Morbo Oktober 14, 2006 · bearbeitet Oktober 14, 2006 von ebest hab gerade ein Buch gelesen (Albrecht Heise: Kongo im Chaos - sehr empfehlenswert), welches auch das Thema Entwicklungshilfe beleuchtet. Beim G8 Gipfel im letzen Jahr (da gab es einen Riesenhype, ua. angefacht durch diese "Live-8" Konzerte) ging es um Schuldenerlass. Der wurde auch beschlossen. Einigen finden das ist gut, andere meinen es ist schlecht. Die Summen sind jedenfalls enorm. Aber wie funktioniert es? Ist das tatsaechlich soo einfach wie zb. im Insolvenzrecht, wo der Glaeubiger einen Vertrag unterzeichnet und - zack - weg ist die Verbindlichkeit? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Schnecke Oktober 14, 2006 Hier steht, wie das funktioniert: http://www.zeit.de/2005/24/schuldenerlass Die Schulden sind wirklich weg, aber für die Entschädigung von gewissen Gläubigern (z. B. einige Banken) wird auch gesorgt. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Eisbaer1982 Oktober 14, 2006 guter artikel,dann weiß man wenigstens mal wie das so abläuft Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
StockJunky Oktober 15, 2006 naja schuldenerlass ist doch im prinzip nur augenwischerei. die frage ist doch, wer am ende die schulden erlässt... und das sind am ende die bürger der ganzen industrieländer, die das geld schließlich besitzen. der staat selbst besitzt ja faktisch kein geld, er verteilt es nur. defacto heißt das, dass der staat den entwicklungsländern unser geld schenkt... da das aber nicht geht, weil banken zum beispiel, die viele gelder verleihen, das nicht mitmachen werden, heißt das, der staat zahlt ausgleichszahlungen. und das heißt wiederum, dass die bürger die schulden faktisch doppelt bezahlen. finde ich doch sehr bedenklich. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Morbo Oktober 15, 2006 koennen beim schuldenerlassen auch gewisse Seiteneffekte auftreten: koennte Geld so 'weg' sein, dass es nicht mehr im Umlauf (M1, M2, M3, ...) auftaucht? Ich stelle mir das so vor: der IMF gibt einen Kredit dem XYZ Land. Der Kredit wird nicht bedient, also wird irgendwann beschlossen die Summe zu erlassen. Der Betrag wird in den Buechern des IMF gestrichen (meinetwegen auch als Verlust gerechnet). Die Ausgleichszahlung (mit 'frischer' Waehrung!) sorgt nun dafuer, dass der IMF rechnerisch nicht pleite ist... fertig. Dann wird es wiederholt: neuer Kredit, neue 'Zinsfalle', neuer Schuldenerlass... man kann immer wieder Waehrung 'entsorgen'? kennt jemand Buecher zu dem Thema? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Grumel Oktober 16, 2006 Es gibt sicher keine Weltverschwörung zur Verkleinerung der Geldmenge durch Schuldenerlass. Ich glaube du hast zuviel Attac Flugblätter gelesen. Auch wenn dus dir schwer vorstellen kannst, die IWF Kredite kosten dem Westen tatsächlich Geld, selbst wenn sie zurückgezahlt werden. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Morbo Oktober 16, 2006 Es gibt sicher keine Weltverschwörung zur Verkleinerung der Geldmenge durch Schuldenerlass. Ich glaube du hast zuviel Attac Flugblätter gelesen. ich habe noch nie ein Attac Flugblatt gelesen. Du scheinst aber zu wissen was darin steht? Wie stellen die sich so eine Verschwoerung vor? Auch wenn dus dir schwer vorstellen kannst, die IWF Kredite kosten dem Westen tatsächlich Geld, selbst wenn sie zurückgezahlt werden. vielleicht hab ich das nicht klar formuliert: mein Punkt ist, dass diese Kredite dem Westen viel Geld (sprich: Devisen) kosten. Soviel, wie er druckt. Ob das stimmt weiss ich nicht, deshalb hab ich den Thread gestartet. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
