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mlacorix

Inflation: Steuererhöhungen statt Zinserhöhungen sinnvoller?

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mlacorix

Ich verstehe es einfach nicht!
Jetzt ist die Inflation etwas gestiegen und gleich wollen die Zentralbanken etwas dagegen unternehmen:

  • Tapering
  • die ersten kleinen Zinsanhebungen bei der Bank of England und der Fed.

Aber ist das der richtige Weg?

Inflation kann man reduzieren, indem man der Wirtschaft Liquidität entzieht. Das geht doch auch durch Steuererhöhungen - Steuererhöhungen, die dazu genutzt werden, die bestehenden Schulden zu tilgen. Das Geld wird also durch den Staat eingenommen, die Schulden zurückgezahlt, das Geld ist dann weg bzw. "neutralisiert" und gelangt nicht mehr in den Geldkreislauf zurück.

Die Bundesregierung hatte ja in der Corona-Krise durch eine Mehrwertsteuersenkung genau das Gegenteil bewirkt. Durch die Steuersenkung hatten die Menschen mehr Geld für den Konsum übrig, was der Deflation entgegen wirken sollte. Aber jetzt könnten die Staaten die Steuern erhöhen, damit die Inflation nicht weiter ausartet. Das wäre doch besser als Maßnahmen der Zentralbank.


1. Durch Steuererhöhungen könnte Liquidität entzogen werde und die Inflation auf ein für die Menschen erträgliches Maß gehalten werden.

2. Die hochverschuldeten Staaten könnten die Steuern für ihre Ausgaben nutzen und idealerweise ihre Schulden zurückzahlen, statt sich durch die Ausgabe neuer Staatsanleihen zu finanzieren. Wenn weniger Staatsanleihen durch Staaten ausgegeben werden, bleiben die Zinsen dafür eher niedrig, sodass die Staaten weiterhin ein wenig Geld am Finanzmarkt aufnehmen können, dafür günstig. 

3. Staaten, die sich über ihre Steuereinnahmen finanzieren und weniger Schulden machen, sind tendenziell sicherere Schuldner, weil sie anhand der Steuern ihre Schulden und Zinsen bedienen können, was das Rating erhöht und zinssenkend wirkt. Das wäre doch positiv aus Sicht der hochverschuldeten Staaten.

4. Außerdem könnte die Schere zwischen den Superreichen und dem Rest reduziert werden, indem die Steuern für die Superreichen stärker erhöht werden als für den Rest.


Staaten könnten jetzt antizyklisch ihre Finanzen etwas in den Griff bekommen, jetzt wäre der Zeitpunkt für Steuererhöhungen. Ja, die Inflation im Griff zu halten ist nicht Aufgabe der Staaten, sondern der Zentralbank. Aber sehen die Staaten hier keine Chancen?
Möglicherweise ist auch die "Globale Mindeststeuer" ein Versuch in diese Richtung zu gehen. Ich finde das gut, dass die EU das treibt - auch wenn Aktienkurse mittelfristig darunter leiden könnten.
Trotzdem verstehe ich nicht die Aktionen der BoE und der Fed, denn USA und UK haben auch hohe Schulden.

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Maikel
vor 24 Minuten von mlacorix:

Inflation kann man reduzieren, indem man der Wirtschaft Liquidität entzieht.

Um die Inflation zu reduzieren müßte doch eher den Konsumenten Liquidität entzogen werden.

Denn Inflation bedeutet doch klassischerweise, daß die Nachfrage größer ist als das Angebot.

 

Eine höhere Belastung der Wirtschaft führt doch dazu, daß diese die Preise noch weiter anhebt, soweit möglich.

 

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mlacorix
· bearbeitet von mlacorix

Hier sind Konsumenten Teil der Wirtschaft. Zu den wirtschaftlichen Einrichtungen gehören Unternehmen, private und öffentliche Haushalte.

Quote

Eine höhere Belastung der Wirtschaft führt doch dazu, daß diese die Preise noch weiter anhebt, soweit möglich.

