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Glory_Days

Offensiv/Defensiv-Portfolio

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
Am 25.5.2022 um 00:20 von Sapine:

Das All Weather Portfolio funktioniert ebenso wie die klassischen Aufteilungen x % Aktien und 100-x % Renten dank der positiven realen Anleiherenditen auf lange Sicht. Der starke politische Einfluss auf die Zinspolitik der EZB hat für die Anleger meiner Einschätzung nach bleibende Folgen. Ein dauerhaft deutlich hinter der Realrendite zurückbleibendes Zinsumfeld ist gut für die Staatsschulden, kann aber nicht ohne Folgen bleiben für Anlageentscheidungen. Die Frage ist in welche Richtung sich die Zentralbanken zukünftig bewegen werden. 

Die reale Performance von Anleihen über einen Betrachtungszeitraum ist eine Funktion der nominalen Anleihenrendite zum Kaufzeitpunkt, der zukünftigen Inflation, sowie der Änderung der nominalen Anleihenrendite über den betrachteten Zeitraum (letztere spielt keine Rolle, wenn die Anleihe von der Zeichnung bis zur Fälligkeit gehalten wird). Aus diesem Grund implizieren heutige negative Anleiherenditen nicht notwendigerweise eine zukünftige negative reale Performance von Anleihen. Beispielsweise waren die realen 10-Year Anleiherenditen im Oktober 1980 ebenfalls negativ und in den folgenden 10 Jahren haben Anleihen die beste reale Performance der Geschichte gefeiert (siehe auch The Golden Age for Bonds Is Over bzw. die Tabelle unten). In diesem Betrachtungszeitraum ist man von einer extrem hohen nominalen Anleihrendite (12,84% im Dezember 1980) aus gestartet, die nominalen Anleiherenditen sind in diesem Zeitraum stark gefallen (8,08% im Dezember 1990), und die zu Beginn hohe Inflation ist stark zurückgegangen (von 12,52% im Dezember 1980 auf 6,11% im Oktober 1990).

Gewissermaßen befinden wir uns jetzt in der komplett gespiegelten Situation. Wir starten von der niedrigsten jemals gemessen nominalen Anleiherendite (0,66% im April 2020), die nominalen Anleiherenditen sind seit diesem April 2020 stark gestiegen (auf aktuell 2,76% im Mai 2022), und die zu Beginn niedrige Inflation ist stark angestiegen (von 0,33% im April 2020 auf 7,86% im Mai 2022). Jetzt ist der 10-Jahreszeitraum seit 2020 offensichtlich noch lange nicht abgeschlossen und insbesondere Änderung der nominalen Anleihenrendite über den Gesamtzeitraum sowie die mittlere Inflation über diesen Zeitraum stehen noch nicht fest - einen schlechteren Start aus Sicht der realen Performance von Anleihen hätte es aber kaum geben können.

Da die Ausgangssituation fundamental gesehen so extrem schlecht ist, ist ein Szenario mit negativer realer Performance im Zeitraum 2020 - 2030 wahrscheinlicher als ein Szenario mit positiver Performance (zumindest basierend auf der Vergangenheit):

 

grafik.png.db28c9ca4e261524e6f576ca86a7d189.png

Quelle: https://compoundadvisors.com/2021/the-golden-age-for-bonds-is-over

 

Der Zyklus positiver realer Performance von Anleihen ist mutmaßlich mit Corona zu Ende gegangen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass es die Anleihen-Investoren sein werden (und damit indirekt wir alle), die den hohen Preis der weit überdurchschnittlichen realen Performance von Anleihen der vergangenen Jahrzehnte zu bezahlen haben. Und darauf hat die Notenbank in meinen Augen auch nur marginalen Einfluss - denn wie man aus der Tabelle sehr schön sieht, kann die Performance von Anleihen auf zwei Arten negativ werden:
i) durch ein wesentlich höheres Ending 10-Year Yield als das Starting 10-Year Yield bei niedriger Inflation (z.B. 1950 - 1959) oder
ii) durch hohe Inflation bei Starting 10-Year Yield ≈ Ending 10-Year Yield (z.B. 1940 - 1949)

Egal wie sich die Notenbanken verhalten werden, wird nach meiner Einschätzung mit hoher Wahrscheinlichkeit i) oder ii) eintreten. Das auch vor dem Hintergrund, dass die Notenbanken selbst gar nicht unbedingt die Treiber der realen Anleiherenditen sind, sondern hier übergeordnete Aspekte wie die Reversion zum Mittelwert (getrieben durch einen gläsernen Rahmen, in dem sich Zentralbanken bewegen müssen) eine wesentlichere Rolle spielen.

Bitte diese Ausführungen aber auch nicht falsch verstehen - das All Weather Portfolio ist nicht notwendigerweise auf eine positive reale Performance des Anleiheanteils angewiesen (wenngleich der Anteil mit 40% Long-Term Treasuries + 15% Intermediate-Term Treasuries natürlich schon extrem hoch ist). Relativ gesehen zu anderen Anlageklassen könnten Anleihen immer noch einen überlegenen Diversifkationseffekt bieten - allerdings ist das dann ein Szenario, in denen wir wohl auf breiter Front negative Renditen auf Gesamtportfolio-Ebene aller so gut wie aller Buy-and-Hold Portfolien sehen würden.

Zitat

Im Gegensatz zu Dir bin ich in der Entnahmephase. Um ein Depot nach dem von Dir entworfenen Muster einzurichten, müsste ich erhebliche Teile verflüssigen und neu anlegen. Umbauten im Depot bedingen zwangsläufig die Realisierung erheblicher Kursgewinne und die Aufgabe von Steuerprivilegien für Altanlagen. Ich habe daher eine natürliche Hemmung, viel am Depot herumzuschrauben. Durch das Rebalancing entstehen weitere steuerlichen Nachteile. Daher würde ich das Konzept für mich nicht so radikal umsetzen wollen. Es bleibt aber der wünschenswerte Effekt durch Mischung nicht perfekt korrelierender Assets eine ausgleichende Wirkung auf die Gesamtentwicklung des Depots zu erreichen. Wie stark die Glättung sein soll liegt an der persönlichen Risikotoleranz eines Anlegers. Wer wenig Schwankung will, muss eine niedrigere Gesamtrendite in Kauf nehmen. Für diejenigen, die noch in der Aufbauphase sind, wäre mir die angestrebte Rendite zu niedrig für einen effektiven Vermögensaufbau, der meiner Einschätzung nach für die Altersvorsorge notwendig ist. Die wenigsten können sich so hohe Sparraten leisten, dass sie hinterher mit einer Realverzinsung um die null ausreichend Rücklagen bilden.

Ist für mich nachvollziehbar - hier hängt es dann natürlich stark vom aktuellen Verhältnis Kursgewinn zum investierten Kapital ab (was hoffentlich sehr hoch ist). In so einem Fall würde ich - falls überhaupt notwendig/gewollt - versuchen, die bereits bestehenden Portfolio-Komponenten in das Zielkonzept zu integrieren. Die steuerlichen Nachteile durch das Rebalancing werden in der Regel durch Rebalacing-Gewinne überkompensiert - man sollte aber auch hier die Eingriffe aus steuerlichen Gründen minimieren (was immer auch eine Frage der Abwägung, inwieweit sich das Portfolio von der Zielallokation entfernen darf). Am Ende des Tages ist neben einer hoffentlich positiven Realrendite des Portfolios aber auch das kontinuierliche Besparen des Portfolios wichtig - auch wenn man sich keine hohen Sparraten leisten kann. Die ersten Jahre wird jedes Portfolio von seiner investierten Substanz leben - nennenswerte Kapitalerträge erhalten nur diejenigen, die über einen sehr langen Zeitraum dabei bleiben (wie sagt man den Kindern so schön - die Belohnung gibt es erst ganz am Ende).

