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Erwartete Rendite von Anleihen

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stagflation
· bearbeitet von stagflation

In den letzten Monaten habe ich ein paar deutsche Unternehmensanleihen mit Restlaufzeiten um die 9 Jahre im IG-Bereich gekauft. Jetzt wollte ich die erwartete Rendite abschätzen - und überprüfen, ob sich Unternehmensanleihen überhaupt lohnen - oder ob ich nicht besser Bundesanleihen gekauft hätte.

 

Im Folgenden gehe ich davon aus, dass man die Rendite einer Anleihe in mehrere Komponenten zerlegen kann:

 

image.png.eeca00f5876b0c1b959c8a9d66c7c2ba.png

 

Die Rendite einer 9-jährigen Bundesanleihe liegt zurzeit bei 2,56%. Den aktuellen Feature- und Liquiditäts-Spread schätze ich bei großvolumigen europäischen Unternehmensanleihen ohne besondere Ausstattungsmerkmale auf 0,55%. Die aktuellen durchschnittlichen Credit-Spreads in Europa für Unternehmensanleihen schätze ich anhand der Daten von Comdirect (siehe hier) auf:

 

 Rating   Credit-Spread
--------+---------------
  AAA         0,00 %
  AA          0,00 %
  A           0,20 %
  BBB         0,37 %
  BB          1,35 %
  B           2,85 %
  C          10,95 %
  IG Ø        0,29 %

 

Jetzt würde ich gerne wissen, ob die Credit-Spreads das Ausfallrisiko abdecken. Ausfallwahrscheinlichkeiten für Unternehmensanleihen findet man auf Seite 53 des Dokuments von Standard & Poor’s Financial Services LLC.: "Default, Transition, and Recovery: 2021 Annual Global Corporate Default And Rating Transition Study" (Quelle).

 

 Rating   Ausfall-Wahr-
          scheinlichkeit
          9 Jahre
--------+----------------
  AAA         0,64 %
  AA          0,62 %
  A           1,01 %
  BBB         2,80 %
  BB         10,45 % 
  B          22,45 %
  C          50,48 %
  IG Ø        1,63 %

 

Gerd Kommer schreibt, dass bei einem Ausfall nicht das gesamte Geld verloren ist, sondern dass man bei Unternehmensanleihen im Schnitt ca. 35% zurückbekommt und bei Staatsanleihen im Schnitt ca. 60% (Quelle). Dieser Anteil wird Recovery Rate genannt. Bei Moody's habe ich für Unternehmensanleihen ähnliche Zahlen gesehen, wobei Moody's noch zwischen verschiedenen Anleiheklassen unterscheidet.

 

Mit diesen Zahlen können wir abschätzen, wie hoch der Credit-Spread für die Rating-Klassen sein muss, damit das Ausfallrisiko gedeckt ist. Wenn man die erwartete Rendite einer Anleihe berechnen will, kann man die Rendite um diesen Wert verringern.

 

Für die Berechnung gehe ich davon aus, dass man viele unterschiedliche Anleihen einer Rating-Klasse hält und dass der Credit-Spread so hoch sein muss, dass die zusätzlichen Zinseinnahmen der Anleihen, die nicht ausfallen, die Verluste der Anleihen abdecken, die ausfallen. Zinsen, die ausfallende Anleihen vor ihrem Ausfall noch einbringen, betrachte ich nicht. Ebensowenig Auf- und Abzinsung. Meine Rechnung ist eine grobe Abschätzung. Eine genauere Rechnung ist wesentlich komplizierter.

 

image.png.d8ecae3421e234a7bb6d19f4f86569cf.png

 

Rendite und erwartete Rendite kann man als Diagramm darstellen:

 

image.png.6dc3a5546ab40a4e3534207628430602.png

 

Fazit:

  1. Die Ausfallwahrscheinlichkeiten für AAA-, AA- und A-Unternehmensanleihen liegen für 9 Jahre bei oder unter 1%. Sie sind relativ niedrig.
  2. Die Liquiditätsprämie von 0,55% kann man sich holen, wenn man Unternehmensanleihen statt Bundesanleihen kauft. Insbesondere, wenn man vor hat, die Anleihen bis zur Endfälligkeit zu halten.
  3. Im IG-Bereich (AAA, AA, A, BBB) ist der Erwartungswert für die Rendite ungefähr gleich. Zwar steigt der Credit-Spread von AAA zu BBB etwas an - aber die Zusatzrendite wird im Wesentlichen dafür benötigt, Ausfälle abzudecken.
  4. Anders sieht es im Non-Investmentgrade-Bereich aus. Hier ist möglicherweise (!) im langjährigen Mittel eine höhere erwartete Rendite möglich. Ich vermute allerdings, dass meine naive Abschätzung in diesem Bereich einen größeren Fehler hat. Man müsste hier noch einmal genauer nachrechnen.