Dann könnte man ja auch behaupten, dass höhere Zinsen inflationär seien, weil höhere Zinsen ja auch die Unternehmen belasten und die dann ihre Preise erhöhen. ;-)
Steuererhöhungen wirken in der Regel deflationär, wie Zinserhöhungen.
Ich kann mir nur ein Szenario vorstellen, in dem Steuererhöhungen wirklich inflationär wirken und zwar, indem der Staat Steuern auf gehortetes Geld erhebt und diese Einnahmen direkt wieder für Konsum (Sozialausgabe etc.) ausgibt. Aber das ist ziemlich theoretisch.
 

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Limit

Ich sehe vor allem zwei Punkte, die dagegen sprechen:

  1. Aus politischer Sicht dürfte es sehr ungünstig sein in Zeiten mit schnell steigenden Kosten auch noch zusätzlich die Steuern zu erhöhen.
  2. Ich habe Zweifel, ob es ein Gleichgewicht gibt, dass einerseits der Wirtschaft genügend Liquidität entzieht und andererseits sie aber nicht nachhaltig schädigt.

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sigmabe
15 minutes ago, Limit said:

Aus politischer Sicht

Ich vermute das ist ein nicht zu unterschätzender Punkt. Man hat eben in der Geldpolitik und der Fiskalpolitik restriktive Möglichkeiten. Solange man die Hoffnung hat, dass die Zentralbanken die Probleme einigermaßen in den Griff bekommen, spricht wohl einiges dafür sie es versuchen zu lassen nicht auf unpopuläre restriktive fiskalpolitsche Maßnahmen zu setzen.

 

1 hour ago, mlacorix said:

Dann könnte man ja auch behaupten, dass höhere Zinsen inflationär seien, weil höhere Zinsen ja auch die Unternehmen belasten und die dann ihre Preise erhöhen. ;-)
Steuererhöhungen wirken in der Regel deflationär, wie Zinserhöhungen.

Bei starker Verschuldung gibt es vielleicht durchaus solche Effekte. Manche behaupten ja durchaus, dass man durch starke Verschuldung die Effektivität oder sogar die grundsätzliche Möglichkeit zum Einsatz geeigneter geldpolitischen Maßnahmen zurückgeht.

 

1 hour ago, mlacorix said:

Ich kann mir nur ein Szenario vorstellen, in dem Steuererhöhungen wirklich inflationär wirken und zwar, indem der Staat Steuern auf gehortetes Geld erhebt und diese Einnahmen direkt wieder für Konsum (Sozialausgabe etc.) ausgibt. Aber das ist ziemlich theoretisch.

Das ist eigentlich eine ziemlich alte Idee und steckt hinter den meisten Regionalwährungsgedanken (Stichworte: Freigeld, Silvio Gesell). Theoretisch könnte man sich auch vorstellen, dass man das einigermaßen stabilieren kann, also restrikive Fiskalpolitik und expansive Geldpolitik gleichzeitig. Eigentlich ist das ja auch ähnlich zu deiner grundsätzlichen Idee die Steuern zu erhöhen und die Inflation von geldpolitischer Seite laufen zu lassen und dort ein Gleichgewicht zu suchen.

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Maikel
vor 4 Stunden von mlacorix:

Steuererhöhungen, die dazu genutzt werden, die bestehenden Schulden zu tilgen. Das Geld wird also durch den Staat eingenommen, die Schulden zurückgezahlt, das Geld ist dann weg bzw. "neutralisiert" und gelangt nicht mehr in den Geldkreislauf zurück.

Mir ist nicht ganz klar, was du mit "neutralisiert" meinst; aber wenn der Staat Schulden tilgt, dann fließt das Geld aus der Tilgung doch an die Halter der Anleihen, und somit wieder in den Wirtschaftskreislauf.

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migieger
vor 4 Stunden von mlacorix:

Ich verstehe es einfach nicht!
Jetzt ist die Inflation etwas gestiegen...


