Ausschüttende und thesaurierende ETFs und der Zinseszinseffekt

[FrankLasik]

Hallo zusammen,

 

ich hätte einige Fragen nach dem Unterschied zwischen ausschüttenden und thesaurierenden ETFs und der Auswirkung auf den Zinseszinseffekt.

Beziehen tue ich mich hierbei auf diesen Thread.

Kurze Zusammenfassung: Dabei wurde erklärt, wie sich der Zinseszinseffekt bei einem thesaurierenden ETF bzw. bei der Wiederanlage der Ausschüttungen eines ausschüttenden ETF zusammensetzt.

 

Folgende Fragen/Unklarheiten bestehen bei mir noch.

1. Was wird eigentlich bei einem ausschüttenden ETF genau ausgeschüttet? Ich dachte immer, dass das ausschließlich die Dividenden aus den Aktien des ETFs sind. So wie ich das aus dem verlinkten Thread allerdings verstanden habe, werden auch Kurssteigerungen der Aktien im ETF ausgeschüttet. Wenn dem aber so ist, dann kann der Kurs der ETF-Anteile ja gar nicht steigen, wenn jegliche Kurssteigerung + Dividenden der Aktien im ETF ausgeschüttet werden?

 

2. Ich verstehe immer noch nicht, wieso es einen Zinseszinseffekt bei thesaurierenden ETFs gibt. Für mich ist der Zinseszinseffekt am verständlichsten bei einer Anlage in ein Festgeldkonto. Wenn dort das verzinste Kapital gleich wieder angelegt wird, wird der zu verzinsende Basiswert in der darauffolgenden Periode höher, weswegen ich einen höheren Zinsertrag habe. Insgesamt ergibt sich damit ja ein exponentielles Wachstum des Kapitals.

Bei einem thesaurierendem ETF werden ja Erträge und Dividenden im Fonds einbehalten. Im verlinkten Thread wird beispielsweise so argumentiert, dass das Anfangsinvestment in den ETF 100€ beträgt und die Kurse der Aktien im ETF um 10% steigen. Somit steigt das ursprüngliche Investment auf 110€. Bei einem weiteren Kursanstieg hätte man offenbar ja schon den ersten Zinseszinseffekt, weil der Basiswert 110€ beträgt und dieser um 10% steigt (wenn man in der 2. Periode wieder von 10% Anstieg ausgeht).

Allerdings kann dies ja nur dadurch geschehen, wenn die Kurse der Aktien im ETF steigen und wenn man vom Absolutwert ausgeht, dann muss die Veränderung beim 2. Anstieg um 10% entsprechend höher ausfallen, um überhaupt den 10% Anstieg zu erzielen.

In der ersten Periode müssen die Aktien insgesamt um 10€ ansteigen, um einen 10%igen Anstieg des ETF-Kurses zu erzielen.

In der zweiten Periode allerdings müssen die Aktien im ETF insgesamt um 11€ ansteigen, um einen 10%igen Anstieg des ETF-Kurses zu erzielen.

Somit sehe ich lediglich ein lineares Wachstum der Kurse der Aktien im ETF.

 

Bei der Wiederanlage von Ausschüttungen eines ausschüttenden ETFs hingegen sehe ich ein exponentielles Wachstum. Da ich ja mit den Ausschüttungen neue Anteile kaufe (anstatt der Steigerung der Werte bei gleichbleibenden Anteilen in einem thesaurierenden ETF), habe ich ja mehr Aktien von Unternehmen, die Dividenden ausschütten. Dadurch erhalte ich in der darauffolgenden Periode mehr Dividenden usw.

Vielleicht verstehe ich die Ausschüttungen auch falsch (siehe 1. Frage)?

 

Wo ist hier mein Verständnisproblem? Kann mir das jemand bitte erklären?

 

Ich hoffe, ich habe euch mein Problem einigermaßen klar geschildert.

 

Danke im Voraus für eure Hilfe.

 

[Akaman]

Wertsteigerungen können generell beruhen auf Kursgewinnen oder ausgeschütteten Dividenden der enthaltenen Aktien.

 

Diese Wertsteigerungen können ganz oder teilweise an die ETF-Besitzer ausgeschüttet werden, oder sie werden thesauriert.

 

Insoweit sie ausgeschüttet werden, musst du durch Wiederanlage selbst für den Zinseszinseffekt sorgen.

 

Insoweit sie im Fondsvermögen verbleiben, werden Dividenden wieder angelegt und sorgen dann für den ZZ-Effekt.

 

Steuer mal aussen vor.

 

 

[FrankLasik]

vor 7 Minuten schrieb Akaman:

Wertsteigerungen können generell beruhen auf Kursgewinnen oder ausgeschütteten Dividenden der enthaltenen Aktien.

 

Diese Wertsteigerungen können ganz oder teilweise an die ETF-Besitzer ausgeschüttet werden, oder sie werden thesauriert.

 

Insoweit sie ausgeschüttet werden, musst du durch Wiederanlage selbst für den Zinseszinseffekt sorgen.

 

Insoweit sie im Fondsvermögen verbleiben, werden Dividenden wieder angelegt und sorgen dann für den ZZ-Effekt.

 

Steuer mal aussen vor.

 

 

 

Das heißt also, dass ein ausschüttender ETF nur teilweise seine Kursgewinne und Dividenden ausschüttet? Sonst könnte ja der Wert der Fondsanteile nie steigen.

 

Und wie kann denn ein thesaurierender ETF bei Einbehaltung der Dividenden und Kurssteigerungen ein ZZ-Effekt haben, wenn dadurch nur der Wert der Anteile steigt, ich aber nicht wie bei der Wiederanlage der Ausschüttungen durch den Broker mehr dividendenbezugsberechtigte Aktien habe?

Ich sehe bei der Thesaurierungen nur einen linerean Anstieg basierend auf Kurserhöhungen der enthaltenen Aktien.

 

Der Unterschied (so wie ich es verstanden habe): Bei Thesaurierungen steigt der Wert der Anteile; bei Wiederanlage erwerbe ich zusätzliche Anteile, die aber weniger wert sind. Gleichzeitig habe ich dadurch aber mehr Anteile vom Fonds, weshalb ich in der darauffolgenden Periode mehr Dividenden bekomme

[Akaman]

Ob der Kursgewinn-Anteil einen ZZ-Effekt auslöst, hängt davon ab, wie sich der Kurs weiter entwickelt.

 

Dividenden, die nicht ausgeschüttet werden, werden neu in den Index investiert und führen insofern zu einem ZZ-Effekt.

 

Insoweit sie ausgeschüttet werden, musst du selbst für den ZZ-Effekt sorgen.

 

Steuer mal wieder aussen vor.

[moonraker]

Mit den einbehaltenen Dividenden werden beim thesaurierenden ETF quasi auch neue Anteile der enthaltenen Wertpaiere gekauft. Das ist genau so, als wenn Du beim ausschüttenden ETF zusätzliche ETF-Anteile und somit zusätzliche Aktien kaufst, die im ETF enhalten sind.

Bei sonst gleichem ausschüttenden oder thesaurierenden ETF sind (außer in ersten Jahr) pro ETF-Anteil also unterschiedlich viele Aktienanteile enthalten.

Versuch Dir das am Besten mal mit einem Beispiel zu veranschaulichen, in dem ein ETF nur eine oder zwei Aktien (Firma A und B) enthält, die selbst Dividenden in den ETF ausschütten - einmal wird das an dich weitergegeben, einmal intern neu angelegt...