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Gast240416

Allgemeine und spezielle theoretische Betrachtungen, zB zu Renditeerwartung

Empfohlene Beiträge

Gast240416
· bearbeitet von Cef
Zitat

Seit geraumer Zeit existiert eine wissenschaftliche Debatte darüber, ob die Expected Utility Hypothesis nicht zu inadäquaten Modellen bei Entscheidungen unter Unsicherheit führt, die die Entscheidungswirklichkeit nicht hinreichend abbilden. Die Debatte dreht sich im Kern darum, dass in ökonomischen Problemen häufig nicht statistische Erwartungswerte, sondern Zeitmittelwerte entscheidend sind (z.B. bei Renditen arithmetisches Mittel vs. geometrisches Mittel). Bei nicht-ergodischen Problemen sind diese nicht identisch und führen zu unterschiedlichen Ergebnissen. Eine Alternative bietet eine neue Form der Ökonomie, die sogenannte Ergodicity Economics, die diese nicht-Ergodizität der Probleme versucht zu berücksichtigen.

Eine stationärer, d.h. zeitunabhängiger, Wahrscheinlichkeitsprozess mit unabhängigen Verteilungen der Ein-Periodenrenditen ist eine starke Simplifizierung des Mehr-Periodenmodells. In der Realität bzw. im Allgemeinen muss von einem nicht-stationären Nichtgleichgewichtsproblem, d.h. einem zeitabhängigen Wahrscheinlichkeitsprozess, ausgegangen werden mit genereller Abhängigkeit der Verteilung verschiedener Ein-Perioden. Möglicherweise könnten die Annahmen von Stationarität und Unabhängigkeit eine gute Annäherung für hinreichend lange Zeiträume darstellen, wobei ex-ante unklar ist, welchen Fehler diese Annahme produzieren wird und was hinreichend größe Zeiträume sein könnten (diese könnte man ggf. anhand historischer Daten abschätzen, wobei auch damit keine Sicherheit bezogen auf die Zukunft bestehen würde).

Konstante relative Risikoaversion ist eine idealisierte Annahme, die auf die meisten Menschen nicht zutreffen kann und wird. Menschen richten ihre Risikopräferenzen typischerweise u.a. an ihrer gegenwärtigen Lebenssituation aus, die oftmals nicht zeitstabil ist, weshalb auch die Risikoaversion im Allgemeinen als zeitabhängig angenommen werden muss.

Wer über Rationalität von Langzeitanlegern diskutieren möchte, muss immer erst ein genaues Modell und die zugrundliegenden Annahmen definieren.

 

(Editm

Und ein weiterer Beitrag:)

 

Zumindest bei einer zeitstabilen Renditeerwartung über einen gegebenen Beobachtungszeitraum könnte man logisch wie folgt argumentieren:
Annahme: Es existiert eine zeitstabile ex-ante Renditeerwartung in Form einer geometrischen Rendite für einen gegebenen zukünftigen Betrachtungszeitraum (die Höhe der Renditeerwartung und die Länge des Betrachtungszeitraums sind für die folgende Überlegung irrelevant).

Dann muss jede Abweichung der tatsächlichen Wertentwicklung von dieser Renditeerwartung im Zeitverlauf für eine veränderliche Renditerwartung für den Restzeitraum sorgen.

Man könnte natürlich argumentieren, dass zukünftige Informationen diese ex-ante Renditeerwartung über einen gegebenen Betrachtungszeitraum ex-post verändern würden und es damit zeitstabile Renditeerwartungen nicht geben kann. Aber eine konkrete geometrische Rendite wird jeder Betrachtungszeitraum im Rückblick aufgewiesen haben - nur möglicherweise ist diese in Form einer Renditeerwartung ex-ante nicht bekannt gewesen bzw. wurde ex-post von der Erwartung nicht richtig getroffen (wobei die Höhe der Renditeerwartung für die qualitative Argumentation keine Rolle spielt).

Das eigentliche Problem liegt allerdings woanders:
Wenn man das Problem tatsächlich als nicht-stationäres Nichtgleichgewichtsproblem begreift und die Verteilungsfunktion damit eine explizite Funktion der Zeit ist, dann ist es auch ex-post unmöglich die im Zitat oben beschriebene Annahme mathematisch zu beweisen, da jeder Zeitpunkt in der Realität nur einmal durchlebt wird. D.h. die Verteilung zu einem bestimmten Zeitpunkt auf Basis von ex-post Daten zu berechnen, ist unmöglich, da es nur einen Datenpunkt pro Renditeperiode gibt bzw. sich die Anfangsbedingungen in einem zeitabhängigen System kontinuierlich verändern.

Ich halte meine oben genannten rein qualitativen Einschätzungen dahingehend aber auch ohne mathematischen Beweis für intuitiv und plausibel.

Ausgelagert aus diesem Thread , geschrieben von @Glory_Days

 

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RoterZoro

Soll hier diskutiert werden oder ist das wieder ein Thread "keine Diskussion"?

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Diamantenhände

Diskussion, nur wenn sie dem Clown gefallen, weil Thema zu wichtig.

 

:narr:

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Theobuy
Am 8.1.2024 um 21:10 von Cef:

Expected Utility Hypothesis 

Nachdem ich die Tage das Buch zu LTCM gelesen habe, wo Victor Haghani und sein Verständnis der Welt auch porträtiert wird, und dann noch die RR-Folge mit ihm dazu nehme, habe ich den Eindruck, dass die EUH von denjenigen (Haghani zähle ich dazu) stammt, die von rationalen Märkten und vernünftig handelnden Akteuren auf selbigen ausgehen und irrationale Herdentrieb, emotionsgeleitete Spiralen etc. nicht hinreichend berücksichtigen. Im Fall von LTCM hat das in die Katastrophe geführt.

 

Soweit ich das bisher verstehe (gut auch das Buch zum Mythos rationaler Märkte inkl. der Intrigen zw. Wissenschaftlern), sind die finanzmathematischen Modelle noch recht weit von der Wirklichkeit entfernt, so dass ich mich nach ihnen nicht richten würde, sondern: bleibe demütig und investiere stumpf so passiv wie möglich in billige ETFs auf breite Indices.

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