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Mortis8513

BU Thema Gefahrenerhöhung §§23 bis §§26 VVG - z.B. Bayerische vs LV1871

Empfohlene Beiträge

Mortis8513
· bearbeitet von Mortis8513

Hallo zusammen,

 

zunächst einmal vielen Dank für die vielen informativen Beiträge zum Thema BU in diesem Forum, die ich seit geraumer Zeit mit großem Interesse verfolge. Insbesondere gilt dies für den folgenden Beitrag 

 

Aktuell setzte ich mich intensiv mit dem Abschluss einer BU auseinander und bin dabei insbesondere auf die folgende Frage zu der ich die BU Experten unter Euch um Unterstützung bitte:

 

Wie sind die §§23 bis §§26 des VVG im Zusammenhang mit einer BU zu verstehen?

 

Zitat

§ 23 

 

(1) Der Versicherungsnehmer darf nach Abgabe seiner Vertragserklärung ohne Einwilligung des Versicherers keine Gefahrerhöhung vornehmen oder deren Vornahme durch einen Dritten gestatten.

 

 

(2) Erkennt der Versicherungsnehmer nachträglich, dass er ohne Einwilligung des Versicherers eine Gefahrerhöhung vorgenommen oder gestattet hat, hat er die Gefahrerhöhung dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.

 

(3) Tritt nach Abgabe der Vertragserklärung des Versicherungsnehmers eine Gefahrerhöhung unabhängig von seinem Willen ein, hat er die Gefahrerhöhung, nachdem er von ihr Kenntnis erlangt hat, dem Versicherer unverzüglich anzuzeigen.

 

Ich lese das aktuell so, dass ich als Versicherungsnehmer über die gesamte Vertragsdauer die Einwilligung des Versicherungsgebers benötige, sollte sich durch mein Verhalten zu einer Gefahrenerhöhung beitragen etwa durch die Aufnahme einer neuen riskanten Freizeitaktivität. Komme ich dem nicht nach, so hat der Versicherungsgeber gem. §§24 ein Kündigungsrecht, gem. §§25 die Möglichkeit die Prämien zu erhöhen, oder der VN verlieft gem. §§26 seinen Leistungsanspruch, sofern die Gefahrenerhöhung ursächlich für den Leistungsfall war.

 

Irgendwie liest sich das im Zusammenhang mit einer BU nicht rund für mich, denn auch die Diagnose einer schweren Krankheit (nach Vertragsabschluss) könnte man ja ggf. als Risikoerhöhung für die verbleibende Vertragslaufzeit ansehen. 

 

Aufmerksam bin ich auf das Thema geworden durch einen Passus in den AVBs der Bayerischen BU Komfort (Stand: B 550142 09.18) in denen in §7 explizit auf die Anwendung von §§23 bis §§26 des VVG verzichtet wird.

 

Zitat

§7 Was gilt bei einer Gefahrerhöhung nach Vertragsschluss?

Nach Vertragsschluss (also dem Zugang unserer Annahmeerklärung bei Ihnen) verzichten wir auf die Anwendung der §§ 23 bis 26 VVG. Das heißt, dass Sie uns nach Vertragsschluss gefahrerhöhende Umstände (z.B. die Aufnahme des Rauchens oder einer neuen Freizeitaktivität) nicht mitteilen müssen.

 

 

In den Bedingungen der LV1871 Golden BU (Stand: L-B11209 10.18), welche ich mich vergleich dazu gerade ansehe, findet sich ein solcher Paragraph nicht. Meinem aktuellen Verständnis nach ist dies entweder ein recht großer Unterschied, oder aber (halte ich für weit wahrscheinlicher) ich verstehe hier etwas grundlegend fehl und es gibt einen anderen Grund warum diese Paragraphen des VVG bei einer BU nicht wie von mir oben beschrieben zu verstehen sind. Entsprechend wäre der Paragraph §7 der Bayerischen zwar ein beruhigende "stating de obvious" für einen Laien wie mich, aber in Essenz überflüssig.

 

Gefunden habe ich im VVG ebenfalls, dass z.B. für Krankenversicherungen gem. §194 obige Paragraphen nicht anzuwenden sind, ebenso gibt es entsprechende Einschränkungen für Transportversicherungen. 

 

Eine Einschränkung gibt es gem. §§158 auch für die Anwendung von §§23 bei Lebensversicherungen (unter die auch BUs fallen??), die ist aber wesentlich weicher und mir ist nicht klar ob damit die Sache schon geklärt ist.

 

Ich danke denen, die tapfer bis zum Ende dieses doch recht langen posts durchgehalten haben, und freue mich auf Eure Unterstützung.

