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Quasan

Korrelation EZB-Leitzins und €STR

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Quasan
· bearbeitet von Quasan

Hallo zusammen,

 

zweifelsohne existiert ja eine Korrelation zwischen dem EZB-Leitzins und dem €STR (Euro Short-Term Rate).

 

Ich habe mir die Entwicklung des EZB-Leitzins und des €STR mal genauer angesehen:

  • bis 21.07.2022:
    • EZB-Leitzins: 0,00%
    • €ESTR: ~-0,58%
    • Differenz: ~0,58%
  • bis 08.09.2022
    • EZB-Leitzins: 0,50%
    • €ESTR: ~-0,08%
    • Differenz: ~0,58%
  • bis 28.10.2022
    • EZB-Leitzins: 1,25%
    • €ESTR: ~0,65%
    • Differenz: ~0,60%
  • bis 15.12.2022
    • EZB-Leitzins: 2,00%
    • €ESTR: ~1,40%
    • Differenz: ~0,60%
  • bis 02.02.2023
    • EZB-Leitzins: 2,50%
    • €ESTR: ~1,90%
    • Differenz: ~0,60%
  • bis 16.03.2023
    • EZB-Leitzins: 3,00%
    • €ESTR: ~2,40%
    • Differenz: ~0,60%
  • bis 04.05.2023
    • EZB-Leitzins: 3,50%
    • €ESTR: ~2,90%
    • Differenz: ~0,60%
  • bis 15.06.2023
    • EZB-Leitzins: 3,75%
    • €ESTR: ~3,15%
    • Differenz: ~0,60%
  • bis 27.07.2023
    • EZB-Leitzins: 4,00%
    • €ESTR: ~3,40%
    • Differenz: ~0,60%
  • bis 14.09.2023
    • EZB-Leitzins: 4,25%
    • €ESTR: ~3,65%
    • Differenz: ~0,60%

 

Was will ich damit zeigen? Die Differenz beträgt zuverlässig rund 0,60%. Selbst in Zeiten als der EZB-Basiszins bei 0,00% lag, lag der €STR zuverlässig rund 0,60% darunter. Ich habe dazu keine Quellen gefunden, aber muss das so sein?

 

Was bedeutet das im Umkehrschluss für Indizes, die den €STR als Grundlage haben?

 

Nehmen wir z.B. den DEUTSCHE BANK EURO OVERNIGHT RATE Index. Der sich wie folgt beschriebt:

Zitat

Der Index bildet die Wertentwicklung einer Einlage ab, die mit dem kurzfristigen Euro-Zinssatz (€STR) zuzüglich einer Anpassung von 8,5 Basispunkten verzinst wird, wobei die Zinserträge reinvestiert werden

Wenn die Differenz zwischen EZB-Leitzins und €STR immer 0,60% beträgt, müsste der Index also immer 0,515% unterhalb des EZB-Leitzinses liegen.

 

Gemäß des Falls, dass der auf diesem Index basierende Xtrackers EUR Overnight Rate Swap UCITS ETF 1C den Index genau abbildet, kann man sich ja so sehr genau die zu erwartende Performance ausrechnen: Sie liegt 0,515% unterhalb des EZB-Leitzinses. Bei aktuell 4,50%, ist also zu erwarten, dass der verlinkte Geldmarkt-ETF eine Rendite von 3,985% erreicht. 

 

Sehe ich das richtig oder mache ich einen Fehler... und nochmal zurück zu meiner vorherigen Frage: Wieso beträgt die Differenz zwischen EZB-Leitzins und €STR immer ziemlich genau 0,60%?

 

 

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moonraker
· bearbeitet von moonraker

Es gibt nicht "den" ETB-Leitzins, sondern drei:

  • Einlagesatz (Deposit facility) - aktuell 4.00%
  • Hauptrefinanzierungssatz (Main refinancing operations) - aktuell 4.50%
  • Spitzenrefinanzierungssatz (Marginal lending facility) - aktuell 4.75%

https://www.ecb.europa.eu/stats/policy_and_exchange_rates/key_ecb_interest_rates/html/index.en.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Leitzins

 

Es scheint, dass Du €STR mit dem Hauptrefinanzierungssatz verglichen hast (bis 14.9.: 4.25%).

