicht ohne negative Nebenwirkungen abläuft (siehe Banken und Lebensversicherungen) dürfte klar sein. 

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chaosmuc
vor 36 Minuten schrieb Maikel:

Mir ist allerdings der Mechanismus nicht ganz klar, warum bzw. ob die Banken überschüssiges Geld bei der EZB parken müssen.

Große Menge Geld selbst zu lagern ist eine logistische Herausforderung:

  • Man braucht große Scheine (warum nur will die EZB diese "eindämmen"? Nicht wegen der Privatkunden)
  • Man braucht Tresorräume mit entsprechenden Volumen
  • diese müssen entsprechend gesichert sein
  • die Scheine müssen transportiert werden (auch mit Sicherung)
  • Gold ist wegen dem zu großen Spreads auch keine Lösung

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John Silver
vor 39 Minuten schrieb Maikel:

...

Mir ist allerdings der Mechanismus nicht ganz klar, warum bzw. ob die Banken überschüssiges Geld bei der EZB parken müssen.

...

Das Stichwort ist hier Mindestreserve bzw. Mindestreservepflicht.

Die Geschäftsbanken müssen es ganz einfach tun, wenn die EZB das anordnet.

 



Die Mindestreservepflicht

Die Mindestreservepflicht ist ein zentraler Bestandteil des geldpolitischen Handlungsrahmens des Eurosystems. Sie regelt, dass die Geschäftsbanken eine bestimmte Mindesteinlage auf ihrem Zentralbankkonto halten müssen. Bezweckt wird damit in erster Linie, dass die Banken dauerhaft einen stabilen Bedarf an Zentralbankgeld haben und dadurch darauf angewiesen sind, direkt oder indirekt an den Refinanzierungsgeschäften des Eurosystems teilzunehmen. Das wiederum ermöglicht es dem Eurosystem, über die Veränderung der Leitzinsen Einfluss auf das Wirtschaftsgeschehen und die Entwicklung des Preisniveaus zu nehmen. Das Eurosystem hat zudem die Möglichkeit, den Umfang der zu haltenden Mindestreserven zu verändern und darüber den Bedarf der Geschäftsbanken an Zentralbankgeld zu beeinflussen.

...

 

Hier beim Link von der Bundesbank wird alles nochmal schön und ausführlicher erklärt.

https://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Dossier/Service/schule_und_bildung_kapitel_6.html?docId=145084&notFirst=true

 

 

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Maikel
· bearbeitet von Maikel
vor 12 Stunden schrieb vanity:

Was sollen sie sonst damit machen? Eine Bank kann kein Geld bei sich selbst anlegen.

 

Naja, "anlegen" nicht, einfach liegenlassen. Aber das wäre wohl das Gleiche.

 

Dann müssen Banken also alles Geld, daß sie aktuell nicht verliehen haben, jeden Abend(?) bei der EZB parken?

Wie haben die das wohl vor dem EDV-Zeitalter gemacht? Also kann das eigentlich nicht für Bargeld gelten.

 

vor 11 Stunden schrieb John Silver:

Das Stichwort ist hier Mindestreserve bzw. Mindestreservepflicht.

Die Geschäftsbanken müssen es ganz einfach tun, wenn die EZB das anordnet.

 

Die gibt es sicherlich auch, aber das ist doch eher eine dauerhafte Anlage.

Für die Mindestreserve hätten die Negativzinsen ja keine Lenkungsfunktion, weil sie nicht durch Kreditvergabe vermindert werden kann; wohl eher im Gegenteil.

 

 

Nachtrag:

Überschüssiges Geld bei der EZB "Parken müssen" erscheint ja erst erstaunlich, seit es Negativzinsen gibt.

In Zeiten von Positivzinsen konnten die Banken sich darüber freuen, daß sie von der EZB Zinsen für nicht genutztes Geld bekamen.

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GoGi
· bearbeitet von GoGi
vor 19 Stunden schrieb John Silver:

Das Stichwort ist hier Mindestreserve bzw. Mindestreservepflicht.

Die sollte auch durch Bargeld erfüllt werden können. Im Übrigen gibt es z.B. in England keine Mindestreserve (mehr), aber das macht keinen großen Unterschied in der Frage.

vor 8 Stunden schrieb Maikel:

Dann müssen Banken also alles Geld, daß sie aktuell nicht verliehen haben, jeden Abend(?) bei der EZB parken?

Das Geld ist die ganze Zeit bei der EZB auf einem Konto. Die Bank kann es aber (vor jedem Abend) noch auf ein anderes Konto überweisen oder abheben.

 

Zitat

Wie haben die das wohl vor dem EDV-Zeitalter gemacht? Also kann das eigentlich nicht für Bargeld gelten.

EZB-Konto und Bargeld sind äquivalent. Auf das EZB-Konto muss man derzeit Negativzinsen zahlen, das Bargeld muss man lagern und kompliziert transportieren. EDV ist im Übrigen für ein Konto nicht zwingend nötig (daher gibt es ja den Begriff "Buchführung").

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GoGi
· bearbeitet von GoGi
vor 8 Stunden schrieb Maikel:

Überschüssiges Geld bei der EZB "Parken müssen" erscheint ja erst erstaunlich, seit es Negativzinsen gibt.

In Zeiten von Positivzinsen konnten die Banken sich darüber freuen, daß sie von der EZB Zinsen für nicht genutztes Geld bekamen.

Nein, das ist immer gleich erstaunlich oder nicht erstaunlich. Bei einem EZB-Einlagesatz von +0,4% könnte es sich lohnen stattdessen das Geld für +0,6% zu verleihen. Heute bei einem EZB-Einlagesatz von -0,4% kann es sich dazu analog lohnen das Geld für -0,2% zu verleihen. Daher waren ja Staatanleihen mit negativen Zinsen möglich.

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