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Asset Allokation auf Basis Risikotoleranz, Risikotragfähigkeit und Risikobedarf ermitteln

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LongtermInvestor
· bearbeitet von LongtermInvestor

Vorab, inhaltlich wird hier in den nächsten Tag noch ergänzt.

 

Meiner Ansicht nach tauchen immer wieder Fragen auf, die die wichtigsten Ausgangsfragen überspringen oder für Anfänger unsystematisch und eher mit Bauchgefühl beantwortet werden. Die Fragen lassen sich nicht vollständig objektivieren, jedoch kann

man zur Orientierung auch auf Basis von frei zugänglichen Quellen ein grobes Konzept ermitteln, von dem Ausgehend eine persönliche Asset Allokation ermittelt werden kann.


Viele Anleger verlassen sich bei der Portfolioaufstellung allein auf ihre Risikotoleranz – also wie wohl sie sich mit Schwankungen fühlen. Doch das ist nur ein Teil des Bildes. Für eine robuste Asset Allokation braucht es drei Dimensionen:

 

1. Risikotoleranz (Fragebogen-Ergebnis):
Psychologische Bereitschaft, Schwankungen auszuhalten. Liefert meist ein Band (z. B. 40–60 % Aktien).

 

Frei zugänglich ist der Grable & Lytton Fragebogen verwendbar, stellenweise etwas “Outdated” aber in der Sache dennoch anwendbar. 

https://cafnr.missouri.edu/divisions/division-of-applied-social-sciences/research/investment-risk-tolerance-assessment/

 

33–47 Punkte → Hohe Risikotoleranz

29–32 Punkte → Überdurchschnittliche Risikotoleranz

23–28 Punkte → Durchschnittliche / Moderate Risikotoleranz

19–22 Punkte → Unterdurchschnittliche Risikotoleranz

0–18 Punkte → Niedrige Risikotoleranz

 

Diese Score kann man im nächsten Schritt auf mögliche Aktienquoten mappen. Dieses Mapping hier ist ein einfacher linearer Vorschlag. Andere Mappings sind möglich.

 

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Beispiel:

Anleger A erreicht 25 Punkte, also "durchschnittliche Risikotoleranz". Aktienquote 40-60%.

 

2. Risikotragfähigkeit:
Objektive finanzielle Möglichkeiten. Faktoren sind Vermögenshöhe, Einkommenssicherheit, Liquiditätsbedarf und Zeithorizont. Sie legt fest, wie viel Verlust man realistisch verkraften kann, ohne den Lebensstandard zu gefährden.

Im Detail ist dieser Part sehr vielschichtig, es gibt unterschiedliche Modelle und Ansätze. Für eine Operationalsierung kann man beispielsweise folgende Klusterung heranziehen, die seitens des CFA-Institute an Finanzberater herausgegeben wird.  Die möglichen Aktienbänder sind meine Ergänzungen, um diese Dimension zu konkretisieren. https://rpc.cfainstitute.org/sites/default/files/-/media/documents/survey/investment-risk-profiling.pdf

 

Wenn EINES der nachfolgenden Kriterien zutrifft, ist die Fähigkeit des Anlegers, Risiko zu tragen, NIEDRIG: Aktienquote 0-25%.

Zeithorizont ≤ 5 Jahre

Der erwartete und/oder laufende jährliche Liquiditätsbedarf beträgt ≥ 5 % des Portfoliowerts und es stehen keine externen Einkünfte oder Vermögenswerte (z. B. Arbeitseinkommen, Barreserven, Versicherungen) zur Verfügung, um im Notfall den Lebensstandard zu sichern.

 

Wenn ALLE der nachfolgenden Kriterien erfüllt sind, ist die Fähigkeit des Anlegers, Risiko zu tragen, HOCH: Aktienquote >60%.

Zeithorizont ≥ 10 Jahre

Der Anleger hat keinen erwarteten bzw. laufenden jährlichen Liquiditätsbedarf, der > 5 % des Portfoliowerts ausmacht

Ausreichende externe Einkünfte oder Vermögenswerte (z. B. laufendes Einkommen, Barreserven, Versicherungen) sind vorhanden, um im Notfall den Lebensstandard zu erhalten.

 

In allen anderen Fällen ist die Fähigkeit des Anlegers, Risiko zu tragen, MITTEL: Aktienquote 25-60%

 

Weitere Überlegungen im Detail dazu können sein:

1. Finanzielle Kapazität (Objektive Komponente)

Einkommen & Stabilität: Regelmäßiges, sicheres Einkommen vs. variable Einkünfte.

 

2. Vermögensverhältnisse: Größe des vorhandenen Kapitals im Verhältnis zum Anlagebedarf. Existenz eines Notgroschens.

Verbindlichkeiten: Höhe der Schulden (Kredite, Hypotheken) und deren Zinslast.

Monatliche Sparrate: Wie viel kann kontinuierlich zurückgelegt werden? 

Abhängige: Sind finanziell abhängige Personen (Kinder, Partner) vorhanden?

 

3. Zeithorizont (Objektive Komponente)

Frage: Über welchen Zeitraum kann das Kapital investiert bleiben? Bewertungskriterien:

Anlageziel & Fälligkeit: Kurzfristiger Wunsch (Auto in 2 Jahren) vs. langfristiges Ziel (Rente in 25 Jahren).

Lebensphase: junger Berufseinsteiger vs. Person kurz vor dem Ruhestand.

 

Lang (> 10 Jahre): Erlaubt das Aussitzen von Marktschwankungen.