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stagflation
· bearbeitet von stagflation

Im zweiten Teil möchte ich folgende Anleihen untersuchen (Daten vom 7.8.2025):

 

image.thumb.png.4f41a9ef8c67a901226f661e7f0bdcf2.png

 

Anwendungsfall: ich möchte Geld für 9 Jahre in Anleihen anlegen. Sie dürfen etwas risikoreicher sein als Bundesanleihen, sollten aber im Investmentgrade-Bereich bleiben. Die Mahle-Anleihe gehört nicht dazu - ich habe sie dazugenommen, damit wir noch eine Anleihe mit BB-Rating haben zum Vergleichen haben.

 

Der erste Schritt ist eine formale Prüfung: sind die Anleihen an deutschen Börsen handelbar, kann man sie als Privatanleger kaufen, stimmt die Restlaufzeit, ist das Emissionsvolumen hoch genug, gibt es Geld- und Briefvolumen, ist der Spread hinreichend klein, usw.

 

Als nächstes kann man überprüfen, ob Rating und Rendite zusammenpassen. Das muss nicht immer der Fall sein. Beispielsweise kann das Rating schon älter sein - und der Markt hat mittlerweile eine andere Meinung. Es kann auch sein, dass das Rating stimmt, aber der Briefkurs zurzeit besonders hoch ist (zu teuer) oder besonders niedrig ist (=Schnäppchen). Das kann man überprüfen, wenn man sich die Kursentwicklung anschaut und/oder zu der Anleihe recherchiert.

 

Wenn man die Renditen der obigen Anleihen mit den derzeitigen Renditen der Rating-Klassen vergleicht (siehe erster Post), dann scheinen die ersten 6 Anleihen zu passen. Die Stellantis- und die Mahle-Anleihe haben eine zu hohe Rendite. Ich nehme an, dass es sich nicht um Schnäppchen handelt, sondern dass das Rating mittlerweile eine Stufe niedriger sein sollte. Für meine weiteren Berechnungen passe ich das Rating entsprechend an: Stellantis downgrade ich auf BB und Mahle auf B.

 

Im nächsten Schritt kann man die Ausfallwahrscheinlichkeit nachschlagen (siehe mein erster Post) und damit die erwartete Rendite berechnen:

 

image.thumb.png.0982718e8270f93b4dbe09ec86880701.png

 

Mit dieser Liste kann man die Anleihen vergleichen:

  1. Wenn man die Bundesanleihe wählt, bekommt man 0% Ausfallwahrscheinlichkeit und eine erwartete Rendite von 2,56%.
  2. Wenn man die Bahn-Anleihe wählt, ist die Ausfallwahrscheinlichkeit sehr gering (0,6%) und man bekommt eine erwartete Rendite von 3,1%. Das sind 0,54 Prozentpunkte mehr als bei der Bundesanleihe. Also durchaus eine Überlegung wert.
  3. Die EU-Anleihe und der Pfandbrief liegen dazwischen. Die Ausfallwahrscheinlichkeit beträgt 0% und die erwartete Rendite ist 2,91%.
  4. Mit der EnBW-Anleihe steigt das Ausfallrisiko auf 1% (was immer noch sehr niedrig ist) und die erwartete Rendite ist 3,4%. Also 0,8 Prozentpunkte mehr Rendite als die Bundesanleihe.
  5. In einer ähnlichen Liga spielt der iShares iBonds ETF. Hier beträgt die Ausfallwahrscheinlichkeit 1,6%. Das ist aber nicht die Ausfallwahrscheinlichkeit für den ETF, sondern für die enthaltenen Anleihen (im Schnitt). Der Fonds hält zurzeit 110 Anleihen. Es werden wahrscheinlich zwischen 0 und 4 Anleihen ausfallen. Dies führt zu einer Minderung der erwarteten Rendite um 0,12 Prozentpunkte. Da der Fonds auch noch Kosten von 0,12% hat, ist die erwartete Rendite um 0,24 Prozentpunkte kleiner als die auf der Homepage angezeigte YTM-Rendite.
  6. Die Stellantis- und die Mahle-Anleihe sind interessant, weil das Rating nicht mit den Markterwartungen übereinstimmt. Wenn man das Rating entsprechend anpasst, liegen beide im Non-Investmentgrade-Bereich. Die Ausfallwahrscheinlichkeiten sind mit 10% und 22% schon recht hoch. Sie sind also keine Alternativen zu der Bundesanleihe. Anmerkung: die erwartete Rendite für die Mahle-Anleihe ist wahrscheinlich zu hoch - bei der Berechnung in den obigen Tabellen verwende ich nur eine einfache Näherung.

