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Mouton

Lazy Portfolios im Vergleich

Empfohlene Beiträge

Mouton

Hallo,

 

seit einer Woche beschäftigt mich eine Übersicht von amerikanischen Portfolio-Vorschlägen für passives Investieren, wie's ja auch hier im Forum oft diskutiert wird. Die Liste findet man auf http://www.marketwatch.com/lazyportfolio.

 

Die Übersicht beinhaltet auch Vorschläge von Bernstein und Swensen. Beim Anschauen der erzielten Renditen (teilweise retrospektiv) fällt auf, dass es, auf 10 Jahre betrachtet, zwischen diesen einzelnen Ansätzen doch noch deutliche Performance-Unterschiede gibt (3,5% vs. 6%). Angesichts der oft geäußerten Ansicht "Nimm irgendeinen Ansatz (Bernstein, Swensen, Weber, Kommer, Supertobs, ...), damit bist Du immer so gut wie der Markt." hat mich das neugierig gemacht.

 

Stand 01.01.11

 

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Das erste Gegenargument war schnell gefunden: Der Aktienanteil ist unterschiedlich. Kein Wunder also, dass in den letzten 10 Jahren vor allem Portfolios erfolgreich waren, die weniger Aktien haben.

 

Allerdings passt der Portfoliovorschlag von Aronson da nicht rein. Was hat Aronson anders gemacht? Leider konnte ich Web nichts zu seiner Philosphie finden. Wenn man in das Portfolio reinschaut, findet man eine vergleichsweise große Diversifizierung (11 Fonds), starke Gewichtung Value/Small, wenig Europa. Auf jeden Fall wäre dieser Portfolio-Vorschlag hier im Forum aufgrund der starken US-Ausrichtung sicher durchgefallen.

 

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Wie gut schlagen sich eigentlich die oft zitierten Ansätze von Kommer und Supertobs bei einem platten Renditevergleich?

 

Natürlich mit schlechtem Gewissen, ich lese ja schon länger hier im Forum mit:

 

Deine Betrachtung stört mich, weil du zwei Portfolios vergleichst, die weder die gleiche Erwartungsrendite noch das gleiche Erwartungsrisiko haben. Die Finanzwissenschaft der alten Garde macht das nicht so ...

 

Um einfach an Zahlen zu kommen, habe ich die beiden Portfolios auf Indices abgebildet. Supertobs großes Musterdepot bezieht sich sowieso auf MSCI Indizes + dbx Emerging Markets Liquid Eurobond, EuroMTS Global, EuroMTS Covered Bond Aggregate. Bei Kommer habe ich aus seinem Portfolio-Vorschlag jeweils die MSCI-Variante gewählt. Außerdem zweimal den RAFI. Rohstoffe über db x-trackers. Für den "risikolosen" Teil den ishares Fonds.

Im MSCI-Umfeld habe ich jeweils die NET-Werte genommen.

 

Das Ergebnis war überraschend:

 

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Die deutschen Portfolio-Vorschläge liegen im hinteren Drittel. Wie das? Ich versuchte mir mit einem Benchmark einen Reim zu machen. Was ist der Benchmark für passives Investieren? Ein GDP-basiertes Weltportfolio. Da gibt es ja mittlerweile einen Index von MSCI, den MSCI ACWI GDP.

 

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OK. Die beiden deutschen Portfolio-Vorschläge sind nahe am Benchmark. Aber was machen die Amis besser? Liegt's an der Währung? Immerhin kann man bei den MSCI-Indizes nach Euro oder US-Dollar auswerten. Also noch mal alle Werte auf Basis USD reingeholt. Das Ergebnis hat mich umgehauen:

 

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Am Ende habe ich mehr Fragen als Antworten:

 

(1) Was ist ein vernünftiger Benchmark für den Marktdurchschnitt?

(1b) Was misst der MSCI ACWI GDP, wenn 2010 alle Vergleichsportfolios doppelt so viel Rendite erwirtschaftet haben?

(2) Kann man davon ausgehen, dass alle diese Portfolios am Ende um diesen Marktdurchschnitt (in Abhängigkeit des Aktienanteils) oszillieren?

(3) Kann man amerikanische Zahlen irgendwie mit europäischen vergleichen?