Zitat

Den Eindruck kann ich nur bestätigen. Seit meiner Schulzeit kam Krise nach Krise. Die Kubakrise war die erste an die ich mich erinnere aber die Liste ist lang und jede Krise war "furchteinflößend". Die Medien hüpfen von Krise zu Krise und jede wird solange geritten, bis es eine neue wieder bedrohlichere Krise gibt. Ich bin immer wieder überrascht, wenn ich mir die Historie anschaue welche Krisen ich alle schon (fast) vergessen habe. Natürlich gab es immer auch irgendwelche realen Probleme aber die Bewertung durch die Öffentlichkeit ist oftmals verzerrt. Menschen lieben es anscheinend sich an Problemen zu berauschen. Im Kontext von wirtschaftlichem Handeln führt das nicht zu rationalen Entscheidungen. 

In der heutigen Zeit wird dieser Effekt durch den massiv angestiegenen Medienkonsum und die dauerhafte Verfügbarkeit von Echtzeit-Informationen sicherlich noch einmal verstärkt. Die heutige Informationswelt bietet viele Vorteile (wenn man sie richtig einsetzt), aber auch viele Nachteile und kann ggf. sogar schädlich sein. Manchmal hilft es auch, einfach mal alles für einige Zeit auszublenden und zur Ruhe zu kommen.

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Sapine
vor 46 Minuten von Glory_Days:

Die reale Performance von Anleihen über einen Betrachtungszeitraum ist eine Funktion der nominalen Anleihenrendite zum Kaufzeitpunkt, der zukünftigen Inflation, sowie der Änderung der nominalen Anleihenrendite über den betrachteten Zeitraum.

Absolut korrekt, die Formulierung von mir war verkürzt/vereinfacht auch wenn ich genau das im Hinterkopf hatte was Du jetzt so schön ausformuliert hast. Das Problem für die meisten Anleger ist, dass sie nicht direkt in Anleihen investieren sondern in ETFs mit einem bestimmten Profil (z.B. 1-5 Jahre Treasury) und da trifft sie sowohl die aktuell niedrige Rendite und das Zinsänderungsrisiko was die nächsten Jahre Tendenz aufwärts haben wird bei steigender Inflation. Unterm Strich einfach ein schlechtes Geschäft. 

 

Wer selbst direkt in Anleihen investiert kann zumindest einen Teil der Kursrisiken durch steigende Zinsen kontrollieren/begrenzen. Die erzielbaren Renditen dürften aber auch dann überschaubar bleiben bis das Inflationsgespenst verscheucht ist. 

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
vor 3 Stunden von Madame_Q:

Danke für die Darstellungen (Koch stellt übrigens ähnliche Grafiken in seinem aktuellen Video dar).

Auch hier nur Zufall keine Kausalität :) - ich verfolge Koch und Co. zur Zeit nicht.

Zitat

Das erinnert mich alles ein wenig an meinen Mischfonds-Thread. Dort ist es ja ähnlich, aber eben nur mit Anleihen. Die defensiven Produkte mit viel Anleihenteil hat es dieses Jahr total zerbröselt. Produkte mit Rohstoffen haben sich gehalten.

Können wir daraus aber sinnvolle Erkenntnisse ziehen AB JETZT? 

Ja, und auch defensive Aktiensektoren sind keine plötzlichen Allheilmittel (siehe auch hier). Man darf auch nicht zu viel von diesem Portfolio-Anteil erwarten. Am Ende des Tages geht es um eine bessere Diversifikation des Aktienanteils und damit indirekt natürlich auch um eine bessere Diversifkation auf Gesamtportfolio-Ebene. Defensive Aktiensektoren sind aber weiterhin Aktien - und damit mit allen bekannten Risiken ausgestattet (insbesondere dem Marktrisiko und natürlich einem gewissen Sektorrisiko).

Wir können konstatieren, dass diese in der ferneren Vergangenheit hilfreich waren und in der jüngeren Vergangenheit. Das ist doch schon einmal ein gutes Zeichen - viel mehr kann man nicht erwarten. Das erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es auch zukünftig funktionieren könnte (Lindy-Regel) - eine Garantie gibt es aber natürlich nicht.

Zitat

Hier ist genau der Punkt, an dem ich persönlich skeptisch bin. Es ist eben der Rückblick, wenn auch diesmal nur kurz. Aufgrund der deutlichen Spreizung in diesem Jahr (=seit Bekanntwerden der Zinswende) diesen Branchen JETZT zu viel Vertrauen zu schenken, könnte gefährlich sein. Der Großteil des "Schutzes" könnte schon "durch" sein (ähnlich sehe ich es bei den Rohstoffen).

Man muss für sich selbst einmal die Grundsatzfrage klären, ob man defensive Komponenten in sein Portfolio einbauen möchte oder nicht. Man kann hier auch zu der Antwort "Nein" gelangen - muss sich den möglichen Konsequenzen dann aber bewusst sein (eine unter Umständen sehr hohe (Downside-)Volatilität). Wenn man mit "Ja" antwortet, muss man sich auf die Suche nach der besten Kombination von Produkten machen, um seine Anlageziele langfristig zu erreichen. Je unsicherer die Länge des eigenen Anlagehorizontes ist, desto wichtiger sind defensive Komponenten in einem Portfolio. Es spielt dann auch keine Rolle für die Anlageentscheidung, ob der Großteil des "Schutzes" in der gegenwärtigen Situation schon durch ist. Diversifikation sollte niemals getimed werden, und sie sollte im Bezug auf potenzielle Downside immer zeitunabhängig gedacht werden (was leichter gesagt ist, als getan).

Zitat

 Es bleibt nur eine Erkenntnis übrig, die aber nicht neu ist: Diversifizieren hat immer Sinn. Wie detailliert oder prognosefrei man diese aber umsetzt, ist dann die große Frage.

Ich würde dem vehement widersprechen: Diversifikation ist nicht immer sinnvoll (eine Upside-Diversifikation z.B. halte ich für relativ unwichtig), wird häufig falsch verstanden, und damit auch falsch umgesetzt. Der auf Seite 4 verlinkte Artikel von Seeking Alpha bringt das ganz gut auf den Punkt und die dort vorgestellten Studien führen das in großer inhaltlicher Tiefe weiter aus.

Die Frage nach der konkreten Umsetzung von Diversifikation ist hochrelevant - und hier gibt es in meinen Augen im Wesentlichen zwei Alternativen:
i) Man diversifiziert sein Portfolio über alles, was das Downside-Risiko auf Gesamtportfolio-Ebene wirksam reduzieren kann ungeachtet der fundamentalen Ausgangssituation der Anlageklassen und des zukünftig erwarteten Regimes
ii) Man analysiert die fundamentale Ausgangssituation der Anlageklassen und wählt auch vor dem Hintergrund des zukünftig erwarteten Regimes die passenden Komponenten für die Reduktion des Downside-Risikos auf Gesamtportfolio-Ebene aus.