Les' 'mal: Henry Hazlitt, Was Sie über Inflation wissen sollten https://www.amazon.de/dp/3898799549 bzw. englisch Henry Hazlitt, What You Should Know About Inflation (1960) https://www.amazon.de/dp/1169829848

Danach weisst Du, dass Inflation von Regierungen verursacht wird und sofort (!) beendet werden kann wenn die Regierungen das nur woll(t)en. Die Regierungen muessen nur aufhoeren Schulden zu machen bzw. Schulden nur fremd zu finanzieren, also nicht bei Notenbanken, EZB o.ae. zu machen. Dann kann die Geldmenge nicht mehr der Warenmenge/Produktivitaet davonlaufen und es gibt keine Inflation mehr...

VG
 

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mlacorix
Quote

Mir ist nicht ganz klar, was du mit "neutralisiert" meinst; aber wenn der Staat Schulden tilgt, dann fließt das Geld aus der Tilgung doch an die Halter der Anleihen, und somit wieder in den Wirtschaftskreislauf.

Die Zentralbank hat das Geld erschaffen, mit dem sie die Anleihen aufgekauft hat. Wenn der Staat eine Anleihe zurückzahlt, die bei einer Zentralbank liegt, ist das Geld wieder weg. Das meine ich mit neutralisieren.
Formal darf die Zentralbank nicht einfach so den Staat finanzieren. Das wäre ja nicht erlaubt oder so. Zwischen Staat und Zentralbank liegen jetzt noch eine Reihe Banken (Nutznießer), die die Staatsanleihen dem Staat abkaufen und dann ein bisschen teuerer an die Zentralbank verkaufen. Von irgendwas müssen die Banken ja leben, wenn die Zinsen nahe Null sind. Diese Zwischenhändler kann man aber gedanklich wegabstrahieren. So stelle ich es mir zumindest naiv vor.

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sigmabe
27 minutes ago, Maikel said:

"neutralisiert" meinst; aber wenn der Staat Schulden tilgt, dann fließt das Geld aus der Tilgung doch an die Halter der Anleihen, und somit wieder in den Wirtschaftskreislauf.

Vermutlich ist gemeint, dass die Staatsanleihenankäufe der Zentralbanken wieder "sterilisiert" werden, in diese Richtung geht ja das Tapering zum Teil durchaus. Das heißt der ausschlaggebende Punkt ist hier, dass "die Halter der Anleihen"  zu einem großen Teil die Zentralbanken sind.

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DancingWombat
vor 5 Stunden von mlacorix:

Ich verstehe es einfach nicht!
Jetzt ist die Inflation etwas gestiegen und gleich wollen die Zentralbanken etwas dagegen unternehmen:

  • Tapering
  • die ersten kleinen Zinsanhebungen bei der Bank of England und der Fed.

Aber ist das der richtige Weg?

Inflation kann man reduzieren, indem man der Wirtschaft Liquidität entzieht. Das geht doch auch durch Steuererhöhungen - Steuererhöhungen, die dazu genutzt werden, die bestehenden Schulden zu tilgen. Das Geld wird also durch den Staat eingenommen, die Schulden zurückgezahlt, das Geld ist dann weg bzw. "neutralisiert" und gelangt nicht mehr in den Geldkreislauf zurück.

 

Das ist falsch. Wenn der Staat seine Kredite tilgt ist das Geld dem Wirtschaftskreislauf nicht entzogen (sofern der Gläubiger nicht die Zentralbank ist).

 

vor 5 Stunden von mlacorix:

Die Bundesregierung hatte ja in der Corona-Krise durch eine Mehrwertsteuersenkung genau das Gegenteil bewirkt. Durch die Steuersenkung hatten die Menschen mehr Geld für den Konsum übrig, was der Deflation entgegen wirken sollte. Aber jetzt könnten die Staaten die Steuern erhöhen, damit die Inflation nicht weiter ausartet. Das wäre doch besser als Maßnahmen der Zentralbank.

Das war ja auch das Ziel. Die Angst war hier eher, dass wir in die Deflation rutschen. Um das zu verhindern war das ein durchaus logisches Vorgehen (wenn auch praktisch vielleicht nicht optimal umgesetzt).

