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sergejb

Evaluation von Faktor ETFs

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sergejb
· bearbeitet von sergejb

Hallo Zusammen. Ich habe gerade nochmal das Kapitel zu Faktorpraemien in Gerd Kommers Buch gelesen, und da stellt sich mir die Frage: Ist das wirklich noch passives Investieren, und wie beurteilt man diese Faktor ETFs ueberhaupt?

 

Bei einem normalen ETF ist die Gewichtung und Inklusion einzelner Aktien in den zugrundeliegenden Index nur abhaengig von der Marktkapitalisierung und Regions. Der Kunde waehlt einfach einen Index nach gewuenschtem Diversifikationsgrad und Regionalen Schwerpunkten, und sucht sich dann einen guenstigen Anbieter darauf aus.

 

Faktor ETFs sind deutlich schwerer zu durchschauen. Die Bildung des Faktor-Indexes ist sehr undurchsichtig, und da die meissten davon sehr neu sind gibt es auch nur wenig historische Daten. Dazu kommt das der Index Anbieter das zugrunde liegende Modell jederzeit aendern kann, und damit die Index Gewichtung der einzelnen Aktien verschiebt ohne das sich am Markt etwas geaendert hat. Meine Frage ist jetzt, wie geht man vor wenn man versucht zu evaluieren ob ein Faktor-ETF ein passendes Investment ist?

 

Versuchen wir mal ein Beispiel und sehen uns den MSCI ACWI DIVERSIFIED MULTIPLE-FACTOR index an:

  • Basiert auf dem MSCI ACWI
  • Haelt 623 Einzelwerte im Vergleich zu 3050 im ACWI
  • Benutzt das Barra Equity Model um Faktoren staerker zu gewichten
  • Existiert seit 2015

Wenn wir uns das Marketing Material ansehen faellt auf das die Kummulative Performance deutlich besser als beim ACWI ist. Allerdings basiert diese hauptsaechlich auf historischer Outperformance vor dem eigentlichen Auflegen des Fonds. Die Tatsaechliche Performance ist von 2015 bis 2019 sogar groesstenteils schlechter als der ACWI. Das erzeugt bei mir erstmal den Verdacht das hier fleissig mit Backtesting am Index rumoptimiert wurde damit er auf historischen Daten gut funktioniert, was aber in der Realitaet nicht zu klappen scheint.

 

Prinzipbedingt ist der Faktor Index deutlich schlechter diversifiziert als der ACWI, was besonders bei kleinen Laendern zu Problemen fuehren kann weil ja zB. in einem Land mit nur 1% Anteil am Index nur 6 Einzelwerte uebrig bleiben die der Index ueberhaupt halten kann.

 

Wenn wir uns die Publikationen von MSCI mal ansehen wird klar wie der Index konstruiert wird:

  • Man waehlt einen parent Index, in diesem fall den ACWI
  • Dann wird ein Equity Modell selektiert, hier das Barra Global Equity Model Long Term (GEN LT)
  • Nun selektiert man welche Faktoren wie stark uebergewichtet werden sollen
  • Schlussendlich waehlt man eine Reihe von Constraints wie zB. maximale Abweichung der Gewichtung von Laendern, Industrien, und Einzelwerten vom parent Index

 

Parent Index, Faktor Exposure, und Constraints sind noch relativ einfach verstaendliche Dinge die man mit ein wenig suchen auch im Internet finden kann, aber das Equity Modell ist eine ziemlich undurchsichtige Sache, die aber massgeblich Einfluss auf die Gewichtung der Einzelwerte hat. Und noch viel schlimmer, zu den Constraints und den Innereien des Modells findet man auch kaum Informationen. Ich konnte eine Beschreibung des US Equity Model v4 (USE4) finden was fuer US basierte Faktor ETFs angewandt wird, aber zum GEN LT findet man so gut wie nichts. Es gibt noch eine sehr alte Publikation zur ersten Version den Global Equity Models (GEM), aus diesen beiden kann man ableiten wie die Faktor Exposure der Einzelwerte berechnet wird und welche Faktoren beruecksichtigt werden, jedoch nicht die Parameter.

 

Insgesamt finde ich es sehr besorgniserregend das es als Kunde nicht moeglich ist die Indexbildung nachzuvollziehen. Man vertraut hier komplett dem Indexherausgeber und seinem Modell. Und dieses Modell sowie seine Parameter werden staendig durch Backtesting angepasst, wie dieses Slideset zeigt was ich auf MSCIs webserver gefunden habe. Das klingt ehrlich gesagt absolut nicht mehr nach passivem Investieren, sondern nach einem Haufen Finanzwissenschaftler die permanent an einem mathematischen Modell herumspielen was mein Geld verwaltet.