 

Vielen Dank und Viele Grüße!

 

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polydeikes

Ist einfach. Regelungen, die sich auf Schadensversicherungen (sprich Sachversicherungen) beziehen, sind für Summenversicherung praktisch irrelevant. Es gibt keine pauschale Nachmeldungspflicht für Freizeitaktivitäten oder berufliche Veränderungen etc. pp. ... in keiner BU.

 

Du bist aber inhaltlich auf einem völlig falschen Dampfer. Relevant werden solche Storys bspw. im Kontext der Nachversicherung. Und bezüglich Nachversicherung ist in zwei Regelungen zu unterscheiden

 

1) Nachversicherung ohne erneute Risikoprüfung

2) Nachversicherung ohne erneute Gesundheitsprüfung

 

Bei Letzterer wird zur Nachversicherung nur der Gesundheitszustand selbst nicht geprüft, Faktoren darüber hinaus können / könnten sehr wohl geprüft werden. Bspw. Hobbys oder Beruf zum Zeitpunkt der Nachversicherung.

 

Gerade im Preissetting vermeintlich billige Anbieter haben in diesem Kontext einige Fallstricke. Die Bayerische schließt Nachversicherungen im eigenständigen Vertrag ab und beurteilt für die Berechnung ...

 

- den Beruf zum Zeitpunkt der Nachversicherung

- Körpergröße / Gewicht und Rauchverhalten für den Gesundheitsbonus

 

Ähnlich bspw. auch eine Basler ...

 

Für den Ursprungsvertrag BU wird immer der Zustand bei Antragsstellung eingefroren. Ausnahmen können Boni darstellen, bspw. Nichtraucherbonus. Da gibt es durchaus Anbieter, die diesen Bonus entfallen lassen würden, würde man mit dem Rauchen anfangen, dies ist dann in den Mitwirklungspflichten der AVBs zu finden. Ansonsten gibt es keinerlei Verpflichtungen iS der obigen, für die Schadensversicherung geltenden Regelungen.

 

Je nach AVB seitiger Regelung kann aber im Kontext der Nachversicherung sehr wohl eine (ggf. erheblich nachteilige) Berücksichtigung veränderter Umstände erfolgen.

 

 

 

 

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Mortis8513

Vielen Dank für die schnelle Rückmeldung die meine "good case" Erwartung zunächst einmal unterstützt, dass ich hier etwas missverstanden habe. Kannst Du mir  erklären/aufzeigen woraus hervorgeht, dass die Paragraphen §§23- §§26 des VVG sich ausschließlich auf Schadensversicherungen beziehen? Die Paragraphen finden sich ja in Teil 1 Kapitel 1 "Vorschriften für alle Versicherungszweige" des VVG und würden daher meinem Verständnis nach, sofern nicht anders in den folgenden versicherungszweigspezifischen Kapiteln (wie etwa für Krankenversicherungen geschehen in §§194 ) oder eben den AVBs einer spezifischen Versicherung (wie in den BU Bedingungen der Bayerischen) explizit ausgeschlossen erstmal für jedwede Form von Versicherungen gelten für die das VVG Anwendung findet.

 

Ich danke für einen Hinweis auf den Paragraphen, den ich hier noch zu übersehen scheine oder einen Fingerzeig darauf wo ich hier falsch abzubiegen scheine in meiner Argumentation.

 

Vielen Dank und Viele Grüße.

 

PS: Die Herausforderungen im Zusammenhang mit der Nachversicherung sind mir in allen von Dir geschilderten Punkten bereits transparent gewesen. Sie spielen meinem Verständnis nach allerdings bei der von mir angestrebten Versicherungshöhe aktuell eine untergeordnete Rolle, da die hierfür definierten Obergrenzen bereits mit dem initialen Vertrag (zumindest bei den beiden aktuell betrachteten Anbietern) überschritten haben werde. Für das Thema "Beitrags-/Versicherungsleistungsanpassung" sind für mich daher in erster Linie die Bedingungen rund um die angebotenen Dynamik Varianten relevant. In selbigen habe ich mind. bei der Bayerischen und er LV keine Klauseln im Zusammenhang mit dem Thema Gefahrenerhöhung ausfindig machen können.

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polydeikes
· bearbeitet von polydeikes

Die formal korrekte Antwort wäre: VVG Kommentar lesen und den Unterschied Summenversicherung zu Schadensversicherung verstehen.

 

---

 

Die definitiv nicht abschließende aber hier vermutlich ausreichende Antwort:

Für die Lebensversicherung, insbesondere die BU Versicherung gilt zunächst §158 VVG. Demnach muss ausdrücklich in Textform vereinbart werden, welche Gefahrerhöhung mitgeteilt werden muss. Beispiel das Rauchen in einzelnen AVBs bei Nichtraucherbonus. Ist nichts vereinbart, muss im Umkehrschluss auch nichts mitgeteilt werden.