 

vor 5 Stunden von mlacorix:


1. Durch Steuererhöhungen könnte Liquidität entzogen werde und die Inflation auf ein für die Menschen erträgliches Maß gehalten werden.

Eigentlich nicht, denn es hängt davon ab was dann mit den Steuermitteln passiert (siehe oben).

 

vor 5 Stunden von mlacorix:

2. Die hochverschuldeten Staaten könnten die Steuern für ihre Ausgaben nutzen und idealerweise ihre Schulden zurückzahlen, statt sich durch die Ausgabe neuer Staatsanleihen zu finanzieren. Wenn weniger Staatsanleihen durch Staaten ausgegeben werden, bleiben die Zinsen dafür eher niedrig, sodass die Staaten weiterhin ein wenig Geld am Finanzmarkt aufnehmen können, dafür günstig. 

Das hilft halt nur sehr bedingt die Liquidität aus dem Markt zu ziehen.

 

 

vor 5 Stunden von mlacorix:

3. Staaten, die sich über ihre Steuereinnahmen finanzieren und weniger Schulden machen, sind tendenziell sicherere Schuldner, weil sie anhand der Steuern ihre Schulden und Zinsen bedienen können, was das Rating erhöht und zinssenkend wirkt. Das wäre doch positiv aus Sicht der hochverschuldeten Staaten.

Hohe Steuern bedeuten aber auch, dass ein Wirtschaftsstandort an Attraktivität einbüßt. Unternehmen könnten sich dann überlegen ihren Betrieb in anderen Ländern zu verlagern.

 

 

vor 5 Stunden von mlacorix:

4. Außerdem könnte die Schere zwischen den Superreichen und dem Rest reduziert werden, indem die Steuern für die Superreichen stärker erhöht werden als für den Rest.

Das mag sein, hilft aber nicht die Inflation zu bekämpfen und kann daher keine Alternative sein.

 

 

 

vor 5 Stunden von mlacorix:

Staaten könnten jetzt antizyklisch ihre Finanzen etwas in den Griff bekommen, jetzt wäre der Zeitpunkt für Steuererhöhungen. Ja, die Inflation im Griff zu halten ist nicht Aufgabe der Staaten, sondern der Zentralbank. Aber sehen die Staaten hier keine Chancen?

Staaten konnten sich die letzten 10-15 Jahre sehr günstig refinanzieren. Die Anleihen haben teilweise sehr lange Laufzeiten, d.h. es wird erst sehr langsam tatsächlich eine Belastung werden.

 

vor 5 Stunden von mlacorix:

Möglicherweise ist auch die "Globale Mindeststeuer" ein Versuch in diese Richtung zu gehen. Ich finde das gut, dass die EU das treibt - auch wenn Aktienkurse mittelfristig darunter leiden könnten.

Das ist ja ein anderes Thema und hat nichts mit Inflation zu tun.

vor 5 Stunden von mlacorix:

Trotzdem verstehe ich nicht die Aktionen der BoE und der Fed, denn USA und UK haben auch hohe Schulden.

Es geht ja nicht um die Staaten. Höhere Zinsen bedeuten, dass eine Investition nicht besser rechnen muss da höhere Fremdkapitalkosten bezahlt werden müssen. Konsumenten kaufen eher weniger wenn sie Kredite dafür brauchen. Die Barmittel erwirtschaften höhere Renditen, so dass es weniger Attraktiv scheint die Mittel zu verkonsumieren --> Die Nachfrage geht zurück und die Preise steigen weniger stark.

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oktavian

Da die Fiskalpolitik sehr inflationär gewirkt hat, ist es nur logisch, dass die Staaten auch in die andere Richtung lenken könnten. Nicht das quantitative easing hat zu Inflation geführt, sondern das  Neuverschulden und direkte leistungslose Auszahlung via z.B. checks in den USA und Kurzarbeitergeld in DE (direkte Monetarisierung der Schulden). Das Gegenteil muss ja deflationär wirken.