 

i) wäre in diesem Sinne ein absolut prognosefreies Vorgehen, während in ii) Erkenntnisse der Vergangenheit und Erwartungen an die Zukunft mit einfließen. Offensichtlich habe ich mich bei der Entwicklung des vorgestellten Portfolios an ii) gehalten. Über die Frage habe ich lange Zeit nachgedacht, und bin zu folgendem Ergebnis gekommen: Da wir uns historisch betrachtet von den Fundamentaldaten der meisten Anlageklassen in einem Randbereich des Phasenraums (= Raum aller möglichen fundamentalen Zustände einer Anlageklasse) befinden, muss die Wahrscheinlichkeitsverteilung möglicher Zukunftsszenarien enger gefasst werden. Insbesondere muss die Möglichkeit eines Regime-Wechsels in Betracht gezogen werden, der genau dann passiert, wenn mehrere Anlageklassen den Randbereich des definierten Phasenraums verlassen und sozusagen in die Mitte zurückkehren. Vor diesem Hintergrund halte ich die Vorgehensweise nach ii) für gerechtfertigt und mit entsprechend hoher Wahrscheinlichkeit für zielführender als i).

Zitat

Wenn man sich viele Threads hier ansieht (und zwar nicht nur Aktien, sondern auch bzgl. Festgeld, Lebensversicherungen usw), dann gehen sehr viele davon aus, dass diese Zinswende sich jetzt wohl jahrelang so fortsetzen wird, also die Zinsen immer weiter steigen. So einfach ist das glaube ich nicht. Ich würde z.B. sogar schon soweit gehen, dass ich stark verprügelte Mischfonds in meinem Thread JETZT sogar schon teils wieder kaufen würde, weil der Anleihenteil nun wieder spürbar Rendite abwirft in manchen Produkten (die Siemens Fonds z.B.).

Das ist ein grundsätzliches Problem, dass der Mensch meistens nur die auf jüngster Erfahrung basierende jüngere Vergangenheit für die Zukunft heranzieht. Das ist ein sich selbst verstärkender Prozess und fördert insbesondere die bekannten starken Marktemotionen wie Euphorie, Angst, Panik und Gier. Diese doch eher naive Sichtweise spielt aber eine untergeordnete Rolle - wichtiger für ein Portfolio wäre ein dauerhafter Regime-Wechsel im Sinne eines stationären Regimes (d.h. von einem stabilen Regime (Niedrigzinswelt) in ein neues stabiles Regime).

Zitat

Rein in Bezug auf Aktien-Diversifizierung ist diese Selektierung/Übergewichtung mit Branchen eben doch eine Wette. Daher ist ein weltweiter, breit aufgestellter Aktien-ETF (auch nach MCAP) immer noch keine schlechte Lösung, weil er sich automatisch anpasst. Ich glaube nicht, dass ein ACWI (auch, wenn er immer noch viel Tech enthält) so viel mehr abstürzen wird AB JETZT, als ein Eigenbau mit Branchen-ETFs. Die höheren Kosten durch das Rebalancing sollte man nicht unterschätzen. Bei großen Depots kommt man da mit der Sparrate auch nicht mehr viel weiter.

Mit dem Begriff "Wette" tue ich mich immer ein bisschen schwer (das hört sich für mich so nach Casino an, was der Sache nicht ganz gerecht wird). Am Ende sollte es aber keine Entscheidung gegen etwas sein, sondern für etwas. Der Markt ist letzten Endes auch nur die gewichtete Summe aller Sektoren - könnte also je nach Situation ziemlich irreführend und sogar noch riskanter sein als die gleichgewichtete Kombination mehrerer Sektoren sein (z.B. dann wenn ein Sektor stark dominiert). Wie so oft gibt es einfach kein Allheilmittel, sondern man muss genau hinschauen und wissen was man will. Natürlich ist eine mögliche Divergenz zwischen ACWI und den Sektoren per Konstruktion begrenzt - das kann man aber je nach Ansicht dann auch als positiven Punkt interpretieren, wenn man sich für das eine oder andere entscheidet.

vor 2 Stunden von hattifnatt:

Wenn man komplett "prognosefrei" investieren möchte, sollte man m.E. auch darüber keine Annahmen machen.

Das stimmt - weshalb ich das aber zum jetzigen Zeitpunkt nicht möchte, habe ich hier einmal aufgeschrieben.

Zitat

Ich kann mir z.B. Szenarien vorstellen, wo es bei einer durch (Extrembeispiel:) China dominierten "KI-Revolution" mit der Dominanz der US-Softwareindustrie vorbei sein könnte, und das könnte sich in (wenigen) Jahrzehnten statt Jahrhunderten abspielen.

(Wenige) Jahrzehnte wären für mich gerade der Zeitraum auf dem ich fundamentale Änderungen für möglich halte und damit auch Eingriffe in das Portfolio.

Zitat

Ich komme nochmal auf das Thema zurück, weil Du oben erwähnt hast, dass Du noch relativ jung bist, also nur eine von den USA dominierte Weltwirtschaft erlebt hast; in den 80er Jahren dachte man mal, dass Japan die Weltwirtschaft dominieren könnte:

Das ist mir bekannt - solche Beispielen finden sich in der Weltgeschichte immer wieder und es wird sie mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig geben. Die Frage ist, ob man sich deswegen zum jetzigen Zeitpunkt entsprechend positionieren möchte. Ich habe diese Frage für mich mit Nein beantwortet.

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
vor 34 Minuten von Sapine:

Absolut korrekt, die Formulierung von mir war verkürzt/vereinfacht auch wenn ich genau das im Hinterkopf hatte was Du jetzt so schön ausformuliert hast. Das Problem für die meisten Anleger ist, dass sie nicht direkt in Anleihen investieren sondern in ETFs mit einem bestimmten Profil (z.B. 1-5 Jahre Treasury) und da trifft sie sowohl die aktuell niedrige Rendite und das Zinsänderungsrisiko was die nächsten Jahre Tendenz aufwärts haben wird bei steigender Inflation. Unterm Strich einfach ein schlechtes Geschäft. 

Ja, da bei Anleihen-ETFs kommen dann natürlich noch so Sachen wie die durchschnittliche Duration, die Konvexität, der mittlerer gewichteter Coupon und die Turnover-Rate ins Spiel. Das macht es für Laien-Anleger extrem komplex und undurchschaubar.

Zitat

Wer selbst direkt in Anleihen investiert kann zumindest einen Teil der Kursrisiken durch steigende Zinsen kontrollieren/begrenzen. Die erzielbaren Renditen dürften aber auch dann überschaubar bleiben bis das Inflationsgespenst verscheucht ist. 

Wenn man sie selbst zeichnet und bis zur Fälligkeit hält, steht zumindest die nominale Rendite fest. Wie du sagst, steckt die Unsicherheit hinsichtlich realer Rendite dann in der während des Haltezeitraum erzielten Inflation. Hier könnte man sich ex-ante an der erwarteten Inflation (Breakeven Inflation Rate) orientieren (die tatsächliche reale Rendite steht aber natürlich immer erst ex-post fest).

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days

Noch ein weiterer Graph zur Anleihen-Thematik. Das hier ist die jährliche reale Rendite von 10-jährigen US-Treasuries, wenn sie von der Emission bis zur Fälligkeit gehalten worden wären unter der Berücksichtigung der tatsächlichen Inflationsraten (CPI-basierend) über die Haltedauer von 10 Jahren (rote Kurve):

grafik.thumb.png.262a2b0a8ad4de27be39d156187516fe.png

Seit Zeichungsdatum November 2011 war hier die reale Rendite bereits negativ. Interessant wird sein, wann hier der Boden auf der Zeitachse erreicht sein wird. Aktuell befinden wir uns bei -0,57% p.a. mit Zeichnungsdatum Mai 2012.