 

Dass dies so ist, geht aus dem §176 VVG hervor, in diesem wird festgelegt, dass die §§ 150 - 170 VVG (also va. hier der 158 VVG) auf die BU anzuwenden sind.

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Mortis8513
· bearbeitet von Mortis8513

Erneut vielen Dank für die schnelle Rückmeldung. 

 

Das bestätigt, dann diesen Teil meines initialen Aufschlags, indem eben die Einschränkung §§158 es für BUs klärt. Danke noch einmal für die Bestätigung diesbezüglich.

vor 5 Stunden schrieb Mortis8513:

Eine Einschränkung gibt es gem. §§158 auch für die Anwendung von §§23 bei Lebensversicherungen (unter die auch BUs fallen??), die ist aber wesentlich weicher und mir ist nicht klar ob damit die Sache schon geklärt ist.

 

Entsprechend ist der §7 aus den AVBs der Bayerischen, dann allerdings obsolet, bzw. dient lediglich der Beruhigung derer, die wie ich initial §§158 nicht im ersten Anlauf entsprechend verstanden haben, oder macht der §7 der Bayerischen AVBs die Sachlage noch in irgendeiner Art besser als wenn dieser fehlt wie etwa bei der LV?

 

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polydeikes

Der ist ein Ergebnis der AVB Historie. Ich hatte es schon erklärt, der Nichtraucherbonus wird bei manchen Anbietern nur gewährt, wenn man tatsächlich dauerhaft nicht raucht. Die Bayerische gehörte bis einschließlich 2014 zu diesen Anbietern. Zudem hat die Bayerische mit dem Gesundheitsbonus (Rauchverhalten + BMI) ein additionales Tarifierungsmerkmal, welches nicht abschließend iS der VVG Definition aus §158 geregelt gewesen wäre. Das VVG kann nicht alle Eventualitäten iS der Vertragsfreiheit abschließend berücksichtigen. Im Sinne der speziellen Tarifierungsmerkmale ist es eine Klarstellung, die Interpretationsversuchen schlicht vorbeugt. Andere Anbieter ohne solche Tarifierungsmerkmale brauchen den Käse schlicht nicht (genau genommen die Bayerische auch nicht)

 

Deswegen sagte ich, die formal korrekte Antwort wäre: Den VVG Kommentar zu lesen und den Unterschied zwischen einer Summen- und Schadensversicherung zu verstehen. Während bei der Schadensversicherung die Konsequenz iS Gefahrenerhöhung eine Leistungskürzung sein könnte, kann das in der Summenversicherung nicht passieren. Da gibt es nur EINE oder KEINE Leistung, keine Quotelung. Und ein sinngem. Verstoß gegen Spielregeln ala Nichtraucherbonus kann nur zu in die Zukunft gerichteten Anpassungen der Prämie führen, nie aber zu einer Nichtleistung.

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Mortis8513

Nochmal Danke. Ich glaube meine ursprüngliche Fragestellung ist damit geklärt - auch der Hinweis zu der AVB Historie der Bayerischen hat mir geholfen.

 

Wenn Du erlaubst, hätte ich aber noch zwei Rückfragen zu Deiner letzten Rückmeldung:

 

1.) Was meinst Du mit "VVG Kommentar"? Meine Vermutung ist wahlweise ein Blog Beitrag oder ein anderer Post zum Thema VVG. Mir ist es aber nicht gelungen geschickt genug zu suchen um diesen zu finden. Den Unterschied zwischen Summen- und Schadensversicherungen glaube ich verstanden zu haben. Deine Erläuterungen dazu passen dabei in mein Verständnis und passen genau zu meiner Vermutung, dass mir hier irgendetwas fehlt, weil die §§23-§§26 so eben für das Thema BU mir bedingt passend schienen.

 

2.) In den AVBs der Bayerischen finde ich nirgends etwas zum Thema Rauchen oder BMI. Liegt das daran, dass es diese Tarifierungsmerkmale dort heute nicht mehr gibt oder sind diese in entsprechenden separaten Bedingungsanhängen, wie sie es etwa zum Thema Dynamik gibt, außerhalb der AVBs beschrieben?

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polydeikes

zu 1) Unter VVG Kommentar versteht man grds. "DEN" VVG Kommentar, sprich den Prölss / Martin, ca. 2900 Seiten Versicherungsbasics.

 

zu 2) das hab ich jetzt schon 3 mal erklärt und werde es nicht noch ein viertes Mal tun

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