 

Ich will damit garnicht die Existenz von Renditefaktoren und die Berechnung der Exposure in historischen Daten in Frage stellen, da ist die Literatur ja ausfuehrlich und recht eindeutig zu. Aber wie man das auf die Zukunft anwendet scheint bei allen Anbietern unterschiedlich, und auch eine Art Geschaeftsgeheimnis zu sein. Deshalb meine Frage: Wie geht ihr vor wenn ihr einen Faktor ETF evaluiert, gibt es evtl. Literatur die ich nicht kenne, oder ist das ganze einfach nur eindeutig Hokuspokus? ;)

 

 

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etherial
vor 38 Minuten von sergejb:

Wenn wir uns das Marketing Material ansehen faellt auf das die Kummulative Performance deutlich besser als beim ACWI ist. Allerdings basiert diese hauptsaechlich auf historischer Outperformance vor dem eigentlichen Auflegen des Fonds. Die Tatsaechliche Performance ist von 2015 bis 2019 sogar groesstenteils schlechter als der ACWI. Das erzeugt bei mir erstmal den Verdacht das hier fleissig mit Backtesting am Index rumoptimiert wurde damit er auf historischen Daten gut funktioniert, was aber in der Realitaet nicht zu klappen scheint.

Ich prüfe das jetzt mal nicht selbst nach, aber genauso würde ich vorgehen und deine Schlussfolgerung ist nicht ganz von der Hand zu weisen.

vor 38 Minuten von sergejb:

Prinzipbedingt ist der Faktor Index deutlich schlechter diversifiziert

Das kann man so sehen ... da wäre ich aber vorsichtig. Weniger Werte heißt nicht schlechter diversifziert. Im Modell lässt sich das auch beweisen, nur welche Werte das in Realität sind, kann dir niemand sagen. Es kann durchaus sein, dass Faktor-Indizes besser diversifiziert sind, weil sie die unwichtigen Bestandteile rausfiltern.

vor 38 Minuten von sergejb:

Insgesamt finde ich es sehr besorgniserregend das es als Kunde nicht moeglich ist die Indexbildung nachzuvollziehen. Man vertraut hier komplett dem Indexherausgeber und seinem Modell. Und dieses Modell sowie seine Parameter werden staendig durch Backtesting angepasst, wie dieses Slideset zeigt was ich auf MSCIs webserver gefunden habe. Das klingt ehrlich gesagt absolut nicht mehr nach passivem Investieren, sondern nach einem Haufen Finanzwissenschaftler die permanent an einem mathematischen Modell herumspielen was mein Geld verwaltet.

Sehe ich ähnlich, bis auf die Aussage zu den Finanzwissenschaftlern da Unrecht. Nachträgliches Fitten von Modellen ist nicht nur unwissenschaftlich sondern auch für Nicht-Wissenschaftler Selbstbetrug. Selbst wenn sie sich Wissenschaftler nennen - da entstehen definitiv keine neuen Erkenntnisse.

vor 38 Minuten von sergejb:

Ich will damit garnicht die Existenz von Renditefaktoren und die Berechnung der Exposure in historischen Daten in Frage stellen, da ist die Literatur ja ausfuehrlich und recht eindeutig zu.

Die Populärwissenschaft und Literature äußert sich recht eindeutig dazu. Wissenschaftliche (empirische) Beweise dafür sind eher dünn (wenn auch tendentiell positiv).

 

Oft wird hier z.B. die Meinung geäußert, dass Faktoren verschwinden könnten, wenn sie vom Markt wahrgenommen werden. Tatsächlich ist wissenschaftlich nur das ein Faktor, was im effizienten Markt langfristig bestehen bleibt.

 

Die Tatsache, das viele gleichzeitig von erwiesener Outperformance reden aber dann doch Angst haben, dass ein Faktor verschwinden könnte, deutet darauf hin, dass unbewusste Zweifel am wissenschaftlichen Modell bestehen.

 

vor 38 Minuten von sergejb:

Wie geht ihr vor wenn ihr einen Faktor ETF evaluiert, gibt es evtl. Literatur die ich nicht kenne, oder ist das ganze einfach nur eindeutig Hokuspokus? ;)

Ich kann zwar nichts empfehlen, aber meine Meinung abgeben:

- auf Multi-Faktor-ETFs würde ich verzichten (teuer und wie du beschrieben hast etwas intransparent)

- eine Beimischung von einzelnen Faktoren kann nicht schaden (die Einzelkriterien sind besser prüfbar)

 

Man kann es aber auch komplett sein lassen ;) . Wenn sich wissenschaftliche Erkenntnisse zu Faktoren erhärten, dann ist die richtige Faktorstrategie vielleicht 2% besser, wenn nicht dann 2% schlechter. Die rationalste Strategie in so einer Sitution ist mehrgleisig fahren: Aber spricht das jetzt für Faktoren oder gegen?

