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AndyMcTwist

Fidelity Fds-Europ. Growth LU0048578792

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AndyMcTwist
Fondsmanager-Interview

Investieren hat auch viel mit Kunst, Gespür und Erfahrung zu tun"

Fondsmanager Graham Clapp über den Starkult in der Investmentbranche und die Kunst, den Index zu schlagen

 

29. Januar 2004 Graham Clapp führt den Fidelity European Growth, mit einem Volumen von zwölf Milliarden Euro der größte Aktienfonds Europas. Er hat ihn vor zwölf Monaten von seinem legendären Vorgänger Anthony Bolton übernommen, der den Fonds zuvor dreizehn Jahre mit einem überdurchschnittlichen Erfolg geführt hatte:

 

Unter Boltons Regie gewann der Fonds 400 Prozent innerhalb von dreizehn Jahren, während der Vergleichsindex im gleichen Zeitraum knapp 300 Prozent zulegte.

 

Herr Clapp, wie fühlt man sich nach einem Jahr in den Fußstapfen eines so erfolgreichen Vorgängers?

 

Ich bin mit dem ersten Jahr recht zufrieden. Es ist, als ob man nach den Beatles auf die Bühne müßte. Aber bisher hat den Anlegern wohl die Vorstellung gefallen.

 

Haben Sie den Stil im Fonds stark verändert?

 

Anthony und ich haben einen sehr ähnlichen Investmentstil, und ich denke, weder die Gesellschaft noch die Anleger wollten einen Stilwechsel in diesem Fonds - auch wenn jeder Fondsmanager immer eine eigene Note mitbringt. Zudem ist Anthony immer noch bei Fidelity tätig, so daß man ihn auch ab und an konsultieren kann.

 

Kann denn wirklich eine einzelne Person so entscheidend für die Wertentwicklung eines Fonds sein?

 

Investieren hat auch viel mit Kunst, Gespür und Erfahrung zu tun. Und davon hat ein guter Fondsmanager reichlich. Individualität macht in diesem Geschäft viel aus. Aber Sie brauchen natürlich auch das richtige Umfeld, damit Ihre Fertigkeiten zum Tragen kommen, die entsprechende Forschungsabteilung und das Fondsmanagerteam. Was Sie brauchen, ist ein Mix aus Individualität und einem Umfeld, das dieser Individualität Raum verschafft.

 

Aber je stärker ein Fonds von einer einzelnen Person abhängt, um so gefährlicher wird es doch auch für die Anleger, wenn dieser Einzelgänger zu viel Spielraum hat und ihn mißbraucht oder sich in seine Ideen verrennt, oder?

 

Dazu muß man sich überlegen, wie ein Investmentprozeß abläuft: Zuerst generieren Sie Anlageideen, dann machen Sie eine Fundamentalanalyse, nehmen anschließend eine Bewertung vor und fällen dann eine Investmententscheidung. Ein Risikomanagement brauchen Sie erst bei der Investmententscheidung - hier wird dann die Zusammensetzung des Portfolios überprüft und dem Fondsmanager gegebenenfalls auf die Finger geklopft, wenn das Risikoprofil des Fonds nicht mehr mit den Wünschen der Anleger übereinstimmt. Damit haben Sie ein effizientes Risikomanagement, ohne die Kreativität des Fondsmanagers einzuengen.

 

Aber was ist, wenn der Fondsmanager zu populär wird - auch im negativen Sinne? Gerade die deutschen Gesellschaften kämpfen heute noch mit den Folgen eines überhitzten Starkultes.

 

Wir versuchen auch deswegen, immer die Gesellschaft oder das Produkt in den Vordergrund zu stellen. Nachhaltige Popularität resultiert eher aus langjährigen Erfolgen als aus den Übertreibungen einer Spekulationsblase. Wir handhaben die Pressetermine unserer Fondsmanager sehr restriktiv, sie sollen investieren, statt zu viele Interviews zu geben.

 

Kritiker glauben sowieso nicht an einen Starkult: Niemand sei in der Lage, auf Dauer den Index zu schlagen, auch nicht ein Starfondsmanager.

 

Dann fragen Sie Anthony Bolton einmal - er hat das über Jahrzehnte hinweg geschafft. Wie lange muß man das denn vorführen, um zu belegen, daß es möglich ist, den Index zu schlagen? Genau das ist doch als Fondsmanager meine Aufgabe, und wenn ich das nicht glaube, dann brauche ich erst gar nicht zur Arbeit anzutreten.

 

Wie wollen Sie das denn mit einem Fonds erreichen, der rund zwölf Milliarden Euro schwer ist? Sie müssen doch notwendigerweise stark in Standardwerten, also in effizienten Märkten, investiert sein, und Wetten mit Nebenwerten können bei diesem Fondsvolumen keinen ausreichenden Beitrag zur Wertentwicklung liefern.

 

Das kommt darauf an. Eine Wette mit einem Nebenwert kann das Portfolio in der Tat nicht voranbringen - aber 200 Wetten mit 200 Nebenwerten schon. Hier brauchen Sie eben eine Menge Kreativität und Findigkeit, um ein Universum von rund 2000 Werten, die wir beobachten, zu überblicken und daraus die geeigneten Ideen zu generieren.

 

Dennoch: Sie sind auch stark in Standardwerten investiert, die einen effizienten Markt bilden - hier kann man doch den Index nicht schlagen.

 

Sicher, diese Märkte sind effizient, aber was ist denn damit gemeint? Effizient bedeutet hier, daß die Preise der Aktien alle Erwartungen des Marktes widerspiegeln. Unsere Aufgabe ist es also nicht, Ineffizienzen in der Informationsverwertung des Marktes zu suchen - wir müssen uns statt dessen die Erwartungen des Marktes ansehen und dort unsere Chancen suchen.

 

Mit anderen Worten: Der Markt ist zwar effizient, aber nicht die Erwartungsbildung, die zu den Kursen führt?

 

Wie oft erleben wir es, daß Erwartungen für Unternehmenszahlen geändert werden, daran ändert auch die Tatsache nichts, daß Unternehmen immer mehr Indikationen an Analysten geben, wo die Ergebnisse hinmarschieren. Ein Aktienkurs spiegelt immer nur den Durchschnitt der Erwartungen wider, und hinter diesem Durchschnitt steht ein ganzes Spektrum unterschiedlicher Erwartungen. Unsere Aufgabe ist es, aus diesem Spektrum der Erwartungen das wahrscheinlichste Szenario herauszufiltern und in Investmententscheidungen umzusetzen.

 

Und wie macht man das?

 

Indem man die Unternehmen kennt, sie versteht, indem man die richtigen Zahlen mit den richtigen Methoden analysiert - hier vermischen sich Handwerk, Wissenschaft, Erfahrung und Kunst. Auch wenn viele Fondsgesellschaften gerne den Investmentprozeß betonen: Kreativität, Erfahrung und Spürsinn lassen sich nicht in Schablonen pressen. Statt dessen müssen Sie versuchen, den Fondsmanagern das richtige Umfeld zu bieten, in dem sie diese Tugenden ausleben können.

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