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Thomas

Insiderhandel: Die Deals der Bosse

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Thomas

Manager, Aufsichtsräte oder Großaktionäre wissen früher und besser über die Entwicklung im Unternehmen Bescheid. Wie Anleger von den Aktien-Transaktionen der Insider profitieren können.

 

Als Florian und Thomas Haffa ihren Aktionären von EM.TV noch von tollen Gewinnen erzählten, wussten sie insgeheim längst, dass die Medienfirma ihre Versprechungen nicht halten kann. Und sie machten schnell noch Kasse, indem sie große Aktienpakete zu heillos überhöhten Kursen verkauften. Hätten die Anleger den Abschied der Bosse von der eigenen Aktie mitbekommen, wäre manchem der herbe Verlust wohl erspart geblieben. Doch damals mussten so genannte Directors’ Dealings noch nicht öffentlich gemacht werden. Inzwischen stehen Investoren auch in Deutschland solche Informationen zur Verfügung (siehe Kästen S. 13). Und sie helfen nicht nur, Verluste zu vermeiden. Wer den Handel der legalen Insider richtig auswertet, kann damit auch gutes Geld verdienen. Ein Beleg dafür sind die beiden Fonds, die Volker Dietrich von VCH berät. Der H&A Lux Insight USA lag beispielsweise 2003 gut 40 Prozent im Plus und war damit besser als die Indizes Dow Jones oder S&P 500. Der erst vor einem Jahr gestartete Schwesterfonds Insight Europe ist seit Jahresanfang mit immerhin 4,5 Prozent im Plus und schlägt damit den DAX.

 

Kaufen, wenn die Bosse kaufen? So einfach geht es leider nicht. Dietrich: "Viele Personen, die auf dem Papier wegen ihres Postens Insider sind, verfügen gar nicht über relevante Informationen." Andere Insider haben zwar entsprechende Kenntnisse, können sie aber legal nicht in Gewinn bringende Kauf- oder Verkaufentscheidungen umsetzen. Für besonders gefährlich hält Dietrich eine dritte Gruppe: "Das sind die, die tatsächlich mehr wissen und es auch richtig einordnen können, aber durch ihre Trades die Öffentlichkeit bewusst täuschen wollen." Um die wirklichen Top-Insider herauszufinden, arbeitet VCH mit einem logisch-wissenschaftlich aufgebauten Ratingsystem. "Für die USA stehen uns derzeit 1,7 Millionen Trades zur Verfügung, dazu haben wir 400000 Insider in der Datenbank und 28000 Firmen unter der Lupe", so der Fondsberater. Ausgewertet werden unter anderem Erfolge und Fehlgriffe von Insidern beim Aktienhandel, Kursentwicklungen nach denTransaktionen, Häufigkeit und Volumen der Käufe und Verkäufe. Die Auswahl ist streng: Nur 300 Personen in den USA taugen für VCH als Hinweisgeber für die Investments des Fonds. Die Orders der Leute, die es besser wissen müssen, liefern Dietrich auch Stimmungsbilder der Märkte und der jeweiligen Branchen. Dazu stellt er Käufe und Verkäufe aus Directors’ Dealings im VCH-Insider-Ratio gegenüber.

 

So trennten sich etwa im ersten Quartal dieses Jahres US-Insider von Aktien im Wert von 11,7 Milliarden Dollar, kauften aber nur für 290 Millionen Dollar eigene Papiere ein. Das ergibt ein Rekordtief beim VCH-Ratio von 2,5. Zum Vergleich: Im ersten Quartal 2003 betrug es über 20, als der Irak-Krieg die Kurse drückte und viele Bosse ihre Papiere zum Schnäppchenpreis einsammelten.

 

Der Verkaufsboom in den USA ist für Dietrich aber noch kein Hinweis auf künftige Kursstürze: "Die positive Performance der Aktienkurse wurde von vielen Corporate-Insidern zur Ausübung von Aktienoptionen genutzt." Weil sich der Gesamtmarkt davon ziemlich unbeeindruckt gezeigt hat, erwartet VCH für die Märkte eine seitwärts tendierende bis leicht positive Entwicklung.

 

Wenn sich ein Insider von Aktien seines Unternehmens trennt, muss das ohnehin nicht zwangsläufig bedeuten, dass negative Entwicklungen im Busch sind. Besonders in den USA sind Aktienoptionen oft Teil des Gehalts. Der Verkauf der Papiere dient dann schlichtweg dem Familienunterhalt.

 

Auch in Europa werden Angestellte immer öfter mit Firmenanteilen entlohnt. Puma-Boss Jochen Zeitz etwa hatte im Herbst 2003 aus einem Optionsprogramm 66707 Aktien zu einem Kurs von 24,61 Euro bekommen. Dass er sich gleich von ihnen trennte, kann man dem Mann nicht übel nehmen: Der Börsenkurs betrug gut 100 Euro. Der Puma-Aktie hat es nicht geschadet, sie hat sich seither mehr als verdoppelt.Dass Mitarbeiter zumindest im Depot ihrer Firma nicht mehr so treu bleiben, liegt aber auch an den Lehren aus der jüngeren Vergangenheit. Schließlich waren während des New-Economy-Booms viele Angestellte Millionäre - aber nur auf dem Papier, weil sie ihre Aktien bis zum bitteren Ende hielten.