(4) Was bedeutet es, dass Supertobs Depotvorschlag nach USD mit Abstand vorne liegt und nach EUR im hinteren Drittel? Hat das eine praktische Auswirkung auf mich als EU-Bürger?

 

Ich hab's geahnt, am Ende bleibt man doch nur ein dummes Schaf ... Ich gehe jetzt mal mit den drei Königen spielen.

 

Schöne Grüße,

Mouton

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Kezboard
Beiträge: 1

Registriert: 30. November 08

Und an diesem Beitrag hast du jetzt mehr als zwei Jahre gearbeitet?

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H.B.

 

 

OK. Die beiden deutschen Portfolio-Vorschläge sind nahe am Benchmark. Aber was machen die Amis besser? Liegt's an der Währung? Immerhin kann man bei den MSCI-Indizes nach Euro oder US-Dollar auswerten. Also noch mal alle Werte auf Basis USD reingeholt. Das Ergebnis hat mich umgehauen:

 

 

(1) Was ist ein vernünftiger Benchmark für den Marktdurchschnitt?

(1b) Was misst der MSCI ACWI GDP, wenn 2010 alle Vergleichsportfolios doppelt so viel Rendite erwirtschaftet haben?

(2) Kann man davon ausgehen, dass alle diese Portfolios am Ende um diesen Marktdurchschnitt (in Abhängigkeit des Aktienanteils) oszillieren?

(3) Kann man amerikanische Zahlen irgendwie mit europäischen vergleichen?

(4) Was bedeutet es, dass Supertobs Depotvorschlag nach USD mit Abstand vorne liegt und nach EUR im hinteren Drittel? Hat das eine praktische Auswirkung auf mich als EU-Bürger?

 

 

 

1. Gute Aufbereitung der Historie

2. ABER: Historie ist für eine Zukunftsbetrachtung irrelevant.

 

3. die letzten 10 Jahre sind 10 Jahre konitnuierlicher, gewollter USD-Abwertung. Alle Handelsansätze, die diesem Trend folgen, sind zwangsläufig erfolgreich.

(Nichthandeln ist auch ein Handelsansatz)

 

4. Ob dieser Trend anhält, ist a priori nicht vorhersehbar. Handelsansätze die markoökonomischen Trends folgen(egal ob gewollt oder eher zufällig) sind aber grundsätzlich erfolgreicher, als jene, die zufällig andere Entwicklungen adressieren.

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Bärenbulle

Hallo,

 

seit einer Woche beschäftigt mich eine Übersicht von amerikanischen Portfolio-Vorschlägen für passives Investieren, wie's ja auch hier im Forum oft diskutiert wird. Die Liste findet man auf http://www.marketwatch.com/lazyportfolio.

 

Die Übersicht beinhaltet auch Vorschläge von Bernstein und Swensen. Beim Anschauen der erzielten Renditen (teilweise retrospektiv) fällt auf, dass es, auf 10 Jahre betrachtet, zwischen diesen einzelnen Ansätzen doch noch deutliche Performance-Unterschiede gibt (3,5% vs. 6%). Angesichts der oft geäußerten Ansicht "Nimm irgendeinen Ansatz (Bernstein, Swensen, Weber, Kommer, Supertobs, ...), damit bist Du immer so gut wie der Markt." hat mich das neugierig gemacht.

 

Stand 01.01.11

 

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Das erste Gegenargument war schnell gefunden: Der Aktienanteil ist unterschiedlich. Kein Wunder also, dass in den letzten 10 Jahren vor allem Portfolios erfolgreich waren, die weniger Aktien haben.

 

Allerdings passt der Portfoliovorschlag von Aronson da nicht rein. Was hat Aronson anders gemacht? Leider konnte ich Web nichts zu seiner Philosphie finden. Wenn man in das Portfolio reinschaut, findet man eine vergleichsweise große Diversifizierung (11 Fonds), starke Gewichtung Value/Small, wenig Europa. Auf jeden Fall wäre dieser Portfolio-Vorschlag hier im Forum aufgrund der starken US-Ausrichtung sicher durchgefallen.

 

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Wie gut schlagen sich eigentlich die oft zitierten Ansätze von Kommer und Supertobs bei einem platten Renditevergleich?

