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voenixx

Wieso nicht aktive und passive Fonds?

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lurklurk
· bearbeitet von lurklurk
[...] weil alles andere risikoadjustiert Unsinn ist. Für mich ist das Risiko nur abhängig von der Investitionszeit. .

Ich denke, es gibt hier ein allgemeines Missverständnis in Sachen Volatilität - wobei eh niemand behauptet, dass "risikoadjustiert" gleichbedeutend mit "Volatilität" wäre. Man kann nicht alle Risiken in eine einzige Zahl pressen, das ist klar. Dazu mehr hier. Übliche weitere Meßlatten sind z.B. ein maximaler Vermögensverlust (max drawdown kurzeitig oder für immer) oder Realrenditen vs. Nominalrenditen (z.B. Verhalten bei Inflation/Deflation), Korrelationen in verschiedenen Krisenszenarien usw. Auch nett dieses Buch von W. Bernstein zu "shallow risk vs. deep risk". Forenthread (engl.) darüber.

 

Aber zurück zu Volatilität: die geht immer mit einer Renditezahl für einen bestimmten Zeitraum einher und bezieht sich darauf. Es geht nicht einfach um "irrelevante Kurzfristschwankungen", sondern gerade darum, wie sicher oder unsicher es ist, dass man sein (Vermögens-/Rendite-)Ziel erreicht.

 

Eine hoch bewertete Aktie, für die ich -20% auf Sicht von 5 Jahren befürchte, ist eine schlecht Investition. Eine "riskante" Sache, wie man es ausdrücken kann. Wenn aber absolut sicher ist, dass es -20% werden, gibt es kein Risiko, dass sich an dieser Zukunftsprognose etwas ändert. Volatilität = 0 in diesem plakativen Fall. Sind auch +20%, oder -40% auf 5 Jahre drin? Könnte ich also mit -20% falsch liegen? Wenn ja, wie stark falsch? Wie wahrscheinlich falsch? --> Volatilität = Zielverfehlungsrisiko im Bezug auf eine bestimmte Rendite über X Tage/Monate/Jahre. Der Zeitraum wird durchaus berücksichtigt.

 

Das ist mit Volatilität gemeint, die Trennung von Renditeerwartung/-forderung/-prognose und dem Risiko (Volatilität), mit dieser Rendite falsch zu liegen. Mehr dazu hier.

 

Trotzdem ist Volatilität nur ein Teil des Risikopuzzles, keine Frage (siehe oben). Und auch bei der Volatilität selbst gibt es viele Details zu beachten, wie ggf. eine Wölbung/Kurtosis der Renditen ("fat tails"), historische vs. zukünftige Volatiltät, reale vs. nominale Zahlen, Volatilität aus Modellen vs. Realität usw.

 

Je weiter der Entnahmezeitpunkt entfernt ist, umso riskanter sind Anlagen mit niedriger Renditeerwartung (trotz niedriger Vola).

Weniger Rendite ist schlechter, klar. Aber das Fettmarkierte ist genau der Knackpunkt. Aktive Investoren/Fonds/Selbstanleger haben als Gruppe schon rein kostenbedingt genau diese niedrigere Renditeerwartung. In deinen Worten: mehr Risiko!

 

Die Rendite des Gesamtmarktes (G) [oder eines Marktsegments/einer Branche] geht anteilig (je nach Anlagesumme/Anteil am Gesamtmarkt) an passive Anleger (P) abzüglich Kosten und aktive Anleger (A) abzüglich Kosten:

 

G = X*P abzgl. Kosten + (1-X)*A abzgl. Kosten

 

X ist dabei der Marktanteil der passiven Anleger.

 

Nehmen wir jetzt einmal an, dass der Aktienmarkt (oder der Anleihen-Markt oder ...) insgesamt 10% Bruttorendite liefert, die die passiven Anleger in ihrer Gesamtheit einfach (billigst) abbilden, auch wenn es innerhalb dieser Gruppe Anleger mit Nur-Largecaps u.ä. geben kann. Für einzelne Marktsegmente gilt aber dasselbe:

 

10% = X*10% abzgl. Kosten + (1-X)*A abzgl. Kosten

 

Die Gesamtheit der aktiven Anleger (A) kann folglich auch nicht mehr als 10% abzüglich ihrer Kosten erwirtschaften. Jedem aktiven Anleger, der mehr schafft, müssen ein oder mehrere andere aktive Anleger gegenüberstehen (Anlagesummen), die weniger schaffen. Jeder Käufer braucht einen Verkäufer und umgekehrt. Anders ausgedrückt: Aktive Anleger treten gegen andere aktive Anleger an, nicht gegen die passiven, es ist ein Nullsummenspiel bereits vor Kosten. Sonderfälle wie Frontrunning von ETFs einmal außen vor gelassen. Mehr dazu hier von Sharpe (1991). Auch durch Derivate, Leerverkäufe oder ineffizientere Märkte/Marktsegmente ändert sich das Grundprinzip nicht.