Dieser Zinssatz lag aber immer 0.5% über dem Einlagesatz, also ziemlich passend zu Deiner ermittelten Differenz zum €STR.

Wenn Du also €STR zu Einlagesatz vergleichst, dürfte die Differenz quasi 0% betragen...

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mcw

Es gibt drei verschiedene EZB Leitzins-Sätze. Als Vergleich für den €STR passt wohl der Zinssatz für Einlagen (Einlagefazilität) besser als der in deinem Vergleich verwendete Zinssatz für Hauptrefinanzierungsgeschäfte. Der Einlagezins liegt meist 0,5 Prozentpunkte niedriger und erklärt so einen großen Teil des Unterschieds.

 

Dein Ergebnis für die erwartete Rendite des ETFs ist durch den konstanten Unterschied der beiden Zinssätze m.E.n. richtig. Du musst aber noch die ETF-Kosten abziehen. Die liegen bei etwas über 0,1% soweit ich weiß.

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Quasan
vor 7 Minuten von moonraker:

Es gibt nicht "den" ETB-Leitzins, sondern drei:

  • Einlagesatz (Deposit facility) - aktuell 4.00%
  • Hauptrefinanzierungssatz (Main refinancing operations) - aktuell 4.50%
  • Spitzenrefinanzierungssatz (Marginal lending facility) - aktuell 4.75%

 

vor 7 Minuten von mcw:

Es gibt drei verschiedene EZB Leitzins-Sätze.

Danke, das war mir tatsächlich nicht bewusst. In den Medien ist immer der Hauptrefinanzierungssatz präsent. Den habe ich, wie ihr ja schon selbst erkannt habt, als Basis genommen.

 

vor 9 Minuten von mcw:

Du musst aber noch die ETF-Kosten abziehen. Die liegen bei etwas über 0,1% soweit ich weiß.

Stimmt, das habe ich vergessen.

 

Neu ist für mich aber tatsächlich die Erkenntnis, dass man die Performance so einfach ableiten kann. Das macht es sehr einfach Geldmarkt-ETFs mit Tagesgeld-Angeboten zu vergleichen.

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stagflation
· bearbeitet von stagflation

In einer FAQ der Bundesbank zum €STR findet man den Hinweis, dass es der €STR eingeführt wurde, um die Marktrealität zu erfassen. Sonst könnte man ja gleich einen der Leitzinsen als Vergleichsmaßstab wählen. Insbesondere kann es auf dem Markt Transaktionen geben, "die zu einem Zinssatz durchgeführt werden, der unter dem Zinssatz der Einlagen- oder über dem der Spitzenrefinanzierungsfazilität liegt".

 

Es gibt also bewusst keinen festen Abstand zwischen den Leitzinsen und dem €STR. Die Leitzinsen sind die Vorgaben der EZB - und der €STR misst das, was auf dem Markt tatsächlich passiert.

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Quasan
vor 2 Minuten von stagflation:

Es gibt also bewusst keinen festen Abstand zwischen den Leitzinsen und dem €STR. Die Leitzinsen sind die Vorgaben der EZB - und der €STR misst das, was auf dem Markt tatsächlich passiert.

OK, die konstante durchschnittliche Differenz hat sich also in der Praxis herausgestellt, ist aber nirgendwo so festgeschrieben. Entsprechend gibt es logischerweise keine "Zusicherung".

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stagflation
· bearbeitet von stagflation

Warte mal ab, was passiert, wenn die nächste Finanzkrise kommt - und die Banken sich gegenseitig nicht mehr trauen. Dann dürfte der €STR steigen und seine Abstände zu den Leitzinsen ändern.

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Quasan
vor einer Stunde von stagflation:

Dann warte mal ab, was passiert, wenn die nächste Finanzkrise kommt - und die Banken gegenseitig nicht mehr trauen. Dann dürfte der €STR deutlich steigen.