 

Natürlich mit schlechtem Gewissen, ich lese ja schon länger hier im Forum mit:

 

Deine Betrachtung stört mich, weil du zwei Portfolios vergleichst, die weder die gleiche Erwartungsrendite noch das gleiche Erwartungsrisiko haben. Die Finanzwissenschaft der alten Garde macht das nicht so ...

 

Um einfach an Zahlen zu kommen, habe ich die beiden Portfolios auf Indices abgebildet. Supertobs großes Musterdepot bezieht sich sowieso auf MSCI Indizes + dbx Emerging Markets Liquid Eurobond, EuroMTS Global, EuroMTS Covered Bond Aggregate. Bei Kommer habe ich aus seinem Portfolio-Vorschlag jeweils die MSCI-Variante gewählt. Außerdem zweimal den RAFI. Rohstoffe über db x-trackers. Für den "risikolosen" Teil den ishares Fonds.

Im MSCI-Umfeld habe ich jeweils die NET-Werte genommen.

 

Das Ergebnis war überraschend:

 

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Die deutschen Portfolio-Vorschläge liegen im hinteren Drittel. Wie das? Ich versuchte mir mit einem Benchmark einen Reim zu machen. Was ist der Benchmark für passives Investieren? Ein GDP-basiertes Weltportfolio. Da gibt es ja mittlerweile einen Index von MSCI, den MSCI ACWI GDP.

 

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OK. Die beiden deutschen Portfolio-Vorschläge sind nahe am Benchmark. Aber was machen die Amis besser? Liegt's an der Währung? Immerhin kann man bei den MSCI-Indizes nach Euro oder US-Dollar auswerten. Also noch mal alle Werte auf Basis USD reingeholt. Das Ergebnis hat mich umgehauen:

 

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Am Ende habe ich mehr Fragen als Antworten:

 

(1) Was ist ein vernünftiger Benchmark für den Marktdurchschnitt?

(1b) Was misst der MSCI ACWI GDP, wenn 2010 alle Vergleichsportfolios doppelt so viel Rendite erwirtschaftet haben?

(2) Kann man davon ausgehen, dass alle diese Portfolios am Ende um diesen Marktdurchschnitt (in Abhängigkeit des Aktienanteils) oszillieren?

(3) Kann man amerikanische Zahlen irgendwie mit europäischen vergleichen?

(4) Was bedeutet es, dass Supertobs Depotvorschlag nach USD mit Abstand vorne liegt und nach EUR im hinteren Drittel? Hat das eine praktische Auswirkung auf mich als EU-Bürger?

 

Ich hab's geahnt, am Ende bleibt man doch nur ein dummes Schaf ... Ich gehe jetzt mal mit den drei Königen spielen.

 

Schöne Grüße,

Mouton

 

Liegt am Aktienanteil. Der MSCI ACWI hat 100%. Aktien sind eher schlecht gelaufen. Und ein wenig wie bereits bemerkt am EUR/$.

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Mouton

Liegt am Aktienanteil. Der MSCI ACWI hat 100%. Aktien sind eher schlecht gelaufen. Und ein wenig wie bereits bemerkt am EUR/$.

 

Klar, das stimmt natürlich, wenn man die Performance über 10 Jahre anschaut. Aber was war 2010? Der ETF Portfolio Global hat laut Onvista 2010 18,73% zugelegt.

 

Schöne Grüße,

Mouton, der gerne lange mahlt, bevor er mäht.

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Ponto

Ich verstehe die 70% Aktienanteil bei Kommer nicht. Im risikobehafteten Teil des Portfolio befinden sich 90% Aktien und 10% Rohstofffutures. Den Anteil des risikobehafteten Teils am Gesamtportfolio muss aber jeder für sich entscheiden. Es gibt dann Kommer-0% bis Kommer-100%. Ich beziehe mich auf Kapitel 3.7 in der Buy-and-Hold-Bibel. In Souverän Investieren ist es aber ähnlich.

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etherial

Ich verstehe die 70% Aktienanteil bei Kommer nicht.

 

Mit Aktienanteil meinen wir den risikobehafteten Teil, d.h. 30% risikolos, 70% Aktien/Immos/Rohstoffe.