Um das einschätzen zu können, habe ich das Nominal Yield der 10-jährigen US-Treasuries (blau) hinzugefügt. Ebenso sieht man die Inflationsrate ab 06/2012 bis heute (grau). Man kann daraus eine Art Forecast (lila) ableiten basierend auf einer Extrapolation der Inflationsrate (d.h. das z.B. für das Zeichnungsjahr 2013 die bereits feststehende Inflationsrate von 2013 - 2022 hypothetisch hochgerechnet wird auf den 10 Jahreszeitraum 2013 - 2023).  Das bedeutet, dass der Forecast umso ungenauer wird, je weiter man sich dem heutigen Datum - 1 Jahr nähert (dort wird dann die Inflationsrate von 2021 - 2022 hochgerechnet auf 10 Jahre - ein zugegeben wahrscheinlich sehr ungenauer Ansatz für dieses Emissionsjahr). Der Forecast veranschaulicht aber, wie stark negativ die reale Rendite von Anleihen bei Haltedauer Emission bis Fälligkeit tatsächlich noch werden könnte (der tatsächliche Verlauf der realen Rendite hängt natürlich von der tatsächlichen (teilweise zukünftigen) Inflation ab).

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sheygetz
Am 22.5.2022 um 11:52 von Glory_Days:

Ich habe eine weitere Variante des Offensiv/Defensiv-Portfolios entwickelt, die sich explizit an Technologie- und Krypto-Skeptiker richtet. Diese Variante ersetzt den Aktien Offensiv + Krypto-Anteil durch den breiten Aktienmarkt und sollte damit das aus mancher Sicht vorhandene Klumpenrisiko reduzieren können (@Madame_Q).

Diese Portfolio-Variante würde ich insbesondere dann empfehlen, wenn der Anlagehorizont < 20 Jahre ist (mind. Anlagehorizont > 10 Jahre), also insbesondere dann, wenn die Zeit bis zur Entsparung begrenzt ist, oder eine ausgeprägtere Risiko-Aversion vorherrscht:

  • 40% Aktien Markt
    • iShares Core S&P 500 UCITS ETF (Acc) (ISIN: IE00B5BMR087) (TER: 0,07%, TD: -0,21%, AUM: 52,69 Mrd. USD) (Link)

      • Alternativ: Vanguard FTSE All-World UCITS ETF (Acc) (ISIN: IE00BK5BQT80) (TER: 0,22%, TD: 0,05%, AUM: 4,80 Mrd. USD) (Link)

  • 30% Aktien Defensiv
    • 10% iShares S&P 500 Consumer Staples Sector UCITS ETF (Acc) (ISIN: IE00B40B8R38) (TER: 0,15%, TD: -0,35%, AUM: 0,25 Mrd. USD) (Link)
      • Alternativ: SPDR S&P U.S. Consumer Staples Select Sector UCITS ETF (Acc) (ISIN: IE00BWBXM385) (TER: 0,15%, TD: -0,33%, AUM: 0,27 Mrd. USD) (Link)
      • Alternativ: Xtrackers MSCI World Consumer Staples UCITS ETF 1C (Acc) (ISIN: IE00BM67HN09) (TER: 0,25%, TD: -0,10%, AUM: 0,65 Mrd. EUR) (Link)
    • 10% iShares S&P 500 Utilities Sector UCITS ETF (Acc) (ISIN: IE00B4KBBD01) (TER: 0,15%, TD: -0,40%, AUM: 0,12 Mrd. USD) (Link)
      • Alternativ: SPDR S&P U.S. Utilities Select Sector UCITS ETF (Acc) (ISIN: IE00BWBXMB69) (TER: 0,15%, TD: -0,35%, AUM: 0,04 Mrd. USD) (Link)
      • Alternativ: Xtrackers MSCI World Utilities UCITS ETF 1C (Acc) (ISIN: IE00BM67HQ30) (TER: 0,25%, TD: -0,04%, AUM: 0,22 Mrd. EUR) (Link)
    • 10% iShares S&P 500 Health Care Sector UCITS ETF (Acc) (ISIN: IE00B43HR379) (TER: 0,15%, TD: -0,15%, AUM: 1,93 Mrd. USD) (Link)
      • Alternativ: SPDR S&P U.S. Health Care Select Sector UCITS ETF (Acc) (ISIN: IE00BWBXM617) (TER: 0,15%, TD: -0,12%, AUM: 0,37 MRD. USD) (Link)
      • Alternativ: Xtrackers MSCI World Health Care UCITS ETF 1C (ISIN: IE00BM67HK77) (TER: 0,25%, TD: 0,10%, AUM: 1,92 Mrd. EUR) (Link)
  • 15% Gold
    • EUWAX Gold II (ISIN: DE000EWG2LD7, AUM: 1,14 Mrd. Euro) (Link)
      • Alternativ: Xetra-Gold (ISIN: DE000A0S9GB0, AUM: 13,93 Mrd. EUR) (Link)
  • 15% Rohstoffe
    • L&G Longer Dated All Commodities UCITS ETF (Acc) (ISIN: IE00B4WPHX27) (TER: 0,30%, TD: 0,61%, AUM: 0,97 Mrd. USD) (Link)

 

 

 

Würde es nicht mehr Sinn machen, die defensiven respektive offensiven Sektoren durch entsprechende Faktoren zu ersetzen: Momentum resp. MinVol? In deiner Version legst du fest aufgrund von Vergangenheitswerten, was beispielsweise defensive Sektoren sind. Im Factor ETF regelt das eine automatisierte Daten Analyse flexibel.

 

Backtest

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
vor 20 Stunden von sheygetz:

Würde es nicht mehr Sinn machen, die defensiven respektive offensiven Sektoren durch entsprechende Faktoren zu ersetzen: Momentum resp. MinVol? In deiner Version legst du fest aufgrund von Vergangenheitswerten, was beispielsweise defensive Sektoren sind. Im Factor ETF regelt das eine automatisierte Daten Analyse flexibel.

 

Backtest

Die defensiven Sektoren wurden hauptsächlich aus fundamentalen Überlegungen heraus ausgewählt (siehe auch mein Beitrag hier: Link). Insbesondere sind diese allgemein als defensive Sektoren in der breiten Investment-Welt anerkannt (siehe z.B. Link oder Link). Faktorprämien können zwar auch über längere Zeiträume existieren und positiv sein (insbesondere Momentum in den vergangenen Jahren), dass diese aber zu Downside-Diversifikationszwecken (defensiver Teil des Portfolios) verlässlicher bzw. systematischer sein sollen als die defensiven Sektoren, halte ich für zweifelhaft.

 

Bzgl. offensiver Sektoren hat prinzipiell jeder ETF schon eine Art Momentum Effekt eingebaut (durch die typischerweise quatärliche Neugewichtung/Rebalancing des ETFs basierend auf der Marktkapitalisierung). Ein Momentum ETF funktioniert natürlich noch einmal anders und gewichtet gut gelaufene Unternehmen entsprechend stärker über bzw. berücksichtigt keine schlecht gelaufenen Unternehmen bei der Indexzusammenstellung. Man setzt damit auf die Existenz langer positiver Trends - wie es in den letzten Jahren durchaus der Fall war. Bleiben diese aus, so werden Momentum-ETFs entsprechend underperformen.