Verstanden, aber zumindest kann man sagen, dass der €STR seit seiner Einführung in Oktober 2019 mit den Leitzinssätzen korreliert... und zwar ziemlich genau. In dieser Zeit lag er stetig im gleichen absoluten Abstand zu den Leitzinssätzen.

 

 

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stagflation
· bearbeitet von stagflation
vor 19 Minuten von Quasan:

Verstanden, aber zumindest kann man sagen, dass der €STR seit seiner Einführung in Oktober 2019 mit den Leitzinssätzen korreliert... und zwar ziemlich genau. In dieser Zeit lag er stetig im gleichen absoluten Abstand zu den Leitzinssätzen.

 

Wir können uns die Kursentwicklung des €STR anschauen:

 

Im letzten Jahr:

 

image.png.3f3d359ccf2bb2758d0967cf5f0db3f0.png

Quelle: Comdirect

 

Sieht hübsch aus! Seit 2019:

 

image.png.c94a2133195e529dd92c1dac170bc034.png

Quelle: Comdirect

 

Und in der Zeit von 2019 bis Mitte 2022:

 

image.png.7b7ee53016ce61270cb43c27683407b0.png

Quelle: Comdirect

 

Man sieht schon ein paar Schwankungen - aber die sind minimal. Insofern gebe ich Dir Recht, dass sich der €STR bisher sehr ähnlich entwickelt hat, wie die Leitzinsen. Nichtsdestotrotz kann sich das in Zukunft ändern - und zwar gerade in Krisen-Situationen... Je nachdem, was man machen will, kann das irrelevant oder auch sehr relevant sein.

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Quasan
vor 17 Minuten von stagflation:

Sieht hübsch aus!

Ja, ist interessant zu sehen, wie der €STR jede Leitzinserhöhung direkt mitgenommen hat. :)

 

vor 18 Minuten von stagflation:

Nichtsdestotrotz kann sich das in Zukunft ändern - und zwar gerade in Krisen-Situationen... Je nachdem, was man machen will, kann das irrelevant oder auch sehr relevant sein.

Ja, das ist die Unbekannte dabei und entsprechend ist dein Hinweis ja völlig richtig: Die Leitzinsen beeinflussen den €STR prinzipiell sehr direkt und es existiert im Allgemeinen eine starke Korrelation, aber diese ist nicht gewährleistet.

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Rotenstein
· bearbeitet von Rotenstein

Der €STR ist von gestern auf heute von 3.651% auf 3.901% angestiegen. Dies entspricht der Leitzinserhöhung um 0.25 Prozentpunkte, die am 14.09.2023 beschlossen, aber erst gestern (20.09.) wirksam wurde und sich dementsprechend erst heute (21.09.) im €STR niederschlägt.  

https://www.ecb.europa.eu/stats/financial_markets_and_interest_rates/euro_short-term_rate/html/index.en.html

 

Die Details zum €STR und den abbildenden ETFs habe ich offenbar auch noch nicht verstanden, aber es geht dabei glücklicherweise nur um Zehntelprozentpunkte: 

 

Beispielsweise ist mir nicht klar, warum der €STR mit 3.901% unter dem Einlagenzinssatz von 4% liegt. Ich hätte gedacht, dass er leicht darüber liegen müsste. Ansonsten wäre es für Banken doch attraktiver, das Geld absolut sicher bei der EZB einzulagern, als es anderen Banken zur Verfügung zu stellen. Hängt dies von der Marktlage ab?

 

Eine weitere Detailfrage ist, ob der Zins tatsächlich täglich abgerechnet wird, also die Einlage mit 4%/ 365 verzinst wird, und ob ein ETF auf den €STR demzufolge den Zinseszins täglich berücksichtigt. Dies würde ein weiteres Zehntelprozent ausmachen... Wie oben zitiert, steht im Basisinformationsblatt zu LU0290358497 nur, dass die Zinsen reinvestiert werden. Ich würde dann davon ausgehen, dass dies bei einem "Overnight"-Produkt tatsächlich täglich geschieht, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. 