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Mouton
· bearbeitet von Mouton

Ich verstehe die 70% Aktienanteil bei Kommer nicht. Im risikobehafteten Teil des Portfolio befinden sich 90% Aktien und 10% Rohstofffutures. Den Anteil des risikobehafteten Teils am Gesamtportfolio muss aber jeder für sich entscheiden. Es gibt dann Kommer-0% bis Kommer-100%. Ich beziehe mich auf Kapitel 3.7 in der Buy-and-Hold-Bibel. In Souverän Investieren ist es aber ähnlich.

 

An dieser Stelle hätte ich mehr erklären müssen. Da mich ja anfangs das Aronson-Portfolio neugierig gemacht hat, habe ich Kommer 70% Aktienanteil "spendiert". Da er sowieso einen Teil in Immos und Commidities steckt, habe ich nur noch 10% kurzlaufende Deutsche Staatsanleihen hinzugenommen. Und damit einen kleinen Rechenfehler gemacht, denn der Aktienanteil beträgt so 72%. Man kann natürlich darüber streiten, inwiefern Immos oder Commidities "risikoarm" sind.

 

Wenn man das verneint, dann bekommt man folgende Zahlen:

Kommer 30% Staatsanleihen (USD) 09,91% -1,89% 4,39% 5,95%

Kommer 30% Staatsanleihen (EUR) 14,79% -0,34% 3,07% 3,81%

 

Das wäre also schlechter als das o.a. Ergebnis.

 

Liegt am Aktienanteil. Der MSCI ACWI hat 100%. Aktien sind eher schlecht gelaufen. Und ein wenig wie bereits bemerkt am EUR/$.

 

Klar, das stimmt natürlich, wenn man die Performance über 10 Jahre anschaut. Aber was war 2010? Der ETF Portfolio Global hat laut Onvista 2010 18,73% zugelegt.

 

Schöne Grüße,

Mouton, der gerne lange mahlt, bevor er mäht.

 

Die passende Antwort fand ich in einem anderen Thread:

 

Ein Nachtrag noch zum MSCI ACWI GDP. Die angegebene Performance bezog sich auf den Zeitraum 01.01. bis 30.12.2010. Für's ganze Jahr 2010 betrug die Steigerung 7,98% - vermutlich in US$.

Ist die Rendite des MSCI ACWI GDP STDR (= ohne Dividenden) in USD.

MSCI ACWI GDP NDTR (-> mit Nettodividenden) in USD: 10,3%

In EUR ca. 18,2% :)

 

Damit stimmen natürlich die Benchmark-Werte hinten und vorne nicht. Wenn ich herausgefunden habe, wo der MSCI ACWI GDP NDTR in EUR/USD zu finden ist, dann korrigiere ich das.

 

Schöne Grüße,

Mouton

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barbaraP

Ich überlege mir mein Portfolio mit einem Ansatz dieser Lazy Portfolios aufzubauen. Welches würdet ihr empfehlen?

 

Gibt es noch weitere bekannte ETF Portfolios/Lazy Portfolios, die ihr empfehlen könnt?

 

Außer Kommer und supertobs ETF Depot, welches ich übrigens ebenfalls schon sehr interessant finde.

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Mouton
· bearbeitet von Mouton

In so’ner Post kann ich natürlich nicht ganze Bücher zusammenfassen, aber ich versuch’s mal. (Eine gut strukturierte Einführung gibt’s im Musterpot von lpj23: https://www.wertpapier-forum.de/topic/34144-die-mischung-machts/ Weitere englische Links gibt’s am Ende dieser Mega-Post.)

 

An sich gibt es für Lazy Portfolios folgenden Entscheidungsbaum:

 

  1. Wieviel % steckst Du in Aktien und wieviel in festverzinsliche Wertpapiere bester Bonität (deutsche Staatsanleihen, Sparbriefe, …)?
    Hier im Forum wird das gerne RK3 (Aktien) und RK1 (Fest-verzinsliche) genannt. Es wird dann noch RK2 unterschieden (Unternehmensanleihen, Immos, Rohstoffe). Das wird aber bei anderen Autoren/Foren entweder RK3 oder RK1 zugeordnet (Im Sinne der Logiker: „Tertium non datur.“ B) )
     
    Nach Meinung einiger kluger Leute ist das die wichtigste Entscheidung. Denn diese bestimmt im Wesentlichen das Risiko, das Du hast. Lazy Portfolios gehen davon aus, dass man zusätzliche Rendite nur durch zusätzliches Risiko bekommt. Beim festverzinslichen Anteil ist das Risiko vernachlässigbar, während es bei Aktien hoch und runtergehen kann.
     