 

Bedenken muss man die automatischen Dämpfer:

Bei Inflation dreht der Staat automatisch an der Steuerschraube. Bei der EK steigt der Durchschnittssteuersatz und mit der Abgeltungssteuer wird die nominale Rendite (inkl. Inflation) besteuert. Das dämpft vollautomatisch. Auch die Vorabpauschalen ziehen an.

 

Die Zentralbanken sehe ich gar nicht so sehr als mächtig an. Wenn die Wirtschaft anzieht wird sie Kapital ansaugen und dann gibt es ein Kapitaldefizit und die Zinsen steigen von alleine. Das Gleichgewicht hängt in meinen Augen am Wachstum.

 

Evtl auch mal Taylor anschauen: https://de.wikipedia.org/wiki/Taylor-Regel

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Incantation

Wir haben die Geldschöpfung eben nicht nur bei den Zentralbanken sondern im Kreditfall auch bei den Geschäftsbanken. Insofern führen auch sonst niedrige Zinsen zu einer Ausweitung der Geldmenge (hohe Kreditnachfrage) - wenn auch nicht mit dieser extremen Geschwindigkeit wie das bei den Zentralbanken geht. Die Zentralbanken haben also die Möglichkeit an dem Punkt zu bremsen wo immer noch mehr neues Geld gedruckt wird - und das eben nicht nur über das Tapering, sondern auch über die Zinsen.

 

Um das Geld das schon im System ist rauszukriegen müssen Schulden getilgt werden. Da haben natürlich die Staaten auch wieder den größten Hebel (sind ja die größten Schuldner) und das Geld dazu würden sie über Steuern kriegen. Die treffsicher hinzukriegen ist nicht gerade trivial. Wenn wir das Beispiel aus dem Thread mit den Kurzarbeitern nehmen die direkt Geld vom Staat erhalten haben: die haben es ja auch wieder ausgeben müssen, also denen sollte man jetzt nicht unbedingt noch ne höhere Steuer aufbrummen. Dann könnte man sich denken man saugt das Geld dort ab, wo es sich wohl wieder angesammelt hat (das wäre dann wohl eine Besteuerung der Bestandsvermögen). Das sind aber nicht die Gelder, die jetzt die Inflation befeuern.

 

Ich würde jetzt als Analogie bemühen, dass es halt erst sinnvoll wäre das Loch zu stopfen durch das immer neues Wasser in den Keller rinnt, bevor wir anfangen ihn leerzuschöpfen. Und das Loch in dem Fall sind eben die Quantitative Easing Programme und die Ritzen wo auch noch was rinnt, die extrem niedrigen Zinsen.

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mlacorix

Vielen Dank für eure Antworten!

 

Im Angesicht der hohen Staatsschulden in den Industriestaaten UND einer moderat steigenden Inflation wäre also eine möglichst expansive Geldpolitik in Kombination mit einer restriktiven Fiskalpolitik notwendig. Das erinnert mich an die Ära Merkel („schwarze Null“). Die Fiskalpolitik müsste so flexibel gestaltet sein, dass restriktive Maßnahmen wieder gelockert werden können, um selbst keine Krise auszulösen.

 

Eine restriktivere Geldpolitik (Tapering, Zinserhöhung) würde jedoch die Staaten einschränken gleichzeitig eine restriktive Fiskalpolitik zum Schuldenabbau umzusetzen. Einfaches Beispiel: Angenommen die Staaten hätten aufgrund steigender Inflation die Möglichkeit, eine Steuer um bis zu 5 % zu erhöhen, ohne den Aufschwung abzuwürgen (Liquiditätsentzug durch restriktive Fiskalpolitik). Dadurch wird die Inflation gebremst. Die eingenommene Steuer sollte dann in den Schuldenabbau und nicht zurück in die Wirtschaft fließen. Würde die Zentralbank gleichzeitig Tapering und/oder Zinserhöhungen (restriktive Geldpolitik) betreiben, dann würde zusätzliche Liquidität entzogen, die den Spielraum, die Steuer zu erhöhen, reduziert. Die Staaten könnten also bei einer restriktiven Geldpolitik vielleicht die Steuer nur noch um 3 % erhöhen anstatt um 5 %, ohne den Aufschwung abzuwürgen und könnten weniger Schulden abbauen.