Außerdem müsste man in deinem Backtest meiner Ansicht nach den MSCI World mit dem MSCI World Momentum vergleichen und nicht mit dem MSCI ACWI IMI. Die Ergebnisse scheinen allerdings generell sehr stark von der Rebalancing-Art (bei jährlichem Rebalancing über die längste Zeitreihe liegt das nicht-Faktor Portfolio vorne) bzw. vom Startjahr (und damit bei Schwellwert-Rebalancing auch wieder vom Rebalancing) abhängig zu sein. Wenn man das Startjahr um 1 Jahr nach hinten verschiebt, sieht es z.B. so aus:
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Wenn man deinen Backtest auf die jüngere Vergangenheit (seit Beginn der Corona-Krise) einstellt, ergibt sich dann auch das umgekehrte Bild im Vergleich zur längsten Zeitreihe:
backtest.curvo

 

Insgesamt bin ich aber - wie bereits beschrieben - kein Freund davon, diese Arten von Entscheidungen auf Basis von Backtests zu treffen. Für mich müssen solche Überlegungen von fundamentaler Seite her nachvollziehbar und gerechtfertigt sein. Eine sehr schwankende Outperformance in einem Backtest halte ich für kein stichhaltiges Argument.

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days

Auch noch ganz interessant ist die Max Drawdown/Performance-Analyse von MSCI World/S&P 500/Nasdaq-100.

Zunächst das Gesamtbild über den maximalen Zeitraum seit Auflage des Nasdaq-100 im Jahr 1985:

 

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Um die Jahrtausendwende kam es hier zum Platzen der sogenannten Dot-Com Blase - dessen Ausgangspunkt Übertreibungen im Technologie-Sektor waren - weshalb dieser damals gegenüber dem Gesamtmarkt wesentlich stärker eingebrochen ist. Diese sektor-spezifische Krise - die schnell auch den Gesamtmarkt erfasste - einmal ausgeklammert, waren die Drawdowns der verschiedenen Indizes vor und nach dieser Krise immer recht ähnlich:

 

grafik.png.5870e4c2ff1a163eecd6f742f2cacc39.png


Auffällig ist die wesentliche schnellere Erholung des Nasdaq-100 in der globalen Immobilien- und Finanzkrise ab 2007. Aktuell ist der Drawdown des Nasdaq-100 bei steigendem Zinsniveau größer als bei den anderen Indizes aufgrund der ausgeprägteren Zinssensitivität der im Index enthaltenen Werte:

 

grafik.png.c742d119fe1766a1134d6ab0718d8adb.png

 

Grundsätzlich hat die Korrelation der Indizes untereinander und auch die ihrer Drawdowns durch das stärkere Gewicht des Technologie-Sektors an allen diesen Indizes in den letzten Jahren entsprechend zugenommen. Die rollierenden 10-Jahresrenditen zeigen bis auf eine Zeitspanne von ca. 3 Jahren eine relativ klare Outperformance des Nasdaq-100 und gleichzeitig die bekannte starke Zeitabhängkeit bei den Renditen:

 

grafik.png.ddb0d98e1a2ee18365c33828c6e25d96.png

 

Für den längste Zeitraum MSCI World/S&P 500 ergibt sich folgendes Bild:

grafik.thumb.png.31278b567fdf3013025d40ac61542589.png

grafik.png

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days

Kurzes Wochenupdate - nach der Erholung in dieser Woche:

Beginndatum 18.03.2022:

  • OP-Variante mit 50% Aktienanteil Offensiv (-4,54%):

grafik.thumb.png.bb89f57d3096d65c6ef230ed8b2eb178.png

                

Andere Varianten wie folgt:

  • OP-Variante mit 40% Aktienanteil Offensiv (-3,25%)
  • OP-Variante mit 30% Aktienanteil Offensiv (-1,97%)
  • Variante mit Aktien Markt (+1,70%)
  • Variante mit gleichverteilter Asset Allokation (+2,16%)

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Beginner81

Hätte auch noch eine Variante anzubieten. Das ist mein Portfolio-Sektor für "fire&forget", um Überschüsse am Monatsende und sonstige Zuwendungen mit wenig Rechnerei zu investieren.

70% FTSE All World

18% MSCI World Consumer Staples

12% MSCI World Health Care

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
Am 27.5.2022 um 23:06 von Beginner81:

70% FTSE All World

18% MSCI World Consumer Staples

12% MSCI World Health Care

Ist natürlich ein 100% Aktienportfolio - also Feuer frei & vergessen trifft es ganz gut. Im schlechtesten Fall überlagern sich Markt- und Sektorrisiko zum gleichen Zeitpunkt - was sich dann natürlich in einem entsprechend hohen Drawdown äußern würde. Wenn der Anlagehorizont groß genug ist (am besten >20 Jahre), man die Drawdowns mental durchhält und man hin und wieder Rebalancing betreibt, kann das aber natürlich auch funktionieren.

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
Am 27.5.2022 um 22:18 von Glory_Days:

Beginndatum 18.03.2022:

  • OP-Variante mit 50% Aktienanteil Offensiv (-4,54%)               

Andere Varianten wie folgt:

  • OP-Variante mit 40% Aktienanteil Offensiv (-3,25%)
  • OP-Variante mit 30% Aktienanteil Offensiv (-1,97%)
  • Variante mit Aktien Markt (+1,70%)
  • Variante mit gleichverteilter Asset Allokation (+2,16%)

Neue Woche - ohne größere Veränderungen

  • OP-Variante mit 50% Aktienanteil Offensiv (-4,80%):

grafik.thumb.png.949636fa3046e7f93410171cdc8f33e0.png

 

Mit einem Drawdown bei Bitcoin von -56% und und Ethereum bei -63% steht aktuell ein möglicher Rebalancing-Vorgang im Raum:

grafik.thumb.png.7a9f93964da8fe11fa422dfdef7c79dd.png

Die Abweichung von der Zielgewichtung ist zwar noch im Rahmen, aber das ist natürlich v.a. dem Startzeitpunkt des Portfolios geschuldet.

            

Andere Varianten wie folgt:

  • OP-Variante mit 40% Aktienanteil Offensiv (-3,47%)
  • OP-Variante mit 30% Aktienanteil Offensiv (-2,14%)
  • Variante mit Aktien Markt (+1,13%)
  • Variante mit gleichverteilter Asset Allokation (+1,77%)

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indianahorst
· bearbeitet von indianahorst
Zitat zu Gold hinzugefügt

Hallo erstmal an alle,

 

und vielen Dank an @Glory_Days fürs Teilen deiner Analysen und Gedanken.

Was mich sehr interessieren würde, ist deine Argumentation wie du zur Gewichtung von Gold (10%) und Rohstoffen (10%) kommst (bzw. in den defensiveren Portfolio-Varianten noch deutlich höhere Gewichtung).

 

Denn: es scheint eine unausrottbare Legende zu sein, dass Rohstoffe und insbesondere Gold eine direkte hohe Korrelation zu Inflation aufweisen würden. Das ist aber nicht der Fall, langfristig (und du schreibst ja von >20 Jahren als Anlagehorizont) sind die realen, also inflationsbereinigten Renditen von Rohstoff-Futures (2,0% von 1970 bis 2020) und Gold (-0,7% von 1980 bis 2018, +0,6% von 1900 bis 2018) zu niedrig, um wirksam vor Inflation zu schützen. Langfristig schaffen das nur Aktien (MSCI World: 5,6% 1970 bis 2020, inflationsbereinigt) und mit Abstrichen die von dir so verteufelten Anleihen (US Treasury Bonds 5y: 3,1% 1970 bis 2020, ebenfalls inflationsbereinigt).