 

 

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sergejb

Danke fuer den Kommentar, das macht durchaus sinn. Das mit dem Teuer ist nichtmal mehr so problematisch, seit Blackrock die TER gesenkt hat ist zb. der ACWF bei 0.35 TER, wobei es den natuerlich nicht so lange gibt das man da sinnvolle aussagen zur Tracking Difference machen kann. Aber ich finde den Fakt das die Multi Factor ETFs so undurchsichtig sind sehr beunruhigend, und das MSCI sekbst wenn man ihn mal verstanden hat jeden Monat das zugrunde liegende Modell aendern kann ohne das man es mitbekommt.

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StefanU
· bearbeitet von StefanU
vor 14 Stunden von sergejb:

Insgesamt finde ich es sehr besorgniserregend das es als Kunde nicht moeglich ist die Indexbildung nachzuvollziehen. Man vertraut hier komplett dem Indexherausgeber und seinem Modell. Und dieses Modell sowie seine Parameter werden staendig durch Backtesting angepasst, wie dieses Slideset zeigt was ich auf MSCIs webserver gefunden habe. Das klingt ehrlich gesagt absolut nicht mehr nach passivem Investieren, sondern nach einem Haufen Finanzwissenschaftler die permanent an einem mathematischen Modell herumspielen was mein Geld verwaltet.

Das ist eine sehr interessante Ressource. In meinen Augen kann man hier nicht von "Data Mining" im negativen Sinn, also dem nachträglichen "Fitting" eines Modells sprechen - sie haben vielmehr das Modell dahingehend verbessert, dass sie mehr Daten ("descriptors") berücksichtigen (rot markiert in der angehängten Übersichtsfolie). Intuitiv ist klar, dass z.B. für den Faktor "Qualität" nicht nur Leverage, sondern auch Earnings Variability verwendet werden sollte, und dass diese Earnings Variability auch für den Faktor "Min Volatility" relevant sein könnte. Diese Intuition muss dann natürlich dann durch einen Backtest validiert werden, also ob die Volatilität des Aktienkurses tatsächlich mit der Earnings Variability korreliert ist. Man optimiert dann aber nicht "ex post" ein Modell an neuen Datenpunkten, sondern die Datenpunkte kommen durch neue Features zustande, die auch intuitiv plausibel sind. 

 

Man könnte dann höchstens noch kritisieren, warum das Modell nicht von Anfang an z.B. Earnings Variability berücksichtigt hat (vielleicht waren diese Daten nicht für alle Unternehmen in der geforderten Qualität verfügbar?) und dass solche Änderungen am Modell für die Kunden intransparent sind und Ressourcen wie die gezeigte Präsentation nur schwer auffindbar. Eigentlich hat mich überrascht, dass die Modelle nicht besonders ausgefuchst sind und man die Präsentation auch als nicht-Finanzwissenschaftler gut verstehen kann - eigentlich auch ein Zeichen dafür, dass hier keine Überoptimierung der Modelle betrieben wird ;)

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Cef

Ich hatte mich ebenfalls für die Frage interessiert wie „das reinkommt was drin ist“

(und ob ich überhaupt das bekomme was drauf steht).

Zu den Whitepapers von pwl hatte ich ja schon einmal verlinkt, und der Autor dieses Papers ist ebenfalls der Frage nachgegangen.

 

Conclusio nach für mich: 

1- Theoretisch wären Faktoren eine gute Idee zur Beimischung.

2- Schon einzelne Faktoren scheinen aber schwer umsetzbar. Praktisch scheint es weder auf dem kanadischen noch auf dem us-amerikanischen Markt so ganz einfach.

3- Wenn schon einzelne Faktoren schwierig sind erscheint mir eine Multifaktor-1-ETF-Lösung als Blackbox die die Mehrkosten möglicherweise nicht rechtfertigt.

4- Die ETFs von Dimensional würden mich interessieren, als Privatanleger habe ich aber keine Möglichkeit deren Struktur zu durchleuchten.

5- Ich warte daher ab und verwende derzeit zur (geringen) Beimischung lieber

stabilisierende Branchen-ETFs ((Pharma, REITS) als Satelliten. Rein theoretisch damit vielleicht ein geringer „Anti-Drawdown-Factor“ .