  2. Organisierst Du Deinen Aktienanteil nach dem Marktdurchschnitt oder erhöhst Du das Risiko, in dem Du bestimmte Schwerpunkte setzt?
    Nach Meinung der reinen Lehre des Passiven Investments kann man den Markt nicht schlagen. Es stellt sich natürlich die Frage, was ist eigentlich der Markt? Die Standardantwort ist: Der Markt sind Aktien von allen börsennotierten Unternehmen gewichtet nach der Marktkapitalisierung (in der Regel nur der Streubesitz). Das bedeutet, dass große Unternehmen (wie z.B. DAX-Unternehmen) ein viel höheres Gewicht haben und den Wert viel stärker beeinflussen.
     
    Alternativ gibt es Ansätze, die eine andere Gewichtung fahren. Hier im Forum ist es sehr beliebt, die Regionen/Länder nicht nach Marktkapitalisierung sondern nach der Wirtschaftsstärke gemessen nach dem Brutto-Inlands-Produkt (BIP) zu gewichten. Auch wenn es viele gute Gründe gibt, warum BIP-Wachstum nix mit steigenden Aktienkursen zu tun hat, gibt es viele Backtestings, die zeigen, dass BIP-gewichtete Portfolios in den letzten Jahrzehnten besser als nach Marktkapitalisierung-gewichtete Portfolios gelaufen sind. Ob das in Zukunft so bleibt, lässt sich schwer sagen, weil es eigentlich keine Begründung gibt, die am BIP hängt. (Im Unterschied zur Marktkapitalisierung werden in einem BIP-gewichteten Portfolio Aktien aus den Emerging Markets übergewichtet. Und da gibt es viele, die hoffen, dass diese auch in Zukunft besser als Aktien aus der alten Welt laufen. Leute von der „No Risk, no gain“-Fraktion würden darauf hinweisen, dass Emerging Markets-Aktien viel volatiler sind (also heftiger auf und ab) und daher langfristig mehr Rendite abwerfen.)
     
    Neben der Gewichtung nach BIP, gibt es noch zwei Gewichtsverlagerungen (Tilts), die passive Investoren gerne anwenden: Small (kleine Unternehmen) und Value (Unternehmen, deren Kennzahlen nicht gerade prickelnd sind). Für beide Tilts gibt es in den USA sehr fundierte Untersuchungen und Theoriebildungen. Kleine Unternehmen bzw. Unternehmen, deren Kennzahlen nicht gerade prickelnd sind, sind riskanter und werfen daher langfristig mehr Rendite ab. Langfristig heißt hier gerne mal >20 Jahre. Und natürlich nur wenn man eine sehr große Masse Small bzw. Value-Aktien hält.
    Sowohl Supertobs als auch Kommers berücksichtigen diese beiden Tilts. Im Unterschied zur BIP-Gewichtung, wo man sich in der Regel einfach mehr oder weniger direkt nach der BIP-Verteilung richtet, sind beim Small- und Value-Tilt alle Spielarten gegeben. Amerikanische Lazy-Portfolios haben in der Regel keine BIP-Verteilung. Oft wird dort nur zwischen US-, Emerging Markets- und dem Rest unterschieden. Während in Deutschland Small-Tilts relativ einfach realisierbar sind, gibt es für Value-Tilts meiner Meinung nach keine sonderlich guten Vehikel (insbesondere weil eigentlich nur SmallValue-Tilts wirkliche Raketen sein sollen und dafür gibt es in Deutschland keinen passiven ETF).
     