Dieser ETF strebt ja ohnehin an, 8.5 Basispunkte, also 0.085 Prozentpunkte besser zu sein als €STR. Dies wird freilich durch die TER von 0.1% mehr als aufgefressen. 

 

Schenkt man der Berechnung bei justetf.com Glauben, dann beträgt die Rendite des Xtrackers Overnight (LU0290358497) auf den letzten Monat 0.34%. Rechnet man dies mit Zinseszins hoch auf ein Jahr, kommt man auf eine Rendite von ca. 4.16%, wobei bei dieser Haarspalterei Rundungsfehler ins Spiel kommen dürften. 

https://www.justetf.com/de/etf-profile.html?isin=LU0290358497#rendite

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PKW
vor 8 Stunden von Rotenstein:

Beispielsweise ist mir nicht klar, warum der €STR mit 3.901% unter dem Einlagenzinssatz von 4% liegt. Ich hätte gedacht, dass er leicht darüber liegen müsste. Ansonsten wäre es für Banken doch attraktiver, das Geld absolut sicher bei der EZB einzulagern, als es anderen Banken zur Verfügung zu stellen. Hängt dies von der Marktlage ab?

Meine Vermutung:
Je nach den täglichen Überweisungen zwischen den Banken kommen abends unterschiedliche Werte zustande, welche sich die Banken untereinander schulden (oder gut haben).
Wahrscheinlich ist es für die Bank einfacher den €STR knapp unter Einlagenzinssatz zu akzeptieren als dann eine weitere Partei (EZB) mit ins Boot zu holen um die Differenz zwischen €STR und Einlagenzins noch hereinzuholen.

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Rotkehlchen

€STR ist kein Interbanken-Zinssatz, deshalb wird er auch durch Transaktionen von Nichtbanken beeinflusst, die nicht auf die Einlagefazilität zurückgreifen können. Es ist also insbesondere möglich, dass eine Bank sich Geld von bspw. einem Geldmarktfonds zu einem Zinssatz unterhalb des Einlagesatzes "leiht" und dann bei der EZB parkt, um die Differenz zwischen den beiden Zinssätzen mitzunehmen. Der Spread zwischen €STR und Einlagesatz ist ein guter Indikator für die Liquidität im gesamten Geldmarkt.

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cfbdsir
Am 23.9.2023 um 15:13 von Rotkehlchen:

€STR ist kein Interbanken-Zinssatz, deshalb wird er auch durch Transaktionen von Nichtbanken beeinflusst, die nicht auf die Einlagefazilität zurückgreifen können. Es ist also insbesondere möglich, dass eine Bank sich Geld von bspw. einem Geldmarktfonds zu einem Zinssatz unterhalb des Einlagesatzes "leiht" und dann bei der EZB parkt, um die Differenz zwischen den beiden Zinssätzen mitzunehmen. Der Spread zwischen €STR und Einlagesatz ist ein guter Indikator für die Liquidität im gesamten Geldmarkt.

Die Bundesbank hat eine Publikation online gestellt, die sehr schön die Unterschiede zwischen EONIA (interbank) und €str (alle finanziellen Gesellschaften werden einbezogen) herausarbeitet. https://www.bundesbank.de/resource/blob/785114/fae0faabda527de30021a2be0d0bdc67/mL/faq-euro-short-term-rate-data.pdf

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moonraker
· bearbeitet von moonraker
vor 8 Stunden von cfbdsir:

Die Bundesbank hat eine Publikation online gestellt, die sehr schön die Unterschiede zwischen EONIA (interbank) und €str (alle finanziellen Gesellschaften werden einbezogen) herausarbeitet. https://www.bundesbank.de/resource/blob/785114/fae0faabda527de30021a2be0d0bdc67/mL/faq-euro-short-term-rate-data.pdf

... welche schon im Beitrag #5 verlinkt wurde ...

(https://www.wertpapier-forum.de/topic/65725-korrelation-ezb-leitzins-und-%E2%82%ACstr/?do=findComment&comment=1648448)

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