 

Den im Paper analysierten S&P600 SC habe ich im Rahmen meines SC-Anteils für die USA berücksichtigt, nicht wegen seiner Factor-Eigenschaft.

 

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vn5p7aw58aw357pw

Ich sehe das wie folgt:

  • (Multi)Faktor-Investing ist sicherlich weniger passiv, denn du bewertest mittelbar Aktien anders als es der Markt derzeit (und sei es nur durch nicht-kaufen) tut mit einer Erwartung der Überperformance.
  • Die üblichen Faktoren, besonders Size und Value, sind bereits in vielen Märkten unabhängig voneinander nachgewiesen worden.
  • Teil des Nachweises ist aber auch, dass die Prämen zeitweise Verschwinden können. Sie lassen eben nur Langfristig eine Überperformance erwarten.
  • Gerade durch die krasse Performance von Growth-Werten in den USA sehen die Value-Werte in dem Anlagebereich natürlich schlecht aus.
  • Es wäre eine Form von Performance-Chasing deswegen jetzt zeitweise nicht mehr in Faktor/Value Werte zu investieren und dann wieder auf Value zu schwenken, wenn die Faktorprämie wieder "auftaucht".
  • Die Konzentration auf wenige Werte sollte nicht stören, exakt so wird ja der Faktor-Tilt hergestellt.
  • Die Indexkonstruktion ist nicht trivial nachvollziehbar, MSCI (und die anderen Anbieter deren Multifactor-Konstruktionsregeln ich mir angeschaut haben) scheinen dennoch keine Geheimniskrämerei zu betreiben. Der Fakt dass du diese Proposals zum Ändern der Konstruktionsregeln hier verlinken kannst stimmt mich da eher positiv.
  • Auch für die Konstruktion der "passiven" Inidces gibt es mehr als genug arbiträre und/oder verzerrende Aspekte. Siehe zB hier https://www.msci.com/documents/10199/a303e3f5-6501-45f2-b8e8-29bdb79408af Beispiele:
    • Wann werden IPOs im Index abgebildet?
    • Wie schnell fließen Index-Änderungen ein? (Gibt Modelle die das Delta langsam Tag für Tag hochfahren)
    • Wann werden Änderungen der Methodologie angekündigt? Wann gelten Sie als offizieller Bestandteil des Index?
  • Was objektiv schlechter bleibt ist der Wettbewerb bzw. die Vergleichbarkeit (wenige Fonds auf ein und den selben Index) und die Kosten.

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etherial
vor 3 Minuten von vn5p7aw58aw357pw:
  • Die üblichen Faktoren, besonders Size und Value, sind bereits in vielen Märkten unabhängig voneinander nachgewiesen worden.
  • Teil des Nachweises ist aber auch, dass die Prämen zeitweise Verschwinden können. Sie lassen eben nur Langfristig eine Überperformance erwarten.
  • Gerade durch die krasse Performance von Growth-Werten in den USA sehen die Value-Werte in dem Anlagebereich natürlich schlecht aus.

Nicht falsch, aber ich möchte noch den wissenschaftlichen Aspekt ergänzen: Die "Nachweise" sind Nachweise für Outperformance von Small und Value, nicht für die Existenz der Faktoren. Ein Faktor muss definitionsgemäß IMMER da sein, selbst wenn man seine Wirkung nicht sieht.

 

Ein wissenschaftlicher Nachweis für Faktoren läuft ungefähr so, dass man zunächst eine Formel mit Faktor (z.B. value) und eine ohne Faktor (z.B. value) aufstellt, z.B.:

 

1. Kurs(x) = f1*beta(x) + f2*small(x) + f3*value(x) + ... + f4*alpha(x)

2. Kurs(x) = f1*beta(x) + f2*small(x) +                     ... + f4*alpha(x)

 

und dann beweist (oder widerlegt), dass die Formel mit Faktor (1) die Kursbewegungen besser fitted. Demnach wäre die Kursbewegung mit dem neuen Modell besser (bzw. schlechter) erklärbar.

vor 3 Minuten von vn5p7aw58aw357pw:
  • Es wäre eine Form von Performance-Chasing deswegen jetzt zeitweise nicht mehr in Faktor/Value Werte zu investieren und dann wieder auf Value zu schwenken, wenn die Faktorprämie wieder "auftaucht".

Performance-Chasing geht im effizienten Markt nicht. Und Faktoren sind (auch wenn gelegentlich durch Cranks kolportiert) kein Widerspruch zum effizienten Markt, sondern sie funktionieren nur im effizienten Markt.