Was bedeutet das für Privatanleger?

 

Wenn man nach dem risikoreich:risikoarm Modell anlegt, wird für deutsche Anleger empfohlen, für den risikoarmen Anteil Bundesanleihen mit einer maximalen Restlaufzeit von 3 Jahren zu verwenden. Mittlerweile hat sich die Zinskurve normalisiert und Anleger, die ihr Geld lange anlegen wollen (10 Jahre+), überlegen sich, ob sie nicht für einen Teil des risikoarmen Anteils Bundesanleihen mit längeren Restlaufzeiten wählen - und sich eine Leiter bauen. Ich will hier nicht das Für und Wider diskutieren. Aber: wenn man 9-jährige Bundesanleihen wählt, hat man zwar kein Ausfallrisiko - aber durchaus andere Risiken: überraschende Inflation, starke Kursschwankungen, wenn man vielleicht doch vorher verkaufen muss, usw.

 

Wenn man in diese Richtung denkt, kann man sich überlegen, ob man sich nicht einen Teil der Liquiditätsprämie holt, indem man in die EU-Anleihe oder den Pfandbrief investiert. Man kann sich auch überlegen, ein klein bisschen mehr Risiko zu akzeptieren (Ausfallwahrscheinlichkeit bis zu 1%). Dann könnte man in die Bahn- oder die EnBW-Anleihe investieren, und sich die 0,5 bzw. 0,8 Prozentpunkte zusätzliche erwartete Rendite holen.

 

Ob das sinnvoll ist, muss sich jeder selbst überlegen. Die Überlegungen werden jedoch einfacher, wenn man Ausfallwahrscheinlichkeiten und die erwarteten Renditen kennt. Deshalb dieser Post.

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supertobs
· bearbeitet von supertobs

Tolles Thema und sehr strukturiert angegangen! Endlich wieder inhaltlicher Mehrwert im WPF. Danke.

Freue mich auf Teil 2.

 

Ich habe gelesen, dass Ausfälle im Corporate-Bereich im Wesentlichen bei der Refinanzierung von Anleihen auftreten. Damit hättest Du schon erhebliche Zinsen bis zum Default und die Recovery-Rate wäre dann (wenn man die Zinsen in dem Faktor berücksichtigt) sogar noch besser.

 

Weiterhin emittieren Unternehmen überwiegend 5-Jährige Anleihen. Wie „typisch“ sind also 9-jähre MTN zu Kurzläufern? Vielleicht sind die Ausfallraten da unterschiedlich.

 

Was ist der Future-Spread?

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oktavian
vor einer Stunde von stagflation:

Gerd Kommer schreibt, dass bei einem Ausfall nicht das gesamte Geld verloren ist, sondern dass man bei Unternehmensanleihen im Schnitt ca. 35% zurückbekommt und bei Staatsanleihen im Schnitt ca. 60% (Quelle

 Seit 2021 gibt es z.B.  StaRUG in Deutschland. Bei individuellen Anleihen kann das nur ein ganz grober Anhaltspunkt sein .

 

vor einer Stunde von stagflation:

Anders sieht es im Non-Investmentgrade-Bereich aus. Hier ist möglicherweise (!) im langjährigen Mittel eine höhere erwartete Rendite möglich. Ich vermute allerdings, dass meine naive Abschätzung in diesem Bereich einen größeren Fehler hat. Man müsste hier noch einmal genauer nachrechnen.