 

Quellen der Daten:

https://gerd-kommer.de/sind-rohstoff-investments-sinnvoll/

https://gerd-kommer.de/gold-als-investment/

 

Edit: speziell zu Gold möchte ich noch dieses Zitat von https://gerd-kommer.de/gold-als-investment/ hinzufügen:

 

Zitat

Schützt Gold vor Inflation? Das könnte das Pro-Gold-Argument mit dem längsten Zottelbart sein. Wer sich mit der Frage des Inflationsschutzes von Gold beschäftigen will, muss zunächst einmal klären, welche Art von Inflationsschutz gemeint ist. Verwendet man die übliche wissenschaftliche Definition von Inflationsschutz, nämlich „hohe kurzfristige Korrelation mit Inflation“ der betreffenden Asset-Klasse, dann lässt sich ein hinreichend guter Inflationsschutz von Gold nicht belegen. Die Korrelation auf monatlicher oder jährlicher Basis zwischen dem Goldpreis und der Inflation liegt seit 1975 in den meisten Währungen einschließlich DM und Euro nahe bei null, sprich es gibt keinerlei Zusammenhang. Zudem liefern viele andere Asset-Klassen eine höhere positive Inflationskorrelation, darunter Geldmarktanlagen und inflationsindexierte Staatsanleihen. Auf der Basis sehr langfristiger Intervalle (z. B. 20 Jahre) besitzt jedoch jede Asset-Klasse eine positive Korrelation mit der allgemeinen Preissteigerung, weil beide sich in dieselbe Grundrichtung bewegen. Selbst auf der Basis dieser „unwissenschaftlichen“ Definition von Inflationsschutz besitzt Gold als Investment historisch keinen Inflationsschutzvorteil gegenüber anderen diversifizierten Vermögenswerten wie Aktien und Immobilien.

 

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indianahorst
· bearbeitet von indianahorst
Am 26.5.2022 um 18:51 von Glory_Days:

Bzgl. offensiver Sektoren hat prinzipiell jeder ETF schon eine Art Momentum Effekt eingebaut (durch die typischerweise quatärliche Neugewichtung/Rebalancing des ETFs basierend auf der Marktkapitalisierung).

 

 

Nein. Wenn ein Anleger von einer Faktorprämie profitieren will (egal ob das nun Momentum, Value, Quality, Size, etc ist), dann muss er diese Faktorprämie gegenüber dem breiten Markt übergewichten. Wenn du den breiten Markt kaufst, hast du - wenn wir bei Momentum als Faktorprämie bleiben - ein Faktor-Exposure von Null, weil Momentum- und Non-Momentum-Titel eben im Verhältnis ihrer Marktkapitalisierung im Index enthalten sind.

 

Ich verstehe durchaus, was du sagen willst - die paar "To the moon"-Unternehmen ziehen den breiten Index  nach oben, der große Rest der Verlierer marginalisiert sich (irgendwo hatte ich mal gelesen, dass seit 1880 nur 4% der im S&P500 enthaltenen Unternehmen für 80% der Rendite gesorgt haben. Zitat aus dem Kopf, finde die Quelle gerade nicht, aber in der Größenordnung müssten die Zahlen stimmen) - aber das ist halt nicht die Definition von Momentum-Faktorprämie. Um die Faktorprämie abzugreifen, MUSS man den entsprechenden Faktor übergewichten.

 

Ergänzung:

Nebenbei bemerkt ist das Obige in Klammern der Grund, weshalb aktives Investment nicht langfristig funktioniert, denn dazu müsste man hinreichend viele der 4% zukünftigen Gewinner kennen, aber natürlich ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man sich stattdessen viele der 96% Underperformer ins Depot holt.

 

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Madame_Q
vor 56 Minuten von indianahorst:

Sorry, aber gerade diese Zahlen von Kommer in Bezug auf Rohstoff-Futures würde ich nicht hoch werten. Warum, habe ich im Forum mehr als 1x ausgebreitet.

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hattifnatt
vor 34 Minuten von indianahorst:

Ich verstehe durchaus, was du sagen willst - die paar "To the moon"-Unternehmen ziehen den breiten Index  nach oben, der große Rest der Verlierer marginalisiert sich

Das entspricht aber auch exakt der Marktkapitalisierung (dem Preis) dieser Unternehmen - eigentlich müsste da gar nichts rebalanced werden, wenn nicht manche Unternehmen aus dem Index rausfallen und andere neu dazukommen würden.

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indianahorst
vor 43 Minuten von Madame_Q:

Sorry, aber gerade diese Zahlen von Kommer in Bezug auf Rohstoff-Futures würde ich nicht hoch werten. Warum, habe ich im Forum mehr als 1x ausgebreitet.

 

Hast du da mal einen Link zu einer deiner Ausführungen?

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Madame_Q
vor 12 Minuten von indianahorst:

Hast du da mal einen Link zu einer deiner Ausführungen?

Ist vielleicht ein bisschen viel, aber arbeite dich mal etwas durch diese Threads (die Links müssten recht gut die Posts treffen, ab denen es dann interessant wird):

 

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
Am 4.6.2022 um 15:03 von indianahorst:

Was mich sehr interessieren würde, ist deine Argumentation wie du zur Gewichtung von Gold (10%) und Rohstoffen (10%) kommst (bzw. in den defensiveren Portfolio-Varianten noch deutlich höhere Gewichtung).

 

Denn: es scheint eine unausrottbare Legende zu sein, dass Rohstoffe und insbesondere Gold eine direkte hohe Korrelation zu Inflation aufweisen würden. Das ist aber nicht der Fall, langfristig (und du schreibst ja von >20 Jahren als Anlagehorizont) sind die realen, also inflationsbereinigten Renditen von Rohstoff-Futures (2,0% von 1970 bis 2020) und Gold (-0,7% von 1980 bis 2018, +0,6% von 1900 bis 2018) zu niedrig, um wirksam vor Inflation zu schützen.

Die Korrelation hinsichtlich Inflation hängt zu einem gewissen Grad sicherlich auch von der verwendeten Metrik ab, mit der diese gemessen wird. Da gibt es unterschiedliche Einsichten, je nachdem welche Studien man liest. Am Ende ist aber eine positive reale Rendite von Gold über >100 Jahre schon ein starkes Argument für Inflationsschutz (zumindest wenn man diesen als Inflationsausgleich definiert).

Kommer wählt hier mit Beginn 1980 natürlich einen sehr selektiven Zeitraum - beginnt man ab 1971 (und damit mit Aufhebung des Goldstandards), so würde man feststellen, dass Gold den Aktienmarkt über Jahrzehnte lang outperformed hat.

Der Wert von Gold oder Rohstoffen bemisst sich aber auch gar nicht an den isolierten Renditen, sondern von deren Wert für das Gesamtportfolio (getreu dem Motto: Gute Einzelspieler formen noch lange kein erfolgreiches Team). In dieser Hinsicht hat sich insbesondere Gold über Jahrzehnte als effektiver Stabilisator bewährt, der als Beimischung das Sortino Ratio und den Return on Max Drawdown eines (reinen Aktien-)Portfolios erhöhen kann. In einem Gesamtportfolio mit Rebalancing kann dieser Teil des Portfolios daher insbesondere in Krisenzeiten aufgrund der Unkorreliertheit zu anderen Teilen des Portfolios für die notwendige Liquidität sorgen, die wirksam für Rebalancing-Vorgänge eingesetzt werden kann - soweit zumindest die Theorie, die in der Vergangenheit aber zumindest funktioniert hat.