Mittel (5-10 Jahre): Erlaubt moderate Schwankungen.

Kurz (< 5 Jahre): Kaum Spielraum für Verluste; Sicherheit hat Priorität.

 

Kategorisierung:

Hoch: Geringe Abhängigkeiten, hohes Einkommen/Vermögen im Verhältnis zum Bedarf, stabile finanzielle Situation.

Mittel: Stabiles Einkommen, überschaubare Verbindlichkeiten, angemessener Notgroschen.

Niedrig: Geringes Einkommen/Vermögen, hohe Verbindlichkeiten, unklare Einkommenssituation.

 

Beispiel:

Anleger A hat in den nächsten 10 Jahren keinen Liquiditätsbedarf, der 5% der Portfoliowertes übersteigt oder nicht aus anderen Quellen gedeckt werden kann. Hohe Risikofähigkeit. Aktienquote >60%.

 

 

 

3. Risikobedarf:

Welche Rendite wird gebraucht, um die eigenen Ziele zu erreichen? Wer mit 2 % Rendite auskommt, braucht keine 80 % Aktien. Wer dagegen 5 %+ Rendite benötigt, muss trotz konservativer Neigung mehr Aktien in Kauf nehmen.

 

Im Wesentlichen geht es hier um die Definition der Zeile und welche Rendite zur Erreichung notwendig sind.  Die Festlegung der Ziele sowie auf die erforderliche Rendite, die nötig ist, kann ein komplexer Prozess sein. Eine Orientierung kann beispielsweise anhand folgender Punkte erarbeitet werden:

 

-Wie lange der Anleger voraussichtlich erwerbstätig sein wird,

-Wie viel er jährlich sparen bzw. ausgeben möchte,

-Ob er einen Nachlass für die Familie oder eine gemeinnützige Einrichtung hinterlassen will.

-Die Schätzung der erforderlichen Rendite kann anhand erwarteter Marktrenditen ermittelt werden. Als Beispiel greife ich auf Durchschnittsrenditen gem. Kommer zurück: https://gerd-kommer.de/blog/bankguthaben-vermoegensaufbau/https://gerd-kommer.de/blog/buy-the-dip/

-Elaboriertere Ansätze sind hier natürlich möglich und sinnvoll.

 

Portfolio‑Zusammensetzung von Wachstums­anlagen, die zur Erreichung der Rendite‑Anforderung nötig sind (%):

Anteil an Wachstums­anlagen Risikobedarf‑Kategorisierung

< 30 %                                     NIEDRIG

30 % – 60 %                              MODERAT

> 60 %                                     HOCH

 

Beispiel:

Anleger A ist 35 Jahre alt und möchte bis zur Rente mit 67 Jahren ein Vermögen von 500k Euro aufbauen. Monatlich ist eine Sparleistung von 1k Euro möglich.

Dafür ein ein Realzinssatz von 1,6% notwendig.  

 

Renditeerwartungen:

Bankguthaben: 0,2%

MSCI World: 5,6%

 

Risikobedarf niedrig, Aktienquote 26 %.

 

Die optimale Aktienquote ergibt sich aus der Schnittmenge dieser drei Dimensionen:

Toleranz gibt das psychologische „Wohlfühlband“. Tragfähigkeit setzt die finanzielle Obergrenze. Bedarf definiert die Mindestquote für Zielerreichung. So entsteht ein Portfolio, das zur Psyche passt, finanziell tragbar ist und die Ziele realistisch erreichbar macht. Im obigen Beispiel bei Anleger A beträgt die Aktienquote  mindestens 26%.

 

 

 

Weiteres Beispiel:

Risikotoleranz moderat (40–60 % Aktien)

Tragfähigkeit hoch (>60 % Aktien möglich)

Bedarf hoch (mindestens 60 % Aktien erforderlich)
Endgültige Aktienquote: ca. 60 % Aktien

 

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Einschränkungen und Probleme

Diese Fragen lassen sich nie vollständig objektiv beantworten. Psychologische Faktoren, persönliche Ziele und Lebensumstände sind zu komplex, um sie mit einem Modell zu erfassen. Trotzdem können frei verfügbare Methoden und Fragebögen helfen, eine erste grobe Orientierung zu gewinnen. Diese Orientierung ersetzt keine individuelle Beratung, ist aber ein hilfreicher Startpunkt, um systematischer an die eigene Asset Allokation heranzugehen.

 

Dabei gibt es mehrere Einschränkungen und Probleme:

Subjektivität der Risikotoleranz

Fragebögen wie der von Grable & Lytton sind nützlich, aber stark vereinfachend. Sie messen in erster Linie das „Wohlfühllevel“ bei Schwankungen – nicht aber die realen finanziellen Spielräume. 

 

Komplexität der Risikotragfähigkeit

Einkommen, Vermögen, Zeithorizont und Liquiditätsbedarf sind nur grobe Dimensionen. In der Praxis spielen auch steuerliche Rahmenbedingungen, berufliche Unsicherheiten oder familiäre Verpflichtungen eine Rolle. Diese lassen sich nur eingeschränkt mit standardisierten Modellen abbilden.

 

Schwierigkeit beim Risikobedarf

Die Frage, „welche Rendite brauche ich, um meine Ziele zu erreichen?“, klingt einfach, ist aber hochkomplex. Sie setzt voraus, dass Ziele klar definiert und Renditeannahmen realistisch sind. Prognosen über Jahrzehnte sind naturgemäß unsicher, auch historische Renditen sind keine Garantie für die Zukunft.