Ich fasse mal zusammen: Die ideale finanzielle Repression für den Schuldenabbau wäre es also, die Leitzinsen möglichst weit unter der Inflation zu halten und anhand von Steuereinnahmen, die zum Schuldenabbau genutzt werden, die Inflation im Zaum zu halten.


Antworten

10 hours ago, Limit said:

Aus politischer Sicht dürfte es sehr ungünstig sein in Zeiten mit schnell steigenden Kosten auch noch zusätzlich die Steuern zu erhöhen.

Ja, auf die kurze Sicht hast du Recht und leider denken Politiker manche Politiker nur an die nächste Wahl. Es ist aber möglich, dass mehrere weltweite Krisen, ähnlich der letzten Krisen, mit geringem zeitlichen Abstand aufeinander folgen. Wenn dann die Staaten bereits hochverschuldet sind und massive, leistungslose Auszahlungen machen müssen, um Massenarbeitslosigkeit und Aufstände zu verhindern, bekommen wir ein ganz schönes Inflationsproblem. Und wenn dann die Zentralbanken die Zinsen plötzlich erhöhen, wird sich ggf. zusätzlich ein Systemrisiko im Bankensystem manifestieren. Das ist dann auch ungünstig. Aber ich denke, die Fiskalpolitik wird nicht von den gewählten Politikern gemacht, die haben schlicht keine Ahnung.

10 hours ago, Limit said:

Ich habe Zweifel, ob es ein Gleichgewicht gibt, dass einerseits der Wirtschaft genügend Liquidität entzieht und andererseits sie aber nicht nachhaltig schädigt.

Ich denke, dass es so ein Gleichgewicht geben muss. In jeder Gesellschaft gibt es eine arbeitende Mittelschicht, die die Kinder, die Alten und die Kranken mitversorgen kann. Ein Problem ist jedoch, wenn z. B. eine Elite existiert, die die Überschüsse komplett absaugt, sodass für den Rest nichts mehr übrig bleibt.

10 hours ago, sigmabe said:

Solange man die Hoffnung hat, dass die Zentralbanken die Probleme einigermaßen in den Griff bekommen, spricht wohl einiges dafür sie es versuchen zu lassen nicht auf unpopuläre restriktive fiskalpolitische Maßnahmen zu setzen.

Ich verstehe gerade nicht, warum Zinserhöhungen populärer sein sollten als restriktive fiskalpolitische Maßnahmen. Könnte man das nicht umdrehen?: Solange man die Hoffnung hat, dass die Staaten die Probleme (Inflation) einigermaßen in den Griff bekommen, spricht wohl einiges dafür sie es versuchen zu lassen nicht auf unpopuläre restriktive geldpolitische Maßnahmen zu setzen.

7 hours ago, sigmabe said:

"sterilisiert"

Danke, du hast mich richtig verstanden, ich meinte „sterilisiert“.

3 hours ago, oktavian said:

Bedenken muss man die automatischen Dämpfer:

Bei Inflation dreht der Staat automatisch an der Steuerschraube. Bei der EK steigt der Durchschnittssteuersatz und mit der Abgeltungssteuer wird die nominale Rendite (inkl. Inflation) besteuert. Das dämpft vollautomatisch. Auch die Vorabpauschalen ziehen an.

Danke ein sehr guter Hinweis!

3 hours ago, oktavian said:

Die Zentralbanken sehe ich gar nicht so sehr als mächtig an. Wenn die Wirtschaft anzieht wird sie Kapital ansaugen und dann gibt es ein Kapitaldefizit und die Zinsen steigen von alleine. Das Gleichgewicht hängt in meinen Augen am Wachstum.