feuernebel November 6, 2006 mein Punkt ist, dass diese Kredite dem Westen viel Geld (sprich: Devisen) kosten. Soviel, wie er druckt. Also zuerst einmal der Westen druckt kein Geld. Die Zentralbanken drucken das Geld und dies sind auch prinzipiell für die Geldmenge verantwortlich. Ob ein Schuldenerlass Geld kostet ist Ansichtssache. Wenn ich jemandem Geld erlasse, der sowieso keine Chance hat es zurückzuzahlen ist dies dann ein Verlust? Manche sagen hier ja manche nein. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
cubanpete November 6, 2006 Die Banken gehen ein Risiko des Verlustes ein und leihen den Ländern das Geld zu entsprechend hohen Zinsen, werden also theoretisch für das Risiko entschädigt. Da die Banken aber nur wenig Beschränkungen für solche Geschäfte haben, verleihen sie viel zu viel Geld, das sie sich selber auch wieder leihen, ein mehrfaches ihres eigenen Kapitals. Dann steht der Staat wieder für den Verlust ein, also wir Steuerzahler, weil sonst der "ökonomische Schaden" viel zu gross wäre. In meinem nächsten Leben werde ich Banker mit Victory Grinsen... Schuldenerlass ist eine sehr effektive Form, Geld von den armen Leuten der Industrieländer an die reichen Leute der Entwicklungsländer zu transferieren, wobei jede erdenkliche Kreatur der Politik und der Finanzwelt noch die korrupte offene Hand dazwischen hält. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Morbo November 6, 2006 In meinem nächsten Leben werde ich Banker mit Victory Grinsen... so ist das also... Schuldenerlass ist eine sehr effektive Form, Geld von den armen Leuten der Industrieländer an die reichen Leute der Entwicklungsländer zu transferieren, wobei jede erdenkliche Kreatur der Politik und der Finanzwelt noch die korrupte offene Hand dazwischen hält. ich frage mich ob es, neben diesem, noch weitere Effekte gibt die man in den Industrielaendern gern sieht? Nach diesem Artikel scheint es einen regelrechten Wettbewerb um Kredite fuer Entwicklungslaender zu geben. Fliesst das alles nur wegen Rohstoffen? Die wuerde 'normaler' Wettbewerb sicher ebenfalls preiswert und in Mengen zur Verfuegung stellen (vielleicht sogar billiger? Korruption ist schliesslich nicht effizient.). Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Grumel November 6, 2006 Märkte sind effizient ja. Dazu muss es aber ersteinmal einen freien Markt geben. Ausserdem sagt effizienz nichts über die Vermögensverteilung aus. Die kann sich zuungunsten der herschenden ändern. Wenn das der Fall ist werden die einen Teufel tun und Märkte unterstützen. Und überhaupt funktionieren Märkte erst, wenn man defektes Verhalten irgendwie sanktionieren kann. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
cubanpete November 6, 2006 Korruption ist schliesslich nicht effizient.Im Gegenteil, es gibt kaum etwas effizienteres als Korruption. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Morbo November 6, 2006 · bearbeitet November 6, 2006 von ebest @grumel: sorry, wenn es undeutlich war: ich schrob Korruption ist nicht effizient und meinte das im Bezug auf Preisbildung im Vergleich zwischen einem korrupten und einem weniger-korrupten Markt. Die Frage ob ein Markt effizient sein kann oder nicht beruehrt das ueberhaupt nicht (und ist auch ein anderes Thema). was mich wirklich beschaeftig ist, warum seit 40+ Jahren soviel Geld in Entwicklungslaender fliesst