Ein paar Backtests hinsichtlich der Auswirkung einer Beimischung von Gold zu einem reinen Aktienportfolio über einen zugegebenermaßen sehr eingeschränkten und selektiven Zeitraum (s.u.) hatte ich bereits hier gepostet.

Zitat

Langfristig schaffen das nur Aktien (MSCI World: 5,6% 1970 bis 2020, inflationsbereinigt) und mit Abstrichen die von dir so verteufelten Anleihen (US Treasury Bonds 5y: 3,1% 1970 bis 2020, ebenfalls inflationsbereinigt).

Das könnte ein wesentlich zu kurzer Betrachtungszeitraum sein, um diese Aussage in der Form tatsächlich treffen zu können. Ein Anfang wäre es, sich z.B. mal die S&P Indizes genauer anzuschauen, die mittlerweile tägliche Daten von über 100 Jahren bieten kann (die monatlichen Kurse des S&P 500 wurden z.B. zurückgerechnet bis 1789). Über einen Zeitraum von über 100 Jahren würde man feststellen, dass auch Aktien und Anleihen selbst für sehr lange Zeitspannen in der Vergangenheit nicht notwendigerweise einen Inflationsschutz geboten haben:

grafik.thumb.png.4e1654695d3122f56cdaa4a7bc0fa478.png

Quelle: https://www.advisorperspectives.com/dshort/updates/2022/06/01/a-perspective-on-secular-bull-and-bear-markets (für Informationen über den Datensatz siehe hier)

Das Bild oben ist allerdings ein Preis- und kein Performance-Chart (Log-Plot mit Basis 2). Sehr interessant sind auch die Total Return/Performance Charts (Reinvestition der Bruttodividenden) mit rollierenden Renditen dieses von Robert J. Shiller in den letzten Jahren bekannt gemacht Datensatzes (siehe auch Shiller's Homepage), z.B. für die 10-jährigen realen Renditen (weitere Charts für 5-, 15-, 20- und 30-jährige Renditen siehe Quelle) (Vorsicht: Log-Plot mit Basis 10):

grafik.thumb.png.be6a1096553e948dcad3e159a97fd35a.png

Quelle: https://www.advisorperspectives.com/dshort/updates/2022/05/05/the-latest-look-at-the-total-return-roller-coaster


Der Autor dieser Website formuliert dann auch folgende Warnung an Anleger:

Zitat

As these charts illustrate, and as many households have discovered during the 21st century so far, investing in equities carries substantial risk. Households approaching retirement should understand this risk and make rational decisions about diversification. In the past, we've suggested that they should also consider fixed income alternatives for that part of the nest egg that will pay non-discretionary expenses not covered by Social Security and pensions. Unfortunately, this traditional wisdom has been less helpful in recent years owing to the Fed Zero Interest Rate Policy (ZIRP) and various stimulus strategies, which have collectively shrunk interest rates. With the end of ZIRP in December 2015 and several rounds of Fed rate hikes, it will be particularly interesting to see how this slow-motion roller coaster plays out in the years ahead.

Das Risiko von reinen Aktienmarkt-Investments wird ersichtlich, wenn man sich sich die Länge der Phasen einer Aktien-Nulltrendite anschaut, die sich in der Vergangenheit über mehrere Jahrzehnte erstreckt haben:

 

grafik.png.690dea7ad3c7b8b841fb2808f2daf6b4.png


Quelle: https://www.advisorperspectives.com/commentaries/2021/06/04/bear-markets-matter-more-than-you-think-part-2

Der wohl wichtigste Indikator, um die langfristige zukünftige Aktienrendite abschätzen zu können, ist das aktuelle fundamentale Bewertungsniveau z.B. in Form des P/E10. Ein überdurchschnittlich aktuelles P/E10 spricht für unterdurchschnittliche zukünftige 10-Jahresrenditen, während ein unterterschnittlich aktuelles P/E10 für überdurchschnittliche zukünftige 10-Jahresrenditen spricht.

 

Grundsätzlich habe ich auch nichts gegen Anleihen - diese kommen für mich zum aktuellen Zeitpunkt fundamental nicht in Frage, was sich zukünftig aber auch wieder ändern kann. Ich teile die Meinung, dass es bei kurzen Anlagehorizont riskant sein kann, auf ein reines Aktienportfolio zu setzen. Historisch gesehen wäre für den reinen Kaufkrafterhalt dafür wohl ein Anlagehorizont von 20-Jahren notwendig gesehen (Vorsicht: Keine direkte prädiktive Aussagekraft für die Zukunft), aber selbst dann ist die Schwankung der möglichen Renditen noch sehr hoch (siehe Link). Wenn man nicht mehr Anlagezeit mitbringen kann, oder von vorneherein weniger Anlagezeit mitbringt, dann kann und sollte man diese Schwankungen z.B. durch Diversifikation über Anlageklassen und regelbasiertem Rebalancing sowohl nach oben als auch nach unten weiter reduzieren.

 

Gold bietet mutmaßlich vor allem Schutz in der Phase einer lang anhaltenden Stagflation - wobei auch hier Vorsicht geboten ist, da die letzte Stagflationsphase in den 1970er Jahren zeitlich gerade sehr eng mit der Aufhebung des Goldstandards zusammengefallen ist. Was für eine zukünftige niedrige reale Rendite von Gold spricht, habe ich bereits hier aufgeschrieben.

Interessant ist die reale Performance unter Berücksichtigung der Inflation von Aktien (S&P 500)/Gold/Anleihen-Portfolio (10-Years U.S. Treasuries) in den unterschiedlichen Wirtschaftszyklen (Daten 1929 bis 2019):

Secular Decline: 1929 - 1946 (Great Depression, New Deal, World War II, Dust Bowl): -7,3%/+1,5%/+0,6%

Secular Rebirth: 1947 - 1963 (Superpower America, Bretton Woods, Demographic Boom, Golden Age of Capitalism): +10,2%/-2,4%/-2,0%

Secular Stagnation: 1964 - 1983 (US Dollar De-Pegged, Stagflation, Oil Crisis): +0,5%/+4,2%/-5,5%
Secular Boom: 1984 - 2007 (Baby Boomers enter workforce, Roaring 80s, Tech Bubble, Housing Bubble): +6,6%/-1,9%/+0,8% 

Secular ?: 2008 - 2019 (Great Recession, Global Everything Bubble(?)): +7,6%/+4,5%/+2,7%

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indianahorst
Am 5.6.2022 um 01:31 von Glory_Days:

Die Korrelation hinsichtlich Inflation hängt zu einem gewissen Grad sicherlich auch von der verwendeten Metrik ab, mit der diese gemessen wird. Da gibt es unterschiedliche Einsichten, je nachdem welche Studien man liest. Am Ende ist aber eine positive reale Rendite von Gold über >100 Jahre schon ein starkes Argument für Inflationsschutz (zumindest wenn man diesen als Inflationsausgleich definiert).

Kommer wählt hier mit Beginn 1980 natürlich einen sehr selektiven Zeitraum - beginnt man ab 1971 (und damit mit Aufhebung des Goldstandards), so würde man feststellen, dass Gold den Aktienmarkt über Jahrzehnte lang outperformed hat.