    Denkbar wäre noch eine Gewichtung nach Marktsektoren. Aber so wirklich wirklich habe ich das noch nirgends als Lazy Portfolio gesehen. Ansonsten bin ich noch über Gleichgewichtung aller Aktien gestolpert. Da gibt es spannende Untersuchungen, dass das die besten Marktrenditen bringen müsste. Allerdings ist das praktisch nicht ohne weiteres umsetzbar. In den USA gibt es bisher nur einen ETF auf den equal-weight S&P 500, der den marktgewichteten S&P 500 in den letzten Jahren weit hinter sich gelassen hat. (Die Small-Tilt-Leute halten Gleichgewichtung nur für eine Spielart von Small Tilt.)
     
  3. Würzt Du das ganze noch mit anderen Investments: Gold, Rohstoffen, Immobilien, …?
    Die Argumentation hierfür ist normalerweise nie die Rendite zu erhöhen, sondern durch zusätzliche Diversifikation das Risiko zu minimieren und die Rendite gleichzuhalten. Diversifikation ist nach Meinung der Wirtschaftswissenschaftler das einzige „free lunch“, also mehr Rendite bei weniger Risiko.

 

Was ist nun die beste Gewichtung für Dich? Diejenige, die Du verstehst und nachvollziehen kannst. Zum Lazy Portfolio gehört nämlich dazu, dass man zäh und ausdauernd „lazy“ ist. Also nach bestimmten Regeln immer wieder die ursprüngliche Verteilung der Investments herstellt. Das wird Rebalancing genannt. Und da es da zwischen durch auch mal recht düster aussehen kann (2008 liegt ja noch nicht so lange zurück), wird man sich nur an einem Portfolio festhalten, dessen innere Logik man für sich als „zwingend“ akzeptiert hat.

 

Wenn Dich Englisch nicht gruselt, dann kannst Du hier noch ein paar Infos grasen:

 

Schöne Grüße,

Mouton

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randomwalk

@ Mouton: Meiner Meinung nach ist dein Beitrag die perfekte Beschreibung/ Zusammenfassung für "passives" Investieren. :thumbsup:

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Bärenbulle
· bearbeitet von Bärenbulle

Dieser Perspektivwechsel "Amerikanische Sichtweise versus Europäische Sichtweise" ist immer wieder interessant und wird auch hier im Forum zu selten besprochen.

 

Obschon ich seinerzeit (2008er Abgeltungssteuerfieber) auch Anhänger des BIP-Ansatzes war und diesen umgesetzt habe, halte ich diesen nun nicht mehr für optimal, denn er ignoriert das Wechselkursrisiko auf unzulässige Art und Weise. Je länger man investiert, desto egaler wird das zwar, da Wechselkurse inflationsbereinigt ebenfalls die Regression zum Mittelwert erfahren.

 

Trotzdem: Je kürzer man anlegen will, desto mehr sollte man zumindest eine moderate Euro-Übergewichtung in sein Depot einbauen. Ein recht großer Risikofaktor ist der EURO/Dollar-Wechselkurs. Steigt der Euro um 30% so erfährt über ein Drittel des Depots genau diese Abwertung zumal auch andere Währungen mehr oder weniger an den Dollar gekoppelt sind. Noch schlimmer ist das natürlich bei einen nach Kapitalwert gewichteten Weltdepot, weil dort der USA-Anteil sehr hoch ist. Das betrifft somit auch alle kleine Depots, die den MSCI World verwenden. Auch die EM-Währungen sind ein gewisses Risiko, da Sie sehr volatil sind. Allerdings sind diese breit diversifiziert, was das Problem etwas abschwächt. Ich habe auch mittlerweile in ein paar Büchern darüber gelesen. Bernstein stellt das Problem auch dar und zeigt das je nach Anlagehorizont die höhere Heimatwährungsgewichtung des Aktienanteils effizienter ist.

 

Diese Kritik würde ich auch an Supertops und anderen Depots üben (z.B. meinen eigenen Musterdepots von damals) .

 

Wohlgemerkt ist das ganze unabhängig von Timinggesichtspunkten zu sehen. In unserem Fall hatte der geringere Europaanteil des Depots sogar den positiven Effekt besser gegen die jüngste Eurokrise gefeit zu sein. Das ist aber reine Glücksache bzw. sollte aus einer bewußten strategischen Entscheidung resultieren, denn es wäre auch ganz anders, hätte es plötzlich eine USA-Krise gegeben.