und warum es immer mehr wird. Die Gier nach Rohstoffen allein erklaert das nicht. Korruption auch nicht (die gibts ueberall). Gibt es nicht einen handfesten monetaeren Grund? Etwas fundamentales wie 'Dollar ist an Oel gebunden' oder 'Waren aus Asien kommen per Schiff/Flugzeug nach Amerika', usw...? Im Gegenteil, es gibt kaum etwas effizienteres als Korruption. naja, es ist wohl immer die Frage fuer wen: fuer die direkt beteiligten ist Korruption sehr effizient. Aus Sicht der gesamten Volkswirtschaft ist Korruption sehr ineffizient. Die besten Beispiele sind wohl Russland und diverse afrikanische Laender (Zaire, jetzt Kongo). Volkswirtschaften mit hoher Korruptionsrate sind entweder nah dran, oder mitten im Buergerkrieg. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Grumel November 6, 2006 Wie wärs mit der Westen wird immer reicher, und ist darum immer mehr bereit sich den Luxus anderen zu helfen zu leisten. Es ist völlig natürlich, dass jeder Mensch, der Bilder von unglaublicher Armut und verstümmelten Kriegsopfern sieht helfen will, und das naheliegenste ist nunmal Geld. Und wie so üblich in Demokratien zieht das entsprechende Handlungen der Regierung nach sich. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Morbo November 6, 2006 hmm, aber nach 40 Jahren sollte derWesten doch mal raffen, dass es so nicht funktioniert. Oder sind wir tatsaechlich derart lernresistent? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
StockJunky November 6, 2006 Es wird doch nicht gespendet, um den Ländern zu helfen. Durch die Spenden wird überschüssiges Kapital ins Ausland geschafft. Durch den Zins explodiert faktisch das Kapitalwachstum und die überschüssigen Millionen müssen ja irgendwo investiert werden. Gleichzeitig bringen Kredite und Spenden in Entwicklungsländern gute Renditen. Dazu müssen die Länder das Geld nichtmal selbst zurück zahlen. Wie oben schon jemand geschrieben hat, sind spenden eine effektive Umverteilung von Arm nach Reich, ohne dass der kleine Mann es merkt. Schuldenerlass heißt nicht nur, dass die Länder keine Schulden mehr haben. Schuldenerlass bedeutet auch, dass verdammt viele Gläubiger auf ihr Kapital verzichten. Und da zu den Gläubigern gerade nicht die Banken und Versicherungen zählen, kommt der Staat und gleicht den Schuldenerlass persönlich wieder aus. Und zwar mit dem eigenen Steuergeld der Bürger. Das heißt, im Endeffekt verzichten nicht die "Reichen" auf ihr Geld, sondern der "arme" größere Teil der Bevölkerung, der sein Geld nicht durch Zinsen verdient, sondern regelmäßig arbeiten geht und regelmäßig Steuern an den Staat abführt. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Grumel November 6, 2006 · bearbeitet November 6, 2006 von Grumel Gibt doch Lerneffekte. Früher wurde Entwicklungshilfe viel stärker nach "bedarf" verteilt. Heute hingegen versucht man positive Entwicklungen in Richtung Demokratie/weniger Korruption/ freie Märkte durch entsprechende Hilfsmittelverteilung zu belohnen. Im übrigen wissen wir nicht wirklich ob die Entwicklungshilfe nichts gebracht hat. Vielleicht wäre es ja ohne noch schlimmer. Das ist alles nur qualifiziertes Raten. Allein dass wir hier diese Diskussion führen, ist auch der beste Beweis für Lerneffekte. Glaube kaum dass die vor 40 Jahren irgendwer geführt hätte. PS: Finde den Schuldenerlass übrigens auch Schwachsinn wegen den bereits angesprochenen Gründen. Das kann aber kein Grund sein Entwicklungshilfe generell als sinnlos zu verdammen. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Morbo November 6, 2006 Nachtrag zum Thema Korruption: Nigeria ist auch so ein Paradebeispiel (Artikel erschien zufaellig gerade in der FAZ). @StockJunky so ist es wohl generell. Hast Du auch ne Vorstellung wie dieser Ausgleich funktioniert? Darueber findet man sehr wenig Informationen. In vielen Artikeln steht lediglich allgemeins wie Der IWF soll seine Ausfälle aus eigenen Mitteln wieder aufstocken oder Bush und Blair schlagen vor Gold Reserven zu verkaufen. Das genaueste was ich gefunden hab ist: Der IWF finanziert den Schuldenerlass teilweise aus Goldverkäufen und aus einem Sondertopf, der von 43 Ländern finanziert wird, darunter Deutschland. 37 Länder haben der Umwidmung der Gelder nach IWF-Angaben bereits zugestimmt, das Plazet der anderen noch vor Ende des Jahres ist nach Angaben von IWF-Sprecher Dawson eine Formsache. Gold verkaufen? An wen? Die Zentralbank? Um derartige 'Sondertoepfe' zu fuellen taugt doch sicher nicht nur Steuergeld? Kann man nicht auch das reinwerfen, was man druckt? Indem Industrieland XYZ einen Kredit bei der Zentral Bank aufnimmt, welcher in diesen Topf wandert? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Morbo November 6, 2006 · bearbeitet November 6, 2006 von ebest Gibt doch Lerneffekte. Früher wurde Entwicklungshilfe viel stärker nach "bedarf" verteilt. Heute hingegen versucht man positive Entwicklungen in Richtung Demokratie/weniger Korruption/ freie Märkte durch entsprechende Hilfsmittelverteilung zu belohnen. ich weis nicht. Vielleicht haben die Industrielaender auch nur das Kodewort geaendert, welches der Diktator/Warlord/Praesident des Entwicklungslandes kennen muss um das Tor zum Geld zu oeffnen. Im übrigen wissen wir nicht wirklich ob die Entwicklungshilfe nichts gebracht hat. Vielleicht wäre es ja ohne noch schlimmer. Das ist alles nur qualifiziertes Raten. das ist wahr. Sowas kann man nie mit Sicherheit sagen. PS: Finde den Schuldenerlass übrigens auch Schwachsinn wegen den bereits angesprochenen Gründen. Das kann aber kein Grund sein Entwicklungshilfe generell als sinnlos zu verdammen. jep. Nur sollte man ein neues Wort dafuer erfinden. Den Begriff 'Entwicklungshilfe' (in der hier diskutierten Art) verbinde ich mittlerweile mit einem riesengrossen Desaster. Fast so wie 'Kommunismus' oder 'Reform'. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
StockJunky November 6, 2006 Hast Du auch ne Vorstellung wie dieser Ausgleich funktioniert? Darueber findet man sehr wenig Informationen. In vielen Artikeln steht lediglich allgemeins wie Der IWF soll seine Ausfälle aus eigenen Mitteln wieder aufstocken oder Bush und Blair schlagen vor Gold Reserven zu verkaufen. Das genaueste was ich gefunden hab ist:Gold verkaufen? An wen? Die Zentralbank? Um derartige 'Sondertoepfe' zu fuellen taugt doch sicher nicht nur Steuergeld? Kann man nicht auch das reinwerfen, was man druckt? Indem Industrieland XYZ einen Kredit bei der Zentral Bank aufnimmt, welcher in diesen Topf wandert? Ein Ansatzpunkt dazu ist http://geldaufbau.ath.cx/20050927/ist-schu...ichtige-ausweg/ wo ich eine passenden Abschnitt zum Thema zitiere. Weitergehend empfehle ich dringend das komplette 30. Kapital aus Helmut Creutz "Das Geldsyndrom" http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/cre...ndrom/kap30.htm wo einige Punkte zu diesem Thema angesprochen und analysiert werden und aus dem ich auch den zitierten Abschnitt entnommen habe. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag