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fixekiste

Guten Abend zusammen,

 

nachdem ich hier schon einige hilfreiche Beiträge zum Thema DCF/WACC gelesen habe, habe ich mich nun ebenfalls hier im Forum angemeldet und direkt ein paar Fragen zur Ermittlung eines Unternehmenswerts anhang der erwähnten Methode - ich hoffe, ihr könnt mir an der ein oder anderen Stelle weiterhelfen, damit ich durch das Thema durchsteige. Und ja, Hintergrund ist eine Studienarbeit. Es geht mir aber nicht darum, alles vorgerechnet zu bekommen, sondern die Methode zu verstehe, damit ich mit möglichst genauen Werten rechnen und mich in den bevorstehenden Semesterferien mal etwas genauer mit der Thematik beschäftigen kann. Nun denn, ich fange einfach mal an:

 

  1. Ich wollte bei meiner Bewertung möglichst genau vorgehen und deshalb nicht auf ein verfügbares 250-Tage-Beta des Unternehmens (Deutsche Telekom) zurückgreifen, sondern lieber selber rechnen. Anhand der wöchentlichen Renditen über vier Jahre (im Vergleich zum DAX) bin ich jedoch auf einen Wert deutlich unterhalb des "offiziellen" gekommen. Könntet ihr ggfs. einen kurzen Blick auf meine Methode werfen (Arbeitsblatt "Beta") und mir sagen, ob ich irgendwo einen Denk- oder Rechenfehler habe oder ruhig meinen eigenen Betafaktor verwenden kann? Vielleicht ist auch der Zeitraum/das Intervall unglücklich gewählt? Leider enthält jedes zweite Lehrbuch eine andere Vorgehensweise.
  2. Ich bin bei der Berechnung des WACC dank Zirkularitätsproblem nach der iterativen Methode vorgegangen (allerdings händisch) und habe für die erste Iteration das Eigenkapital der Telekom als Marktwert des Eigenkapitals angesetzt. Als Fremdkapital sieht der Ansatz einer unserer Dozenten vor, das net debt (bei ihm zusammengesetzt aus bank loans + Pensionsrückstellungen - liquid assets) zu verwenden. Die Telekom weist in ihrem Geschäftsbericht aber bereits eine Nettoverschuldung aus - kann ich diese bedenkenlos verwenden? Zähle ich - wie hier im Forum in einer Beispielrechnung gesehen - anhand der Bilanz die Pensionsrückstellungen sowie die lang- und kurzfristigen finanziellen Verbindlichkeiten zusammen und subtrahiere die zur Veräußerung verfügbaren finanziellen Vermögenswerte, erhalte ich einen deutlich höheren Wert. Der Wert der Telekom erscheint mir da passender, die Zusammensetzung (S. 85 Geschäftsbericht) auch (allerdings vermisse ich die Pensionsrückstellungen). Ich bin nun unsicher, mit welchem Wert ich rechnen soll.
  3. Der Unternehmens(gesamt)wert, also Entity und Equity/Shareholder Value, erscheinen mir trotz vielleicht fragwürdigem Beta und der möglicherweise inkorrekten Nettoschulden sehr plausibel. Vergleiche ich z. B. den Shareholder Value mit der Marktkapitalisierung zum Bewertungsstichtag, gleicht sich das zu fast 100%. Auf der anderen Seite wiederum kann das auch genauso gut Zufall sein :) Was mir noch Sorgen macht: Die resultierende Eigen- und Fremdkapitalquote (59% zu 41%).

Ich hoffe, die Fragen lassen mich nicht als allzu schlimmen Laien darstehen :) Leider bewirkt aber annähernd jede Stellschraube ein derart anderes Ergebnis, dass ich unsicher bin, an welcher ich drehen kann und ob meine Zahlen/Berechnungen stimmen oder nicht. Mein Excel-Zauberwerk samt Geschäftsbericht, auf den ich mich beziehe, habe ich mal angehangen. Ich hoffe, ihr habt ein paar Tipps für mich.

 

Vielen Dank im Voraus und schönen Abend noch - mal sehen, ob Deutschland den Sieg noch schafft :)

 

Gruß

Olli

 

 

wacc.xlsx

DT_13Q4_Geschäftsbericht.pdf

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marky2k
· bearbeitet von marky2k

Hm musste die Deutsche Telekom auch mal in so einem corporate finance kurs bewerten (Quintessenz war: während der technology bubble war die Telekom in der Tat massiv überbewertet :-).

 

1) Beta schätzen ist so 'ne sache. Der Schätzfehler ist enorm. Glaub der akademische Standard ist, dass man tägliche Daten benutzt und meist über 5 Jahre hinweg. Das Durchschnittsbeta sollte 1 sein, also kann eine Gewichtung gegen 1 auch helfen, die Schätzung zu verbessern, z.b. 2/3 * geschätztes beta + 1/3 * 1. Schätzung an sich erfolgt an hand einfacher regression, meist mit Überrenditen also: r_it - r_ft = alpha + beta*(r_dax,t - r_ft) + e_it. Was ich damals gemacht habe, hab mir von der Homepage von diesem Damodaran Professor (google!) ein unlevered industry beta gesaugt und das dann mit dem Fremdkapitalverhältnis der Telekom gelevered um das levered beta der Telekom zu bekommen (gibt ja diese Formel um von unlevered beta auf levered beta zu kommen). Kann man durchaus mal machen als robustness check.