Ich würde immer das Portfolio betrachten. Ich empfehle die Korrelation zu Aktien anzuschauen. 

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stagflation
· bearbeitet von stagflation

@supertobs: vielen Dank für das positive Feedback! Ich habe die 9-jährigen Anleihen gewählt, weil ich kürzlich welche gekauft habe. Mir ist in den letzten Tagen aber auch aufgefallen, dass die meisten Unternehmensanleihen kürzere Laufzeiten haben. Mein Beispiel für eine BB-Anleihe (die Mahle-Anleihe) läuft bspw. nur bis 2032. Ich habe keine liquide deutsche Unternehmensanleihe mit Rating BB und Fälligkeit 2034 gefunden.

 

Zu den Ausfallraten: in dem Standrad & Poor's Dokument (Link oben im ersten Post) werden die durchschnittlichen Ausfallraten für unterschiedliche Laufzeiten angegeben. Hier sind die Daten, die ich verwendet habe:

 

Als Diagramm:

 

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Als Tabelle:

 

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@Octavian: Du hast völlig Recht, dass meine Rechnung im ersten Post nur eine grobe Überschlagsrechnung für Rating-Klassen (und nicht für Einzel-Anleihen) ist. Die 35% bzw. 60% Recovery Rates sind nur grobe Durchschnittswerte. Wie @supertobs richtig schreibt, glaube ich aber, dass ich auf der richtigen Seite stehe: in der Realität passiert ein Ausfall nicht sofort, sondern erst später. Und bis dahin fallen noch Zinsen an, die ich nicht berücksichtige. In der Realität dürfte das Ergebnis also sogar noch etwas besser sein. 

 

Wenn man einzelne Anleihen betrachtet, sollte man die Konditionen von Credit Default Swaps für diese Anleihe betrachten. Wenn ich es richtig verstehe, gehen dort Ausfallwahrscheinlichkeiten und eine Abschätzung der individuellen Recovery-Rate ein.  Leider habe ich noch nicht herausgefunden, ob und wie man als Privatanleger an die Daten von CDS kommt.

 

Wenn Du schreibst "Korrelation zu Aktien betrachten", dann hast Du zwar Recht - aber das ist ein anderes Anlagemodell. Mir geht es darum, einigermaßen ausfallsicher Geld für 9 Jahre anzulegen - und die Frage, ob Unternehmensanleihen einen Vorteil gegenüber Bundesanleihen haben, welche Rating-Klasse man wählen sollte und welche Rendite man erwarten darf. Sobald man in den Non-Investmentgrade Bereich kommt, ist ein Vergleich mit Bundesanleihen kaum noch noch sinnvoll - und spätestens dann sollte man zur Portfolio-Theorie wechseln.

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Ramstein
· bearbeitet von Ramstein

Die total illiquide(sieht man schon am Briefkurs) 100.000er Stückelung Mahle GmbH passt m. E. nicht in einen solchen Vergleich.

 

Im Corporate Bereich gibt es durchaus längerlaufende Anleihen (Beispiel Apple), allerdings überwiegend USA, US$, Make Whole (und deshalb nicht mehr kaufbar).

 

Immer, wenn man "global" betrachtet, müsste man US$ und das Währungsrisiko einberechnen.

 

Ich betrachte es eher pragmatisch, habe allerdings auch nicht das Kriterium "9 Jahre sicher", sondern beobachte  meine Anleihen und verkaufe ggfls. auch, wenn ich zu viel Risiko für die Rendite sehe, oder attraktivere Angebote finde.

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Lazaros
vor 9 Minuten von stagflation:

Mir geht es darum, einigermaßen ausfallsicher Geld für ... Jahre anzulegen - und die Frage, ob Unternehmensanleihen einen Vorteil gegenüber Bundesanleihen haben, welche Rating-Klasse man wählen sollte und welche Rendite man erwarten darf. 