 

Dynamik der Lebenssituation

Risikoprofile sind nicht statisch. Ein 30-Jähriger mit sicherem Job und wenig Verpflichtungen hat ein anderes Risikoprofil als derselbe Mensch mit 50, Hypothek und zwei Kindern. Die Asset Allocation muss also regelmäßig überprüft und angepasst werden.

 

Gefahr der Scheingenauigkeit

Ob die optimale Aktienquote nun bei 58 % oder 62 % liegt, ist letztlich weniger entscheidend. Wichtiger ist, dass die drei Dimensionen (Toleranz, Tragfähigkeit, Bedarf) überhaupt bewusst durchdacht und sinnvoll balanciert werden.

 

Ziel dieses Beitrags ist es daher nicht, eine endgültige, „perfekte“ Asset Allokation zu präsentieren, sondern eine Orientierungshilfe: ein Modell, das psychologische Faktoren, finanzielle Tragfähigkeit und Zielerreichung zusammenführt – und so einen deutlich besseren Ausgangspunkt bietet als reines Bauchgefühl oder der absolute Maximierungsansatz.

 

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xfklu
vor 17 Minuten von LongtermInvestor:

Risikotoleranz moderat (40–60 % Aktien)

...
Endgültige Aktienquote: ca. 60–65 % Aktien

Was soll die ganze Herleitung, wenn am Ende die Schnittmenge willkürlich nach oben erweitert wird? Da sind wir doch wieder beim Bauchgefühl, das eigentlich vermieden werden solle.

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Sapine

Theoretisch besteht die Schnittmenge in Deinem Beispiel aus genau einem Punkt: 60 %. 

 

Aber dennoch guter Ansatz, der versucht etwas mehr Objektivität hinein zu bekommen. Die Quintessenz wäre hier, dass die persönliche Risikotoleranz kritisch ist, um das Ziel zu erreichen. 

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LongtermInvestor
· bearbeitet von LongtermInvestor
vor 2 Minuten von xfklu:

Was soll die ganze Herleitung, wenn am Ende die Schnittmenge willkürlich nach oben erweitert wird?

Bitte hier um etwas Geduld, die Inhalte dazu folgen noch und danke für den Hinweis.

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Stoiker
vor 8 Minuten von LongtermInvestor:

Bitte hier um etwas Geduld, die Inhalte dazu folgen noch und danke für den Hinweis.

Oh, sehr spannend. Danke für Deine Initiative! 

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leoluchs

So ein Ärger!

Meine Risikotoleranz liegt im durchschnittlichen Bereich, was mir mein Bauchgefühl auch so mitteilt. Ich hoffe, dass es deine Ergänzungen erlauben, endlich "all in" zu gehen.:narr:

Im Ernst: das kann ein prima Faden werden. Danke für den Ansatz.

 

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Sapine

Bei mir kommt genau das raus, was ich auch gedacht hätte. Hohe Risikotoleranz. Finde die Befragung aber nicht ganz einfach. Für Anfänger ohne tiefere Englischkenntnisse eigentlich unmöglich. 

 

kann gerne weg im Sinne einer Fadenhygiene ;)

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Der Heini
vor 22 Minuten von Sapine:

Bei mir kommt genau das raus, was ich auch gedacht hätte. Hohe Risikotoleranz. Finde die Befragung aber nicht ganz einfach. Für Anfänger ohne tiefere Englischkenntnisse eigentlich unmöglich. 

 

Bei mir auch, hoher Score. Aber manche Fragen musste ich erst sicherheitshalber übersetzen lassen. Ist halt sehr US-Amerikanisch.

Wer aber noch nicht lange dabei ist, kann die Fragen eigentlich nicht sicher beantworten. 

vor einer Stunde von LongtermInvestor:

2. Risikotragfähigkeit:
Objektive finanzielle Möglichkeiten. Faktoren sind Vermögenshöhe, Einkommenssicherheit, Liquiditätsbedarf und Zeithorizont. Sie legt fest, wie viel Verlust man realistisch verkraften kann, ohne den Lebensstandard zu gefährden.

 

3. Risikobedarf:

Welche Rendite wird gebraucht, um die eigenen Ziele zu erreichen? Wer mit 2 % Rendite auskommt, braucht keine 80 % Aktien. Wer dagegen 5 %+ Rendite benötigt, muss trotz konservativer Neigung mehr Aktien in Kauf nehmen.

Risikotragfähigkeit ist ja auch eine Frage der Anlageform. Wer in wenige Einzelaktien investiert, muss mit 100% Verlust rechnen können. Bei diversifizierten Aktien-ETFs würde ich keine 100% Verlust annehmen, maximal 50-70%, je nachdem wie lange man es aussitzen kann.

 

Risikobedarf sehe ich auch anders, da FOMO immer mit hereinspielt. Dazu kommt, warum sollte ich mit 2% zufrieden sein, wenn ich meinen Lebensstandard im Alter bei 5% erhöhen kann und (eventuell) auch höhere Sicherheit habe?

 

Die Idee ist ja nicht schlecht, aber man kann subjektive Dinge (Bauchgefühl) einfach nicht sicher in objektive Maßstäbe verwandeln.

vor 30 Minuten von Sapine:

kann gerne weg im Sinne einer Fadenhygiene ;)

Würde den Faden erstmal stehen lassen, aber nicht als wissenschaftliche Auswertung, sondern zur Unterhaltung. Da haben wir unnötigere Diskussionsfäden.

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Rotenstein

Ein wichtiges Thema! Viel wichtiger als so manch andere heiss diskutierte Themen (dieser oder jener ETF; ausschüttend oder thesaurierend; wie nutze ich den Sparerpauschbetrag optimal?). 

 

Was die Risikotoleranz angeht, ist ein Aspekt, der zu wenig beachtet wird, die Tatsache, dass man diese auch lernen kann, indem man sich informiert und praktisch herantastet. Wenn man in seinen Zwanzigern ist und noch mehrere Jahrzehnte bis zur Rente hat, sollte man nicht vor lauter Angst das Geld auf dem Tagesgeldkonto verschimmeln lassen, sondern besser an seiner Angst arbeiten. 

 

Was die Risikotragfähigkeit angeht, ist ein häufiges Problem bei jüngeren Leuten die Frage des Immobilienwunsches. Ich sehe oft, dass nicht in Aktien investiert wird, weil man das Geld sicher für einen eventuellen Immobilienerwerb bereithalten möchte. Das ist zwar grundsätzlich richtig und in Ordnung, bei vielen aber bleibt es beim Wunsch, und sie haben am Ende weder eine Immobilie noch eine erfolgreiche Aktienanlage, sondern nur Inflationsverluste. Man muss sich also möglichst früh darüber klar werden, was man möchte, und das dann auch konsequent durchziehen. 

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Sapine

Je nach Naturell kann es passieren, dass man mit höherem Risiko einsteigt und feststellt, dass man das nicht aushält (Beispiel dürfte bekannt sein). Dann schlägt das Pendel in die andere Richtung. Man muss sich informieren und dem Kopf die Regie überlassen in Krisenzeiten und nicht dem Bauch. Und auch ich bin überzeugt davon, dass man sich an das Risiko gewöhnen kann. Genauso wie man sich beim Autofahren an Geschwindigkeiten gewöhnt. Diesen bewussten Prozess der Gewöhnung und Anpassung schafft aber nicht jeder. Wer jung genug anfängt mit Aktien, kann sich dem Thema langsam nähern und allmählich austesten. Wer erst mit Mitte 40 feststellt, dass er die Altersvorsorge vergessen hat, befindet sich in einer deutlich unkomfortableren Situation. 

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PapaPecunia
vor 2 Stunden von LongtermInvestor:

Psychologische Bereitschaft, Schwankungen auszuhalten. Liefert meist ein Band (z. B. 40–60 % Aktien).

 

Frei zugänglich ist der Grable & Lytton Fragebogen verwendbar, stellenweise etwas “Outdated” aber in der Sache dennoch anwendbar. 

https://cafnr.missouri.edu/divisions/division-of-applied-social-sciences/research/investment-risk-tolerance-assessment/

Sehr spannend, Danke für den Hinweis! Dürfte auch für etwas erfahrenere Anleger ein interessanter Einblick sein.

Ich persönlich bin von meiner "Natur" her und privat eher risikoavers. Hier tauche ich (wenn auch knapp) bei den leicht überdurchschnittlich Risikotoleranten auf. Das ist neben veränderter Marktlage (der Fragebogen ist von 1999) vor allem meiner persönlichen Entwicklung in Finanzdingen zuzuschreiben. 

 

vor 55 Minuten von Der Heini:

Risikobedarf sehe ich auch anders, da FOMO immer mit hereinspielt. Dazu kommt, warum sollte ich mit 2% zufrieden sein, wenn ich meinen Lebensstandard im Alter bei 5% erhöhen kann und (eventuell) auch höhere Sicherheit habe?

Das ist ja das spannende an der Finanzpsychologie, dass bei manchen FOMO jedes (oder zumindest sehr viel) Risikobewusstsein wegwischt während andere wie vernagelt auf das Risiko schauen.

 

vor 19 Minuten von Rotenstein:

Was die Risikotoleranz angeht, ist ein Aspekt, der zu wenig beachtet wird, die Tatsache, dass man diese auch lernen kann, indem man sich informiert und praktisch herantastet. Wenn man in seinen Zwanzigern ist und noch mehrere Jahrzehnte bis zur Rente hat, sollte man nicht vor lauter Angst das Geld auf dem Tagesgeldkonto verschimmeln lassen, sondern besser an seiner Angst arbeiten. 

 

Das kann ich aus meiner eigenen Biographie heraus nur bestätigen! Bei mir musste schon einiges (niedrige Zinsen, persönliches Umfeld) zusammen kommen, bis ich mich überhaupt mit Aktien beschäftigt habe. Wäre ich dann in einem bestimmten Umfeld gelandet (Mischfonds-Sparer), dann hätte ich das wahrscheinlich bis an mein Lebensende so durchgezogen. Umgekehrt hätte ich wahrscheinlich auch schnell wieder Abstand genommen, wenn ich in einem Hebelzertifikate-Forum gelandet wäre.

 

vor 19 Minuten von Rotenstein:

Was die Risikotragfähigkeit angeht, ist ein häufiges Problem bei jüngeren Leuten die Frage des Immobilienwunsches. Ich sehe oft, dass nicht in Aktien investiert wird, weil man das Geld sicher für einen eventuellen Immobilienerwerb bereithalten möchte. 

War übrigens auch bei mir der Grund, lange nicht aktiv zu werden.

 

Aus persönlicher sowie Forenerfahrung ist mir zum Thema Risikotragfähigkeit aber noch aufgefallen, dass viele Personen das etwas falsch einschätzen:

Eher vorsichtige Personen (aber nicht sehr vorsichtige Personen) unterschätzen meist, was sie an Risiko tolerieren

Und dann habe ich immer mal wieder so einen Typ (war bei mir immer ein Mann) kennengelernt, der sich selbst für recht Risikotolerant hält. in Wahrheit aber eher unterdurchschnittlich risikotolerant ist.

Ich selber bin auch stockpicker, rate aber Neulingen maximal zu einer core-satellite Strategie. Dieser Typus hört sich das an und entscheidet sich dann in eine Handvoll Einzelaktien, darunter viel Tech zu gehen. Bei der ersten etwas auffälligeren Marktbewegung nach unten verkauft er dann einen Teil der Aktien, geht aber trotzdem nicht auf die ETF-Strategie sondern bleibt entweder passiv oder geht auf etwas weniger riskante Einzelwerte. Und wiederholt diesen Zyklus dann ggf. mehrere Male.

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LongtermInvestor

Besten Dank für die bisherigen Anmerkungen und Hinweise. Wie erwähnt werden die Ausführungen in den kommenden Tagen ergänzt und auch mit möglichst plakativen Beispielen unterlegen. Dafür sind eure Anmerkungen sehr hilfreich und interessant.
 

Wichtig in dem Kontext - es wird natürlich nie alle Besonderheiten abdecken und soll auch nicht so verstanden werden. Damit soll im Ergebnis eine mögliche strukturierte Vorgehensweise dargestellt werden, die eine Hilfe zum Definieren einer Asset Allokation sein kann.

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Conker

Interessanter Ansatz. Bei mir kam das heraus, was ich ohnehin praktiziere. Hohes Risiko. 

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Fetz

Mir fehlt hier noch eine ganze Dimension:

Erfahrung und finanzielle Bildung und damit einhergehend die Veränderung im Laufe des Lebens.

 

Das Problem ist imho: 

Selbst wenn ich rein technisch die drei Parameter verwende um eine einigermaßen belastbasre Auskunft zu bekommen

(die ich dann in eine Asset-Allokation umsetzen will):

Was ist wenn sich meine Wahrnehmung unter einem neuen Narrativ verändert?

Ich halte also wenig von diesen Fragebögen alleine.

 

Sehr hörenswert und umfassend wird das Thema hier besprochen:

Rational Reminder Folge 343

 

Imho die beste Zusammenfassung des Themas überhaupt.

 

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Nachdenklich
vor 2 Stunden von Rotenstein:

Was die Risikotragfähigkeit angeht, ist ein häufiges Problem bei jüngeren Leuten die Frage des Immobilienwunsches. Ich sehe oft, dass nicht in Aktien investiert wird, weil man das Geld sicher für einen eventuellen Immobilienerwerb bereithalten möchte. Das ist zwar grundsätzlich richtig und in Ordnung, bei vielen aber bleibt es beim Wunsch, ....

Ich lese hier im Forum immer wieder, daß man, wenn man denn eine Immobilie möchte, möglichst nicht in Aktien investieren sollte.

Auch wenn ich die dahinter stehende Logik verstehe, habe ich sie aber auch in meinen jungen Jahren nicht geteilt.

Nach meiner damaligen Beurteilung, war es unrealistisch zu hoffen, daß ich bei risikoarmer und damit renditeschwacher Anlage einen signifikanten Eigenkapitalanteil ansparen könnte, da die Immobilienpreise sich immer weiter nach oben bewegten. Der Wunsch, eine Immobilie zu erwerben, verringert m.E. nicht die Risikotragfähigkeit sondern erhöht den

vor 4 Stunden von LongtermInvestor:

Risikobedarf:

Wenn sich das Risiko der risikobehaftete Anlage dann realisiert hätte, dann wäre es eben nichts mit dem Immobilienwunsch geworden, der ja meist in der Ansparphase ohnehin noch eher vage ist.

Aus einem diffusen Immobilienwunsch wird doch meist erst mit steigendem Eigenkapital und mit beruflicher und familiärer Konsolidierung ein konkretes Vorhaben. Erst dann sollte man meiner Auffassung nach für kurze Zeiträume von den risikobehafteten aber renditestarken Anlageklassen auf die risikoärmeren Anlagen wechseln.

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stagflation
vor 10 Minuten von Nachdenklich:

Ich lese hier im Forum immer wieder, daß man, wenn man denn eine Immobilie möchte, möglichst nicht in Aktien investieren sollte.

...

Aus einem diffusen Immobilienwunsch wird doch meist erst mit steigendem Eigenkapital und mit beruflicher und familiärer Konsolidierung ein konkretes Vorhaben. Erst dann sollte man meiner Auffassung nach für kurze Zeiträume von den risikobehafteten aber renditestarken Anlageklassen auf die risikoärmeren Anlagen wechseln.

 

Ich glaube, dass das auch so gemeint ist. Wenn man demnächst eine Immobilie kaufen will (und schon auf der Suche ist), dann sollte man nicht in stark Aktien investiert sein. Es wäre doch blöd, wenn man seine Traumimmobilie findet - und dann nicht kaufen kann, weil es letzte Woche einen Börsencrash gab.

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stagflation
vor 5 Stunden von LongtermInvestor:

Frei zugänglich ist der Grable & Lytton Fragebogen verwendbar, stellenweise etwas “Outdated” aber in der Sache dennoch anwendbar. 

https://cafnr.missouri.edu/divisions/division-of-applied-social-sciences/research/investment-risk-tolerance-assessment/

 

Der Test ist interessant und gut. Bei mir kam "Durchschnittlich" raus. Ein paar der Fragen hätten direkt von Kahneman und Tversky sein können (und stammen wahrscheinlich auch aus dieser Ecke).

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Lazaros
· bearbeitet von Lazaros
vor 1 Stunde von Nachdenklich:

Auch wenn ich die dahinter stehende Logik verstehe, habe ich sie aber auch in meinen jungen Jahren nicht geteilt.

Nach meiner damaligen Beurteilung, war es unrealistisch zu hoffen, daß ich bei risikoarmer und damit renditeschwacher Anlage einen signifikanten Eigenkapitalanteil ansparen könnte,

Auch wenn deine Betrachtung auf den ersten Blick logisch ist (und auch von Experten häufig in jungen Jahren für hohes Risiko plädiert wird), so halte ich sie intuitiv für falsch.

 

Annahme: Dir bleiben monatlich 1500€ zum Investieren für 10 Jahre

- konservativ mit 2% p.a. -> Endsumme 196.000€ (nach Steuern)

- riskant mit 6% p.a. -> Endsumme 228.000€ (nach Steuern)

-> Differenz: 32.000€ oder 21 Monatssparraten

 

Rechner: https://www.zinsen-berechnen.de/sparrechner.php

 

PS 

Selbiges Ergebnis von 228.000€ wäre mit 2% p.a. konservativ und sicher planbar erzielbar, wenn du die Sparrate um 16% (250€) auf monatlich 1750€ erhöhst.

 

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Puppi
· bearbeitet von Puppi

@LongtermInvestor

Könnte ein echt guter Thread werden:thumbsup:.

Mal sehen, in welche Richtung das so läuft.

 

Ich finde, dass das Thema viel schwieriger ist als wir vermutlich meist glauben...und zwar in allen drei Dimensionen.

Meine Begründungen gebe ich gerne ab, weise aber darauf hin, dass ich eher keine konkreten Tipps geben kann, um "das Problem" zu lösen. Eher möchte ich Denkanstöße geben samt Punkten, an die vielleicht nicht jeder sofort denkt. Wenn das dann hilft, leichter eine Lösung für sich zu finden / ein Konzept zu erarbeiten, dann hat es schon ein bisschen etwas gebracht.

 

Risikotoleranz

Nicht das erste Mal möchte ich diesen Link hier noch einfügen, weil ich ihn einfach immer noch sehr empfehlenswert finde:

https://www.bogleheads.org/wiki/Risk_tolerance

Börse und Geldanlage ist nicht nur meiner Meinung nach einfach sehr viel Psychologie. Wäre es anders, würde es keine Crashs geben, keine hohe Volatilität bei Aktien und keine Angst, keine Gier, keinen Herdentrieb, keinen Drang, ständig sein Depot zu "optimieren"/zu hinterfragen (das WPF selbst samt seiner User ist auch ein Beispiel dafür, wie sehr unser Hirn uns verführt).

 

Warum es so schwer ist, seine "ideale Risikotoleranz" zu finden, ergibt sich schon aus der naiven Tatsache, dass jeder Mensch anders ist (unterschiedliche emotionale Verfassung z.B.) und....(das ist sehr wichtig)....diese emotionalen Verfassungen je nach Lebenssituation, Verlauf des Lebens....sogar fast täglich (!) schwanken kann (Jason Zwei betont das in seinem Buch "Your money and your brain" bzw. deutsche Version "Gier" explizit).

Zusätzlich wird unsere Risikotoleranz auch immer mal wieder auf die Probe gestellt aufgrund anderer Menschen und deren Verhalten/Einfluss. Das ist unterbewusst, aber nicht verwunderlich, wenn man erkennt, wie sehr auch im Alltag unsere Entscheidungen/unsere Gefühl auf die Probe gestellt werden aufgrund des Verhaltens anderer Menschen.

 

Ich gebe keine Empfehlung, wie man seine Risikotoleranz am besten herausfindet oder justiert. Vielleicht ist es aber sinnvoll, erstens brutal ehrlich zu sich selbst zu sein und regelmäßig zu versuchen, sich immer neu zu hinterfragen. Dieses regelmäßige Hinterfragen kann auch eine Art Training sein, um die Toleranz stückweise nach oben zu schrauben. Sie kann aber auch als Ergebnis haben, sie nach unten anzupassen, wenn es denn nötig ist (ein Beispiel kann z.B. ein Schicksalsschlag sein/ein mental sehr belastendes Ereignis wie z.B. eine Scheidung - in so einem Zustand seine Risikotoleranz neu nach unten zu justieren, ist nicht dumm, sondern klug, denn wenn das Kartenhaus schon wackelt, muss man nicht noch Wind aushalten, sofern er nicht nötig ist).

 

So oder so sollte jedem klar sein:

Wer seine Risikotoleranz überschätzt, läuft Gefahr, am Ende noch schlechter dazustehen als wenn er zu wenig Rendite generiert hat. Geht es schief, stürzt man sich in eine neue, noch viel schlechtere Ausgangslage, die es, wenn es blöd läuft, unmöglich macht, auch nur annähernd wieder aus diesem Loch zu kommen. Ich rede das nicht nur so daher, um Angst zu machen - ich habe es (vielleicht im Gegensatz zu vielen anderen hier) 2008/2009 live miterlebt im Bekanntenkreis. Es ist absolut nicht zu unterschätzen, welche "negativen Kräfte" in Menschen erzeugt werden, wenn mehrere "blöde Dinge" zusammenkommen (dazu gleich mehr in nächsten Dimensions-Punkt). Selbst einige hartgesottene, erfahrene Anleger brachen damals ein und zwar dermaßen, wie sie es mental nie für möglich gehalten hatten.