Die Zentralbanken halten aber schon sehr viele Staatsanleihen. Ohne sie wären die Zinsen nicht so niedrig. Wir haben ja eher eine Geld- und keine Sparschwemme. Wenn die Wirtschaft anzieht und wir wieder ein nennenswertes Wirtschaftswachstum bekommen, würden viele Probleme entschärft.

2 hours ago, Incantation said:

Wenn wir das Beispiel aus dem Thread mit den Kurzarbeitern nehmen die direkt Geld vom Staat erhalten haben: die haben es ja auch wieder ausgeben müssen, also denen sollte man jetzt nicht unbedingt noch ne höhere Steuer aufbrummen.

Es könnten erfolgreiche Digitalunternehmen, wie Apple, Amazon, Microsoft etc. mehr steuern zahlen. Welche Steuern wie erhoben werden oder welche Ausgaben gekürzt werden, da habe ich vollstes Vertrauen in die Kreativität unserer Finanzbeamten.

1 hour ago, Incantation said:

Dann könnte man sich denken man saugt das Geld dort ab, wo es sich wohl wieder angesammelt hat (das wäre dann wohl eine Besteuerung der Bestandsvermögen). Das sind aber nicht die Gelder, die jetzt die Inflation befeuern.

Haha, diese Gelder hingegen könnte der Staat bei der nächsten Krise ein wenig antasten und für Hilfsprogramme nutzen, anstatt weitere Staatsanleihen zu verkaufen. Das wäre dann womöglich sogar inflationär, insb. wenn es sich um gehortetes Geld handelt.

1 hour ago, Incantation said:

das Loch zu stopfen durch das immer neues Wasser in den Keller rinnt

Mit dem Loch meinst du Quantitative Easing oder Zinserhöhungen. Solange die Staaten so hohe Schulden haben benötigen sie ja viel des „Wassers“, um die Schulden zu tilgen. Unternehmen/Menschen könnten sich bei einer expansiven Geldpolitik und restriktiven Fiskalpolitik günstig bei den Geschäftsbanken verschulden, d. h. sie müssten dann kaum Zinsen zahlen, dafür aber höhere Steuern zahlen. Daher müsste das Loch nicht sofort geschlossen werden.

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B3n
vor 7 Stunden von mlacorix:

Die Zentralbanken halten aber schon sehr viele Staatsanleihen. Ohne sie wären die Zinsen nicht so niedrig. Wir haben ja eher eine Geld- und keine Sparschwemme. Wenn die Wirtschaft anzieht und wir wieder ein nennenswertes Wirtschaftswachstum bekommen, würden viele Probleme entschärft.

Das würde ich so nicht sehen. Die EU Bürger haben Finanzvermögen von rund 31 Billionen Euro in 2020. Davon sind ca. 21 Billionen in Einlagen und Versicherungen,Pensionen etc. angelegt. Zusätzlich 9,5 Billionen in Aktien und Investmentfonds ( wovon ein Teil ein Renten und Mischfonds etc. liegt). Das Finanzvermögen ist in den letzten 10 Jahren damit um rund 50% gestiegen, die Verbindlichkeiten nur um rund 15%. 

Die Anleihekäufe der EZB haben zwar zusätzlich für die geringen Zinsen gesorgt, aber auch ohne die Programme wären die Zinsen vermutlich nicht sehr hoch. 

 

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oktavian

Die Zentralbanken haben vermutlich mehr Macht bei den kurzfristigen Zinsen. Du kannst auch mal https://de.wikipedia.org/wiki/Fisher-Gleichung anschauen.

"Die Fisher-Gleichung besagt, dass der Nominalzins in etwa der Summe von Realzins und erwarteter Inflationsrate entspricht."

 

In der Türkei kann man mal schauen, wie gut die türkische Zentralbank dagegen an arbeiten kann B-). Die Türken sind auch schlau und wollen erwartete stark negative Realzinsen nicht hinnehmen und sind dann eben u.a. in Dollar gegangen. Ich denke nicht, dass die Zentralbanken alle in Anlagen mit negativer realer Rendite zwingen kann - zumindest nicht bei Wirtschaftswachstum.

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