Wie immer Klasse gemacht von Dir. Dickes überfälliges Lob für deine ganze Arbeit hier im Forum. :thumbsup:

 

Obige Fragen für den US-Markt(!) findet man regelmäßig im Corporate Bonds: Mid-Year 2025 Outlook auf der Seite von Charles Schwab.

https://www.schwab.com/learn/story/corporate-bond-outlook 

Ich finde darin immer ein paar Ideen, auf was man achten sollte. Vielleicht hilft es dir auch ein wenig weiter.

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stagflation
vor 30 Minuten von Ramstein:

Die total illiquide(sieht man schon am Briefkurs) 100.000er Stückelung Mahle GmbH passt m. E. nicht in einen solchen Vergleich.

 

Okay, der Briefkurs von 202,92 ist ein Tippfehler. Es sollte 102,92 sein. Dann sieht es schon besser aus. Ich werde es oben gleich verbessern. Ich sehe die Mahle-Anleihe in keinster Weise als Alternative für eine Bundesanleihe - sie ist nur dabei, weil ich noch ein Beispiel aus dem BB-Bereich haben wollte.

 

vor 40 Minuten von Lazaros:

Obige Fragen für den US-Markt(!) findet man regelmäßig im Corporate Bonds: Mid-Year 2025 Outlook auf der Seite von Charles Schwab.

https://www.schwab.com/learn/story/corporate-bond-outlook 

Ich finde darin immer ein paar Ideen, auf was man achten sollte. Vielleicht hilft es dir auch ein wenig weiter.

 

Vielen Dank! Ich interessiere mich für die USA, auch wenn ich dort zurzeit nur über ETFs investiert bin. Ich habe die Seite zu meiner Link-Sammlung hinzugefügt.

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geldvermehrer
vor 13 Stunden von Lazaros:

Wie immer Klasse gemacht von Dir. Dickes überfälliges Lob für deine ganze Arbeit hier im Forum. :thumbsup:

Stimmt:thumbsup:

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LongtermInvestor

Danke für die Ausarbeitung.
 

Ein wichtiger Punkt sind hier Wechselkursrisiken , die wie eine zweite, unabhängige Risikoquelle zu sehen sind.


Bei Investment-Grade-Anleihen kann das Währungsrisiko den Spread-Effekt schnell „überstrahlen“. Bei High Yield dominiert meist das Kreditrisiko, aber für Investoren in anderen Währungen bleibt FX ein nicht zu unterschätzender Faktor.

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Amnesty
Am 9.8.2025 um 06:49 von stagflation:

In den letzten Monaten habe ich ein paar deutsche Unternehmensanleihen mit Restlaufzeiten um die 9 Jahre im IG-Bereich gekauft. Jetzt wollte ich die erwartete Rendite abschätzen - und überprüfen, ob sich Unternehmensanleihen überhaupt lohnen - oder ob ich nicht besser Bundesanleihen gekauft hätte.

@stagflation Ich bin – wie immer – begeistert von Deinem strukturierten und elaborierten Ansatz an die Fragestellungen heranzugehen! Ich freue mich darauf, in der weiteren Diskussion noch mehr zu lernen!

Ich hätte noch ein paar Verständnisfragen dazu:

Was genau möchtest Du mit der Ausfall-Wahrscheinlichkeit berechnen? Wenn sich die Wahrscheinlichkeiten über viele Anleihen und Zeiträume herausgebildet haben, müssten Sie für einen konkreten Zeitraum und eine begrenzte Auswahl an Anleihen doch nur ein grober Anhaltspunkt sein, oder? Zumindest wenn man auf einen Pfad begrenzt ist und auch das Ausfallrisiko nicht über viele Anleihen (wie bspw. auch bei einem iBond ETF) gestreut ist. Mit bspw. 1 Anleihe kann man Glück haben und streicht den vollen Spread ein (was bei BBB nicht unwahrscheinlich wäre) oder man hat Pech und der Verlust steht in keinem Verhältnis zur möglichen Mehrrendite. Oder sitze ich hier einem Denkfehler auf?

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stagflation
· bearbeitet von stagflation

@Amnesty: vielen Dank für Deinen Post. Ich habe mittlerweile den zweiten Teil fertiggestellt (2. Post von oben). Möglicherweise beantwortet er schon einen Teil Deiner Fragen.