 

2) Würde schon mit Werten rechnen, die man nachvollziehen kann und nicht etwas Fremdes übernehmen. Pensionsrückstellungen sollten auf jeden Fall zum Fremdkapital dazugerechnet werden. Hauptargument ist, dass ein nicht Nachkommen der Pensionszahlungen als Kreditausfall von den Ratingagenturen gewertet wird - also sind Pensionsrückstellungen quasi Schulden. Iterationsmethode ist gut.

 

3) Die DCF Resultate sind im allgemeinen sehr sensitiv, deswegen macht man oft eine Sensitivitätsanalyse, in der man zeigt, wie sich der Firmenwert ceteris paribus ändert, wenn man eine (oder zwei) der Stellschrauben verdreht. Dass deine Bewertung ist 100% mit der am Stichtag übereinstimmt, ist denke ich kein Zufall, ich denke eher, dass du da vielleicht ein bisschen rangegangen bist à la "den Wert will ich ca. mal erreichen". ;) Am Ende ist es wichtig, dass du da alle deine Annahmen guten Gewissens begründen kannst. Im Endeffekt ist cash-flow basierte Unternehmensbewertung auch keine Wissenschaft, sondern eine Kunst.

 

 

 

PS. deine Beta Berechnung scheint richtig, wenn die Funktion "Steigung" den Regressionskoeffizienten berechnet. Kenne mich da mit Excel nicht aus, denke das sollte stimmen. Aber du kannst es wie oben vorgeschlagen auch mal mit Überrenditen probieren.

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fixekiste

Danke erstmal für deine Antwort.

 

Ich habe mal "zum Spaß" noch ein paar andere Beta-Konstellationen ausprobiert (monatliche und tägliche Beobachtungsperiode, S&P 500 sowie STOXX Europe 600 Telecom. als Indizes) und Werte zwischen 0,64 und 1,08 raus. Relever ich ein mir vorliegendes Asset Beta der Branche, lande ich sogar bei 1,3 (durch den kranken Verschuldungsgrad von der Telekom von 260%). Ich werde es jetzt bei meinem ursprünglichen Beta belassen, weil mir sonst der Unternehmenswert mal eben um 10 Milliarden oder mehr abschmiert - und die Market Cap. zu dem Zeitpunkt liegt wie gesagt deutlich drüber, das nehme ich dann zumindest als Anhaltspunkt und kann es auch argumentieren.

 

Unsicher bin ich nun nur noch beim Fremdkapital. Die Berechnungen von der Telekom selbst erscheinen mir wie gesagt schlüssig und ich kann mir nicht vorstellen, dass die unter Netto-Finanzverbindlichkeit was anderes veröffentlichen als allgemein üblich und definiert. Ich gehe deshalb einfach davon aus, dass zutrifft, was ich in einem Buch gefunden habe:

 

Als wesentliches Problem bei der Berechnung der Nettofinanzposition wird, auf Grund ihrer in Deutschland großen Bedeutung, die Berücksichtigung der Pensionsrückstellungen hier gesondert aufgeführt. Sofern der jährlich den Pensionsrückstellungen zuzführende Zinsaufwand - wie es bei der überwiegenden Anzahl der deutschen Unternehmen der Fall ist - im Personalaufwand enthalten ist (...), sind die abzudiskontieren Zahlungsüberschüsse bereits um den Zinsaufwand gemindert. Der sich ergebende Unternehmenswert ist deshalb bereits um die negative Wertkomponente der Pensionsrückstellungen gemindert. In diesem Fall dürfen diese nicht mehr im Rahmen der Nettofinanzposition vom Marktwert des Gesamtkapitals abgezogen werden (...).

Noch schöner wäre, wenn ich im Personalaufwand auch irgendwas in die Richtung finden würde, aber Fehlanzeige :) Werde wohl trotzdem unter Verweis auf obiges Buch mit den Telekom-Zahlen arbeite. Hier ist auch die Differenz am Ende nicht so groß (~ 6 Milliarden).

 

Eine Sensitivitätsanalyse mache ich am Ende auf jeden Fall noch. Habe mir mein Excel-Sheet extra so gebastelt, dass jede Veränderung direkt ins Endergebnis mit einfließt. Auf jeden Fall sehr spannend zu sehen, wie sehr man als Bewerter in die ein oder andere Richtung "optimieren" kann und das noch nicht mal falsch sein muss. Also Danke nochmal!

 

Gruß

Olli

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marky2k

Ich erinnere, dass, als ich die Analyse damals gemacht habe, der Marktwert ~40 (Milliarden?!) war und bei der DCF ungefähr so 5-15 Milliarden rauskamen und das wurde vom Professor auch so abgenickt mit dem Hinweis, dass die Märkte zu dem Zeitpunkt offensichtlich völlig realitätsfern bewertet haben und man eine DCF, die auf 40 Milliarden kam, nur mit absurden Annahmen begründen konnte. Will sagen: wenn dein Firmenwert weiter unter dem Marktwert liegt, ist das nicht automatisch ein Grund an der Berechnung zu zweifeln.

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