 

Die Kosten sind bei aktiven Fonds prinzipbedingt größer als bei passiven, daher ihre Renditeerwartung im Schnitt geringer. Denn es gibt nur die 10% brutto/vor Kosten zu verteilen, im obigen Beispiel. Siehe auch die "Cost Matters Hypothesis" ein paar Posting weiter oben oder den Text von Sharpe aus dem Vor-Absatz.

 

Daher sollte besser bereits heute eine hohe Wahrscheinlichkeit bestehen, z.B. auf Sicht von 10 Jahren einen der Gewinnerfonds zu erwischen, "Superstar zum Sparplanende" in deinem Beispiel. Denn sonst haben wir genau das, was du kritisieren wolltest: eine niedrigere Renditeerwartung als passiv, wenn wir auf einen oder mehrere x-beliebige aktive Fonds setzen. Und woher soll diese hohe Wahrscheinlichkeit kommen, wenn ein Fonds bisher schon kein Gewinner war, z.B. nicht durch dauerhaftes Alpha glänzt?

 

Zwar gibt es in der Tat die Strategie, die z.B. Nassim Taleb bekannt gemacht hat. Jahrelang kleinere laufende Verluste/Kosten (oder eine niedrigere Renditeerwartung) in Kauf zu nehmen, und auf den seltenen (positiven) "schwarzen Schwan" zu warten. Von dem man dann so stark profitiert, dass es alle Verluste ausgleicht. Allerdings ist damit nicht einfach blindes, zufälliges Investieren/Wetten gemeint, sondern eine anspruchsvolle Analyse. Leider hat diese Strategie schon bei Talebs Hedgefonds selbst nicht funktioniert, und ist auch generell eine hmhmhm-Strategie: mehr z.B. in diesem (arg spöttischen) Buchreview.

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Draak
[...] weil alles andere risikoadjustiert Unsinn ist. Für mich ist das Risiko nur abhängig von der Investitionszeit. .

Ich denke, es gibt hier ein allgemeines Missverständnis in Sachen Volatilität - wobei eh niemand behauptet, dass "risikoadjustiert" gleichbedeutend mit "Volatilität" wäre. Man kann nicht alle Risiken in eine einzige Zahl pressen, das ist klar. Dazu mehr hier. Übliche weitere Meßlatten sind z.B. ein maximaler Vermögensverlust (max drawdown kurzeitig oder für immer) oder Realrenditen vs. Nominalrenditen (z.B. Verhalten bei Inflation/Deflation), Korrelationen in verschiedenen Krisenszenarien usw. Auch nett dieses Buch von W. Bernstein zu "shallow risk vs. deep risk". Forenthread (engl.) darüber.

[/Quote]

 

Oh. Hier wird es interessant für mich. Ich suche in der Tat nach der Möglichkeit, das Chance/Risiko-Verhältnis eines Branchen- und/oder Regionenmix gegenüber dem Weltportfolio abzuschätzen. Und das nicht als Einmalanlage sondern als Sparplan, was ja meiner persönlichen Anlagerealität entspricht.

Bei Sparplänen erscheint mir das Risiko, mit dem Mix deutlich weniger Rendite einzufahren, geringer als die Chance, deutlich mehr zu bekommen. Leider kann ich da keine empirische Sparplanstudie anführen und muss mich auf mein Gefühl verlassen, das auf meinen stichprobenartigen Sparplanvergleichen beruht.

 

Letztendlich geht es um die Summe, die meinen Lebensstandard verändern würde. Mal angenommen, ich würde mit dem Weltportfolio über 20 Jahre 500.000€ ansparen und mit einer Wahrscheinlichkeit von 80% würde der Mix zwischen 350.000€ und 600.000€ landen. Wenn ich dafür eine 20%-Chance auf 1.500.000€ habe, ist es mir das Risiko wert. Der Unterschied zwischen 350.00 und 500.000 wird meinen Lebensstandard nicht eklatant ändern. Der Unterschied zwischen 500.000 und 1,5 Mio schon.