 

Am 10.8.2025 um 22:05 von Amnesty:

Was genau möchtest Du mit der Ausfall-Wahrscheinlichkeit berechnen? Wenn sich die Wahrscheinlichkeiten über viele Anleihen und Zeiträume herausgebildet haben, müssten Sie für einen konkreten Zeitraum und eine begrenzte Auswahl an Anleihen doch nur ein grober Anhaltspunkt sein, oder?

 

Interessante Frage. Leider kann niemand in die Zukunft schauen. Deshalb können wir nicht wissen, was passieren wird. Mit Hilfe von Statistiken und Wahrscheinlichkeitsrechnung und der Annahme, dass sich die Zukunft so ähnlich entwickeln wird wie die Vergangenheit, können wir aber zumindest Wahrscheinlichkeiten ausrechnen. Und das ist doch viel besser als nichts! Selbst wenn die Wahrscheinlichkeiten nicht übermäßig genau sind.

 

Man könnte sagen: nur die Bundesanleihe ist sicher, deshalb kommt die Bahn-Anleihe nicht infrage. Wenn man aber den Rating-Agenturen glaubt, dass die Ausfallwahrscheinlichkeit der Bahn-Anleihe <1% ist und wenn man ausrechnet, dass die erwartete Rendite 0,5% höher ist, dann wird diese Anleihe doch interessant, oder? Natürlich kann sie trotz der geringen Wahrscheinlichkeit ausfallen. Für manche Anleger wäre das schlimm - diese sollten besser die Bundesanleihe wählen. Für andere vielleicht nicht - die sind möglicherweise mit der Bahn-Anleihe besser bedient.

 

Die Frage ist, wie man mit kleinen Wahrscheinlichkeiten umgeht? Insbesondere wenn man weiß, dass Menschen kleine Wahrscheinlichkeiten oft überbewerten (psychologische Falle, siehe Arbeiten von Kahneman und Amos).

 

Zitat

Zumindest wenn man auf einen Pfad begrenzt ist und auch das Ausfallrisiko nicht über viele Anleihen (wie bspw. auch bei einem iBond ETF) gestreut ist. Mit bspw. 1 Anleihe kann man Glück haben und streicht den vollen Spread ein (was bei BBB nicht unwahrscheinlich wäre) oder man hat Pech und der Verlust steht in keinem Verhältnis zur möglichen Mehrrendite. Oder sitze ich hier einem Denkfehler auf?

 

Vergleichen wir den iShares iBonds ETF mit der EnBW-Anleihe. Bei der EnBW-Anleihe gilt: 99% Wahrscheinlichkeit, dass es keinen Ausfall gibt und 1% Wahrscheinlichkeit, dass es einen Ausfall gibt. Der iShares iBonds ETF enthält 110 Anleihen. Die Ausfallwahrscheinlichkeit für jede Anleihe beträgt (im Schnitt) 1,6%. Die Wahrscheinlichkeit, dass alle Anleihen ausfallen werden, ist verschwindend gering. Aber die Wahrscheinlichkeit, dass mindestens eine Anleihe ausfällt, ist recht hoch. Man kann also davon ausgehen, dass man die YTM-Rendite auf der Homepage nicht erhalten wird. Bei der EnBW-Anleihe gilt also "alles oder nichts". Bei dem ETF: "ein paar Federn wird man lassen müssen, aber es sind wahrscheinlich nur wenige".

 

Eine Möglichkeit, diese beiden Anlageprodukte zu vergleichen, ist die erwartete Rendite. Sie ist ähnlich. Die EnBW-Anleihe kommt ein klein wenig besser weg - aber die Differenz ist zu klein, um einen eindeutigen Sieger zu küren. Hier würde ich mich eher fragen: könnte ich mit einem Ausfall der EnBW-Anleihe leben? Oder nicht?

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chirlu
Am 9.8.2025 um 06:49 von stagflation:

 


 Rating   Ausfall-Wahr-
          scheinlichkeit
          9 Jahre
--------+----------------
  AAA         0,64 %
  AA          0,62 %

 

Interessant, dass es da quasi keinen Unterschied gibt. Nach der Originalquelle gibt es den nur in den ersten zwei Jahren.

 

Hier noch ein kleiner Schreibfehler (AAA statt AA):

Am 9.8.2025 um 06:49 von stagflation:

Die Ausfallwahrscheinlichkeiten für AAA, AAA und A-Unternehmensanleihen

 

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