 

- Performance-Chasing auf das Alpha (unsystematisches Risiko) = Stockpicking (widerspricht dem effizienten Markt)

- Performance-Chasing auf das Beta (systematisches Risiko)= Markettiming (widerspricht dem effizienten Markt)

- Performance-Chasing auf Small = ? (widerspricht dem effizienten Markt)

- Performance-Chasing auf Value = ? (widerspricht dem effizienten Markt)

- Performance-Chasing auf neue Faktoren = ? (widerspricht dem effizienten Markt)

 

D.h. wenn der markt nicht effizient wäre, kann man natürlich trotzdem Small und Value übergewichten, aber deren Vorteile entstünden dann nicht auf Basis eines Faktors (in der obigen Formel) sondern auf Basis von Marktfehlbewertungen.


 

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sergejb
· bearbeitet von sergejb

Erstmal danke fuer den Link zu dem PWL Whitepaper, das war genau die Art von Quelle die ich gesucht habe. Das ist auch mMn die groesste schwaeche des Kommer Buchs, er erklaert eine Reihe von Faktorpraemien sehr gut, empfielt aber dann ploetzlich irgendwelche Produkte bzw. Indizes ohne dem Leser das Wissen mitzugeben diese zu evaluieren. Das PWL Whitepaper schliesst diese Luecke hervorragend. Was ich noch nicht verstehe ist ob diese ganzen Theorien nur auf Korrelation aufbauen, oder ob man auch irgendwie Kausalitaet nachweisen konnte.

 

So wie ich das bisher verstanden habe sucht man sich einen Faktor aus, zB. Small minus Big, und errechnet dann auf historischen Daten die Korrelation zu Kursbewegungen. Wenn die hoch ist erklaert man den Faktor fuer gefunden. Das kann man natuerlich machen, und wenn man glueck hat ist dieser Faktor tatsaechlich zumindest teilweise Kausal fuer einen Teil der Kursbewegungen verantwortlich. Wenn er zeitweise wieder verschwindet muss das ja aber auch heissen das er nicht der alleinige Grund ist, sondern es noch andere Faktoren gibt die man nicht kennt die im betrachteten Zeitraum stark positiv mit ihm korrelieren. Drehen die aber ploetzlich unabhaengig ins negative "verschwindet" der Faktor, weil sie ihn ueberdecken. Dh. man kann ihn ueber gewisse Zeitraeume nicht mehr beobachten.

 

Wie du schon sagst muss ein Faktor immer da sein, sonst waere es keiner. Prinzipiell muesste dann ein Modell das mehr statistisch signifikante Faktoren enthaelt besser funktionieren als ein einfacheres, weil es weniger unbekannte Faktoren gibt. ein gutes Beispiel ist die Small Cap Growth Anomaly aus dem PWL Paper Sektion 3.2. Irgendwas ist da mit der Small Cap Praemie nicht in Ordnung, da scheinen noch viele weitere gewichtige Faktoren hinter zu stecken die man noch nicht identifiziert hat. Jetzt einfach die small growth stocks wegzulassen wirkt wie ein schmutziger hack der beim Backtesting gut funktioniert aber in Zukunft auch maechtig in die Hose gehen koennte :D.

 

Was mich jetzt etwas verunsichert ist das ein simpler Index nach Marktkapitalisierung ja dann so ziemlich das schlechteste ist was man tun kann. Man setzt sich gezielt nur einem einzigen Faktor aus: Dem Marktrisiko. Und die meissten dieser Indizes sind auchnoch stark verfaelscht weil sie zusaetzliche geographische Faktoren und Groesse uebergewichten. Ein S&P 500 ist ja implizit short zu small caps und short zu allen anderen Laendern auf der Welt ex-US. Selbst ein MSCI World ist short zu small caps und emerging markets. Tatsaechlich ist selbst der MSCI ACWI short zu manchen laendern, weil er ja nur 49 Laender einschliesst, und hat auch wieder keine Small Caps im Portfolio.

 

Es scheint mir also eigentlich sinnvoll mehr Faktoren auch beim passiven Investment zu beruecksichtigen, allerdings ist die Transparenz der einzelnen Produkte ein echtes Problem. Aber diese Diskussion hat mir sehr geholfen mich zu orientieren und gibt mir eine Rechercherichtung, insofern vielen Dank an euch.

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sergejb

Was auch auffaellt ist das die nicht explizit als Faktor ETF beworbenen Indizes mit erhoehter Faktor exposure deutlich transparenter dokumentiert sind, zB. http://www.crsp.org/files/Equity-Indexes-Methodology-Guide_0.pdf

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