Es gibt hier einige alte User im Forum, die ähnliches berichten können an Erfahrung. Es wäre schön, wenn diese sich hier auch noch einklinken. Namen will ich nicht erwähnen.

 

Risikotragfähigkeit

Vermutlich kann man diesen Punkt noch am ehesten "berechnen" oder sagen wir mal abschätzen, sofern die Kerndaten einigermaßen stabil und bekannt sind. Wer jünger ist, wird sich schwerer tun, weil das Leben nicht so planbar ist wie man oftmals gerne hätte. Menschen ändern ihre Meinungen, ihre Ziele, ihre Lebensansichten und dann geht es nicht mehr nur darum, ob man plötzlich doch eine Immobilie will oder merkt, dass der ehemals gewählte Job nicht das Richtige ist etc. Es gibt so vieles, was einem die Justierung dieses Punktes dann doch wieder schwerer macht.

 

2008/2009 kannte ich Leute, denen es ziemlich am Tiefpunkt der Krise ihre gesamte Planung in den beiden Dimensionen "Risikotragfähigkeit" und "Risikotoleranz" zusammen zerlegt hat. Es mag selten passieren - das streite ich gar nicht ab, aber wenn es passiert wie damals, sind Jobs, die bisher angeblich sicher waren, plötzlich unsicher oder weg. Wenn das Einkommen wegbricht, man z.B. Familie hat und es in der eigenen Branche auf Jahre schwer ist, eine neue Stelle zu bekommen, wackelt der Risikotragfähigkeitsplan dann doch gewaltig und muss komplett neu bewertet werden bzw. stellt sich als falsch heraus. Genau das führt dann auch dazu, dass Stress entsteht, Unsicherheit und Angst. So kommt es dann, dass das eine ins andere greift und auch die Risikotoleranz schlagartig anders wird, weil sich Dinge geändert haben, die zuerst angeblich als planbar und berechenbar galten. Wenn Pläne sich als falsch entpuppen oder Umstände entstehen, die Pläne zunichte machen, werden Menschen oft sehr nervös und unsicher. So hängt das eine also schon immer auch vom anderen ab und greift ineinander.

Diese Beschreibungen wirken auf einige sicher abstrus und vollends übertrieben. Das liegt aber daran, weil diese Szenarien mittlerweile schon sehr lange her sind und die meisten WPFler einfach zu jung sind (das Forum ist nur ca. 20 Jahre alt und als die Finanzkrise um sich schlug, waren viele vermutlich noch im Grundschulalter oder gerade erst im Berufsstart ohne große Investitionssummen - das bitte nie vergessen! - Es gab seit 2009 keine wirklich heftige Krise mehr!).

 

Dann kannte ich aber auch Leute, die im Tief der Finanzkrise begonnen haben, Aktien zu kaufen (teils überhaupt erst zum ersten Mal im Leben). Diese profitierten natürlich davon, im Tief eingestiegen zu sein. 

Die große Frage war später, ob ihnen klar war, dass ihr späteres, gutes Vermögen, hauptsächlich auf purem Glück aufgebaut war und nicht auf "Wissen/Können/Talent" etc. Mit einigen habe ich noch Kontakt und teils sehe ich, dass es verstanden wurde, manchmal aber auch nicht. Der Unterschied ist aber ohne Zweifel sehr von Bedeutung und könnte noch Folgen haben.

 

Risikobedarf

Was kann man steuern im Leben?

Wir können steuern, wie lange wir arbeiten (bis zu einem gewissen Maß und je nach Job, sofern die Gesundheit uns keinen Strich durch die Rechnung macht).

Wir können steuern, wie wir konsumieren und wie viel Luxus wir möchten.

Wir können auch unsere individuelle Inflationsrate bis zu einem gewissen Punkt beeinflussen. Ich will das nicht umfangreich ausführen, weil das sonst OT gehen würde, aber wer sich mal ansieht, wie die offizielle Infl.Rate berechnet wird samt Warenkorb, der kann sich vielleicht vorstellen, dass jemand, der nicht abhängig ist von Miete und z.B. Energie schon ziemlich andere Daten erzeugt als immer pauschal angenommen wird). Die Art des individuellen Warenkorbs/Lebensstils hat viel mehr Einfluss auf die tatsächliche, persönliche Inflation als viele glauben. Daher ist es auch eher gefährlich, sich pauschal die offizielle Inflation als Übermonster und Endgegner ins Hirn zu nageln. 

 

Was wir im Gegensatz zu unseren Ausgaben/unserem Lebensstil/unserer Arbeitskraft etc nicht steuern können (auch wenn einige das glauben) sind die Real-Renditen unserer Geldanlage und das umso weniger, je mehr Risiko wir eingehen (es ist logisch, da dieser Punkt von anderen Menschen (sozusagen "von außen") beeinflusst wird und nicht von uns selbst. Man sollte immer im Hinterkopf behalten, dass es keine gesichert hohen Realrenditen gibt ohne ein Risiko. Risiko bedeutet, dass es sein kann, dass es nicht so kommt wie man hofft oder auch benötigt. Selbst die Historie langfristiger Aktienmarktrenditen hilft uns wenig. "Langfristig" ist ein dehnbares Wort. Was zählt, ist nur das, was in unserem jeweiligen, individuellem Anlagezeitraum am Ende hängen bleibt nach Kosten und Steuern. Unser individueller Anlagezeitraum ist aber weder 100 Jahre Aktienhistorie mit durchschnittlichen .... % Realrendite. Es ist auch nicht eine "erwartbare Rendite von .... %". Es ist das, was uns überspitzt gesagt der Zufall liefert. Das muss jedem klar sein. Selbst Szenarien und Renditen, die es noch nie gab, können für uns individuell möglich sein. Wahrscheinlichkeiten und lange Anlagezeiten helfen uns - keine Frage. Eine Garantie oder gar sehr hohe Sicherheit gibt es aber trotzdem nicht. Jeder hier hat nur eine Chance. Geht die schief, gibt es kein "zurück auf Los samt zweitem Versuch". Daher wird in guter Literatur immer wieder so viel wert darauf gelegt, zu betonen, dass es nicht das Gleiche ist, ein hohes Vermögen aufzubauen und ein hohes Vermögen zu erhalten/nicht wieder in den Sand zu setzen.