 

Auch der Ablauf von Lock-up-Fristen kann zum plötzlichen Anstieg von Mitarbeiter-Verkäufen führen, ohne dass Anleger in Panik geraten müssten. Jüngstes Beispiel ist Goldman Sachs. Die Mitarbeiter der US-Investmentbank durften vorvergangene Woche erstmals die Papiere verkaufen, die sie zum Börsengang im Jahr 1999 zugeteilt bekommen hatten. Dem Kurs der Aktie schadete das keineswegs. Grundsätzlich gilt trotzdem die Regel: Wer an sein Unternehmen glaubt oder positive Entwicklungen erwartet, kauft die eigenen Aktien. Und der Anleger kann gut damit fahren, wenn er dem Beispiel folgt. Die CSFB, die ein Zertifikat für die Insiderstrategie entwickelt hat, kam in einer Rückrechnung auf eine hypothetische jährliche Wertsteigerung von fast 38 Prozent, wenn man dem Anlageverhalten ihrer ausgewählten Führungskräfte gefolgt wäre. Vorsicht ist allerdings angesagt, wenn Insidergeschäfte knapp über der Publizitätspflicht liegen. Dietrich: "Solche Käufe werden oft nur für PR-Zwecke getätigt und sollen Anleger auf die Aktie aufmerksam machen."

 

Auch Verkäufe sind ein guter Indikator - wenn alle vorher genannten Trennungsgründe wegfallen. So hat zum Beispiel Porsche-Aufsichtsrat Hans Michel Piech jüngst Aktien für 28,5 Millionen Euro verkauft, als das Papier auf sein Jahreshoch strebte. Kurz darauf drückten mehrere Herabstufungen von Investmentbanken den Kurs auf 550 Euro. Zum Grund des Verkaufs nimmt der Porsche-Enkel keine Stellung. Keine Regel ohne Ausnahme: Bei Adidas-Aufsichtsrat Christian Tourres gelten Verkäufe als Kontrainidkator (siehe Kasten Seite 12). Wie schwierig das Geschäft mit den Insiderdaten dennoch bleibt, hat auch Fondsberater Dietrich zu spüren bekommen. Der H&A Lux Insight USA belegt derzeit einen Platz weit hinten in der EURO-Fondsstatistik. Grund: Zwei Top-Insider, die Chefs von Novastar Financial und Genta, gaben nach Aktienkauf Gewinnwarnungen heraus.

 

Insiderhandel: Strenge regeln

 

Einige Jahre Knast drohen der US-Lifestyle-Ikone Martha Stewart, wenn ein Urteil vom März bestätigt wird. Die Multimillionärin hatte von einem Insider den Tipp bekommen, dass eine Aktie aus ihrem Depot bald abschmieren wird. Stewart verkaufte vor dem allgemeinen Bekanntwerden der Fakten, vermied somit 50000 Dollar Verlust - und verliert im Gegenzug nun wohl ihre Freiheit.

 

Harte Strafen sind seit Juli 2002 auch in Deutschland für Insider vorgesehen, wenn sie beim Kauf oder Verkauf von Wertpapieren Daten aus dem Unternehmen kennen, die anderen Marktteilnehmern noch nicht zugänglich gemacht worden sind. Solche Fakten fallen unter die Ad-hoc-Publizität, die eine Chancengleicheit privater und institutioneller Investoren ermöglichen soll. Kein Insider-handel, aber ebenso verboten ist das so genannte Sculping. Dabei deckt sich jemand mit Aktien ein, treibt durch Meldungen den Kurs in die Höhe und macht dann Kasse. Der Straftatbestand: Kursmanipulation.

 

Mitteilungspflichtig sind in Deutschland alle Transaktionen von Vorständen oder Aufsichtsräten, Großaktionären sowie deren Ehepartnern und Verwandten ersten Grades. Melden müssen sie an die Bafin unverzüglich die Aktien, den Wert, den Kurs und das Datum des Handels. Ausnahme: Wenn der Wert aller Geschäfte innerhalb von 30 Tagen insgesamt nicht mehr als 25000 Euro beträgt.

 

In Großbritannien und den USA gelten schon lange strenge Insideregeln. In Großbritannien müssen Geschäfte binnen fünf Tagen gemeldet werden, in den USA binnen zwei Tagen. Dort müssen potenzielle Insider schon vorab in eine Liste der Börsenaufsicht eingetragen werden.

 

Aktuelle Insider-Daten unter http://insiderdaten.finanzen.net

 

Autor: Carl Batisweiler (EuRams)

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Anja Terchova
Hätten die Anleger den Abschied der Bosse von der eigenen Aktie mitbekommen, wäre manchem der herbe Verlust wohl erspart geblieben.

Das haette doch nur geklappt wenn es einzelne wenige Anleger gewusst haetten, wenn es viele oder alle Anleger gewusst haetten waere es afaik nur noch schneller abwaerts gegangen

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