 

Der passive Investor erzielt mit einer leichten Übergewichtung Europas ein besseres Chancen/Risikoverhältnis. Ggf. macht auch eine leichte Untergewichtung der USA Sinn da die Währung ein heftiges Klumpenrisiko darstellt. Allerdings galt der Dollar früher auch etwas stärker als der Euro als Safe-Haven, was eher wieder gegen eine Untergewichtung spricht. Ich mach es trotzdem moderat, da ich das erstere Argument für wichtiger erachte und auch meinen Rohstoffanteil nicht wechselkursgehedged habe. Optimierungsfreaks können auch darüber nachdenken Safe-Haven-Währungsanteile wie z.B. die Schweiz überzugewichten.

 

Jedenfalls sind diese Überlegungen sehr wichtig und kommen hier im Forum immer wieder zu kurz.

 

Denn selbst wenn man das Depot erst nach 25 Jahren auflöst, können die Wechselkursentwicklungen der jüngsten zurückliegenden Vergangenheit ansonsten einen immensen Impact haben. Auch das läßt sich aus der obigen Lazy-Depotbetrachtung assozieren. Eine Lösung für dieses Problem wäre allerdings eine moderate Steigerung des Europaanteils über die Jahre bis zur Entnahme. Dann und nur dann wäre die BIP-Konfiguration ggf. leicht überlegen. Da es aber immer ungeplante Entnahmen geben kann halte ich bei jedem Depot die leichte Europaübergewichtung für sinnvoll.

 

Ob jetzt die richtige Zeit ist den Europanteil zu erhöhen sei mal dahingestellt. Aufgrund der Eurokrise kann sich so natürlich das Risiko erhöhen, allerdings würden sich auch die Renditechancen erhöhen, da die Europäischen Aktien deutlich günstiger bewertet sind als die der USA oder der EMs.

 

Am schwierigsten haben es da natürlich Anleger aus kleinen Währungsräumen. Vor allem die Schweizer befinden sich hier echt im Dilemma, da jede noch so kleine Fremdwährungsexposure aufgrund des Safe haven Argumentes ein ziemlich fieses Aktienbeta ins Depot importiert.

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taddeo

Diese Kritik würde ich auch an Supertops und anderen Depots üben (z.B. meinen eigenen Musterdepots von damals) .

 

Hallo Bärenbulle,

 

die Kritik an Supertobs ist m.E.n. verfehlt, da Supertobs den eigenen Währungsraum durch den Eurostoxx ja übergewichtet hat und sich damit nicht 1:1 an eine BIP Verteilung gehalten hat.

Deine Argumentation findest Du auch in Supertobs Ausführungen.

 

Beste Grüße

 

Taddeo

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Bärenbulle

Quelle? Die Musterdepots sind meines Wissens exakt (von Rundungen abgesehen) nach BIP gewichtet.

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finisher
· bearbeitet von finisher

Supertobs gewichtet Europa genau nach BIP, 27,8% derzeit.

Was mir die letzten 2 Jahre aufgefallen ist, ich musste im Rahmen des Rebalancing kein Europa nachkaufen, nur Pazifik und Nord Amerika. Was aber nicht daran gelegen hat, dass Europa sich so gut entwickelt hat (wie die EMs, die ich ebenfalls nicht nachkaufen musste), sondern der Dollar abgewertet hat und Europas BIP gesunken ist (von 33,5% auf 27,8%). Wäre der Dollarkurs gleich geblieben und hätte ich das BIP nicht angepasst, hätte ich mehr Europa als anderen Regionen nachkaufen müssen, weil europäische Aktien sich die letzten 2 Jahre schlechter als Amerikanische entwickelt haben. So gesehen habe ich beim Rebalancing eigentlich die teureren Aktien gekauft.

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sh2108

Gibt es eigentlich eine "Bewegung" lazy-portfolio in Europa, wo man diese Frage (Übergewichtung des eigenen Währungsraumes) mal dargestellt, diskutiert sieht? Für die Amerikaner ist der Rückgriff auf den MSCI World als Basis recht einfach und insofern unproblematisch (gleiches gilt für MSCI ACWI / ACWI IMI).

 

Jedenfalls Richtung Entnahme sehe ich es auch so, dass neben einer Verringerung des Aktienanteils auch der Euro übergewichtet werden sollte!

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