Ob jetzt die 20% passen, weiß ich leider nicht. Da wird wohl eine rechtsschiefe Verteilung rauskommen, aber genau die würde ich gern abschätzen können.

 

Je weiter der Entnahmezeitpunkt entfernt ist, umso riskanter sind Anlagen mit niedriger Renditeerwartung (trotz niedriger Vola).

Weniger Rendite ist schlechter, klar. Aber das Fettmarkierte ist genau der Knackpunkt. Aktive Investoren/Fonds/Selbstanleger haben als Gruppe schon rein kostenbedingt genau diese niedrigere Renditeerwartung. In deinen Worten: mehr Risiko!

 

Ja. Haben sie. Hier stellt sich die gleiche Frage nach der Höhe von Chance und Risiko bei Sparplänen. Generell bin ich bereit etwas Rendite zu riskieren für eine kleine Chance, eine sehr hohe Rendite zu bekommen. Wie du richtig gezeigt hast, ist das bei meinem ACM Fonds schon mal dumm gelaufen. :shit:

 

Ein fieser Fonds. (Es gab damals keine Alternative. ETFs sind ja noch nicht so lange in Mode.) Es hätte aber auch noch viel dümmer laufen können, wenn ich z.B. den Fonds gar nicht im Portfolio gehabt hätte.:P

 

Gegen passive Fonds habe ich gar keine persönlichen Animositäten. Ich habe sogar selbst zwei im Depot einen Comstage Emerging Markets Lev 2x und den Lyxor ETF Levdax. :lol:

Da gibt es auch einen Zusammenhang zwischen Vola des Basiswerts und Hebel, den ich noch nicht so ganz durchdrungen habe. Trotz Erwartung langfristig positiver Renditen ist ein hoher Hebel nicht automatisch am besten, weil das Kapital bei fallenden Kursen zu stark reduziert wird, was hinterher nicht mehr aufgeholt werden kann. Bei Sparplänen wird's noch wilder. Trotzdem müsste man mit der durchschnittlichen Vola des Basiswerts einen optimalen Hebel berechnen können. --> Das schweift jetzt ganz schön vom Thema ab.

 

Deine Links habe ich noch nicht komplett durchgeackert. Sieht mir aber interessant genug aus, mich da reinzugraben. :respect: Die Risk vs. Return Grafik ist schon mal recht hilfreich. Sowas bräuchte ich für Sparpläne.

 

Generell halte ich ja die Asset Allocation für viel wichtiger als die Entscheidung zwischen aktiven oder passiven Anlageinstrumenten dafür, was mich natürlich nicht davon abhält, in so einem Thread eifrig mitzudiskutieren.:P

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Alaba

Die Gesamtheit der aktiven Anleger (A) kann folglich auch nicht mehr als 10% abzüglich ihrer Kosten erwirtschaften. Jedem aktiven Anleger, der mehr schafft, müssen ein oder mehrere andere aktive Anleger gegenüberstehen (Anlagesummen), die weniger schaffen. Jeder Käufer braucht einen Verkäufer und umgekehrt. Anders ausgedrückt: Aktive Anleger treten gegen andere aktive Anleger an, nicht gegen die passiven, es ist ein Nullsummenspiel bereits vor Kosten. Sonderfälle wie Frontrunning von ETFs einmal außen vor gelassen. Mehr dazu hier von Sharpe (1991). Auch durch Derivate, Leerverkäufe oder ineffizientere Märkte/Marktsegmente ändert sich das Grundprinzip nicht.

 

Man sollte an dieser Stelle auch noch bedenken, dass man als Kleinanleger auch nicht in die Stars investieren kann. Wohlmöglich ist im Mittel das alpha aller Kleinanleger-Produkte sogar negativ.

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Draak

Für mich ist das Risiko nur abhängig von der Investitionszeit. Je weiter der Entnahmezeitpunkt entfernt ist, umso riskanter sind Anlagen mit niedriger Renditeerwartung (trotz niedriger Vola).

Kannst du das genau erklären, was hier gemeint ist?

Hmm. Guck mal auf die Uhrzeit. Was weiß denn ich, was mein krankes Hirn um die Zeit ausgeworfen hat? ;-)

Damit meinte ich nur, dass mit der Ansparzeit der Einfluss der Vola als Risikofaktor abnimmt und der Einfluss der Inflation als Risikofaktor zunimmt.

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