 

Letztendlich gilt es also, für sich herauszufinden, was benötigt wird, um bis zum Lebensende (Erbschaft etc) so viel anzuhäufen, dass "es reicht". "Es reicht" ist auch ein sehr dehnbarer Begriff. 

Das nächste ist: Wie genau kann man das berechnen? Ich weiß, dass viele sich auch hier im WPF unfassbar viel den Kopf zerbrechen mit Zahlen, Daten zu Entnahmeraten usw. Alles schön und gut (irgendwie muss man ja versuchen, eine Annäherung zu erschaffen), aber es ist und bleibt schwer bis sehr unsicher. Zu viele Variablen sind sehr unsicher. 

Es mag blöd klingen, aber ich für mich/bzw. meine Frau und ich halten uns an zwei Kernsätze:

 

1. Mehr Risiko zu gehen als nötig (=mehr Geld anhäufen zu wollen als nötig) ist ein Fehler, denn dann steht das Risiko nicht mehr im Verhältnis zu mehr Lebensqualität.

 

2. Egal, was kommt - es wird sich immer eine Lösung finden, um nicht arm zu sterben/in totaler Armut zu leben (wir sind hier immer noch in Deutschland und auch wenn viele hier immer jammern - wer mal auf der Welt herumgekommen ist, wird wissen, warum ich das so betone).

 

Ich freue mich auf eine spannende Diskussion und hoffentlich auch einige gute Tipps (wobei ich nach wie vor sage, dass das ultraschwer ist und es die pauschale Lösung/Regel nicht geben kann).

Ich bin sicher, dass ich auch noch einiges lernen und mitnehmen kann aus diesem Thread.

:prost:

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monstermania
vor 18 Stunden von Lazaros:

Auch wenn deine Betrachtung auf den ersten Blick logisch ist (und auch von Experten häufig in jungen Jahren für hohes Risiko plädiert wird), so halte ich sie intuitiv für falsch.

 

Annahme: Dir bleiben monatlich 1500€ zum Investieren für 10 Jahre

- konservativ mit 2% p.a. -> Endsumme 196.000€ (nach Steuern)

- riskant mit 6% p.a. -> Endsumme 228.000€ (nach Steuern)

-> Differenz: 32.000€ oder 21 Monatssparraten

 

Rechner: https://www.zinsen-berechnen.de/sparrechner.php

 

PS 

Selbiges Ergebnis von 228.000€ wäre mit 2% p.a. konservativ und sicher planbar erzielbar, wenn du die Sparrate um 16% (250€) auf monatlich 1750€ erhöhst.

 

:thumbsup:
Ja, der Zinseszinseffekt wird in den ersten 10 Jahren einfach völlig überschätzt. Das geht erst so richtig jenseits der 30 Jahren Anlagehorizont los.

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LongtermInvestor

Aus Fehlern entsteht ja meist der größte Lerneffekt, darum hier in aller kürze zum Reflektieren:

 

 

Keine Asset‑Allokation haben
– Investieren ≠ Spekulieren.
– Eine durchdachte Asset‑Allokatio nist das Fundament jeder Anlagestrategie (auch wenn sie „langweilig“ wirkt).

 

Diversifikation wird mit Asset‑Allokation gleichgesetzt
– Diversifikation ist ein Teil der Asset‑Allokation, nicht deren Ersatz.
– Erst die richtige Gewichtung der Asset‑Klassen liefert echte Diversifikation.

 

Rebalancing vergessen
– Sobald sich die Werte außerhalb definierten Bandbreiten verschieben, mussnachgekauft bzw. verkauft werden, um wieder zum Ziel‑Mix zurückzukehren.

 

Kein langfristiger Plan
– Definieren von Zielen, Einkommensquellen, Zeithorizont (10 – 30 Jahre) und Risikotoleranz.
– Dokumentieren des Plan und konsequent einhalten.

 

Emotionen dominieren überlassen
– Kurzfristige Glücksmomente zählen nicht. Angst und Gier sollte nicht die Entscheidungen steuern.

– Nutzen von Nachrichten höchstens für Trend‑Checks und "Entertainment", nicht als Anlageberatung.

 

Performance‑Jagd
– Verfolgen von  „heißen“ Aktien, Fonds oder Sektoren sollte strikt vermieden werden.
– Bleiben Sie beim wissenschaftlich fundierten, langfristigen Plan und rebalancen Sie regelmäßig.

 

Markt‑Timing glauben
– Aktives Management und Market‑Timing funktionieren selten.
– Setzen Sie stattdessen auf informierte Asset‑Allocation und systematisches Rebalancing.

 

Inflation unterschätzen
– Vermögen muss reale Kaufkraft behalten.
– Ziel ist (innerhalb der eigenen Risikotoleranz) eine erwartete Rendite zu erreichen, die die Inflation übertrifft.

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