 

 

Danke für deine Ausführungen.

 

Ein paar Anmerkungen habe ich jedoch dazu:

Das Goldverbot wurde erst zum 31.12.1974 (und nicht 1971!) aufgehoben, erst ab diesem Zeitpunkt war es als Privatmensch möglich, legal Gold zu erwerben. Die ersten Jahre der Goldpreisentwicklung kann man daher durchaus den Nachholeffekten durch die 41jährige Verbotszeit zuschreiben. Insofern ist Kommers Ansatz, den Goldpreis erst ab 1980 zu betrachten, durchaus gerechtfertigt. Und dann ergibt sich nun mal die zitierte sehr überschaubare reale Rendite von -0,7% von 1980 bis 2018 und +0,6% von 1900 bis 2018.

 

Am 5.6.2022 um 01:31 von Glory_Days:

Das könnte ein wesentlich zu kurzer Betrachtungszeitraum sein, um diese Aussage in der Form tatsächlich treffen zu können. Ein Anfang wäre es, sich z.B. mal die S&P Indizes genauer anzuschauen, die mittlerweile tägliche Daten von über 100 Jahren bieten kann (die monatlichen Kurse des S&P 500 wurden z.B. zurückgerechnet bis 1789). Über einen Zeitraum von über 100 Jahren würde man feststellen, dass auch Aktien und Anleihen selbst für sehr lange Zeitspannen in der Vergangenheit nicht notwendigerweise einen Inflationsschutz geboten haben:

 

Ich halte den Zeitraum von 50 Jahren nicht für zu kurz, denn

a) sind seit 1970 mehrere Wirtschaftszyklen durchlaufen worden

b) nützt mir das Wissen um die Rendite über 100 oder mehrere hundert Jahre recht wenig, wenn die damaligen Rahmenbedingungen ganz andere waren. Salopp gesagt: Renditen aus einem Zeitalter, als man noch zu Pferd geritten ist und seine E-Mails bei Kerzenschein verfasst hat, lassen sich vermutlich nur sehr bedingt auf das heutige globalisierte Wirtschaftssystem übertragen.
Dass Renditen aus längst vergangenen Zeiten mehr oder weniger wertlos sind, sieht man auch am Renditeknick des S&P500 Mitte des 20. Jahrhunderts (Zitat von https://de.wikipedia.org/wiki/S%26P_500#Performance):

 

Zitat

Die Wertentwicklung in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war dabei mit 2,2 Prozent pro Jahr kaum höher als im gesamten 19. Jahrhundert. Gründe sind die Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise und des Zweiten Weltkrieges, die zu einem zwanzigjährigen Bärenmarkt (1929–1949) führten. In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts lag die durchschnittliche Jahresrendite mit 8,7 Prozent deutlich über der Performance von 1801 bis 1950.

 

c) wenn wir uns schon auf solch großen Zeitskalen bewegen, dann sollten wir die Assetklassen auch direkt vergleichen:

    Annualisierte Rendite von Gold 1900 - 2018, inflationsbereinigt: +0,6%

    Annualisierte Rendite des S&P 500 1900 - 2018, inflationsbereinigt: +6.55% (Quelle: https://www.officialdata.org/us/stocks/s-p-500/1900?amount=100&endYear=2018)

 

 

 

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Bigwigster
· bearbeitet von Bigwigster
vor einer Stunde von indianahorst:

b) nützt mir das Wissen um die Rendite über 100 oder mehrere hundert Jahre recht wenig, wenn die damaligen Rahmenbedingungen ganz andere waren. Salopp gesagt: Renditen aus einem Zeitalter, als man noch zu Pferd geritten ist und seine E-Mails bei Kerzenschein verfasst hat, lassen sich vermutlich nur sehr bedingt auf das heutige globalisierte Wirtschaftssystem übertragen.
Dass Renditen aus längst vergangenen Zeiten mehr oder weniger wertlos sind, sieht man auch am Renditeknick des S&P500 Mitte des 20. Jahrhunderts (Zitat von https://de.wikipedia.org/wiki/S%26P_500#Performance):

Das würde ich doch stark bezweifeln, den S&P500 als Vergleich gegenüber historischen Renditen heranzuziehen ist nicht gerade eine sinnvolle Variante. Warum den nicht gleich Apple oder Amazon? Dann ist nochmal mehr drin und wir werden alle reich :yahoo:

 

Was wäre denn überhaupt eine realistische historische Rendite? Was ich kenne sind 5,2% p.a. real global in USD (Edit2: passt übrigens auch gut zu deinem Punkt c, da fast der gleiche Zeitraum und es tatsächlich die Rendite der Assetklasse wiedergibt) aus einem Kommerartikel, dass entspricht einem 118 Jahreszeitraum. Dann vergleichen wir das mal mit der "jüngeren" Vergangenheit: MSCI ACWI Gross Return USD seit 1987: 8%p.a. nominal. Eine Inflation von 2,8% scheint plausibel, also wäre mein Zwischenfazit, dass historische Renditen sogar sehr gut zum herleiten einer langfristigen Renditeerwartung hergenommen werden können :-*

 

Edit: Vielleicht noch ein paar anderer Zeiträume um nicht ganz so ins Cherry Picking zu verfallen:

Vanguard Total World Stock

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image.png.7cfd69ff672f634a7ba3922107af8630.png

 

Danach haben wir entweder etwas aufzuholen oder historisch war sogar besser als die letzten Jahrzehnte ;)

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
Am 7.6.2022 um 21:14 von indianahorst:

Das Goldverbot wurde erst zum 31.12.1974 (und nicht 1971!) aufgehoben, erst ab diesem Zeitpunkt war es als Privatmensch möglich, legal Gold zu erwerben.

Mir ging es um die Goldpreisbindung des US-Dollars - die von der Nixon Regierung im August 1971 aufgehoben wurde (siehe Nixon shock). Richtig ist, dass Goldzertifikate bereits ab dem 24. April 1964 für Privatanleger wieder zugelassen und käuflich zu erwerben waren, wenngleich die Verpflichtung, den Zertifikatsinhaber auf Verlangen in Goldmünzen auszuzahlen, nicht eingehalten werden konnte (siehe Gold Reserve Act). Ab 1975 war es für Amerikaner dann wieder möglich physisches Gold zu besitzen und zu handeln.

Zitat

Die ersten Jahre der Goldpreisentwicklung kann man daher durchaus den Nachholeffekten durch die 41jährige Verbotszeit zuschreiben. Insofern ist Kommers Ansatz, den Goldpreis erst ab 1980 zu betrachten, durchaus gerechtfertigt. Und dann ergibt sich nun mal die zitierte sehr überschaubare reale Rendite von -0,7% von 1980 bis 2018 und +0,6% von 1900 bis 2018.

Kann man durchaus so sehen - das Argument ist bis zu einem gewissen Grad nachvollziebar. Allerdings schreibt Kommer selbst:

Zitat

In den gut drei Jahren, die zwischen der Beendung des Quasi-Goldstandards (Bretton-Woods-System) im August 1971 und der Legalisierung von Privatbesitz an Gold in den USA im Dezember 1974 lagen, stieg der reale Goldpreis in USD um 238% oder 44,2% p a. Man kann wohl schlussfolgern, dass in dieser Phase strukturell abnormale und damit nicht repräsentative Sonderbedingungen herrschten, die sich so nicht wiederholen werden. Nach 40 Jahren Goldverbot hatte sich bei der US-Bevölkerung und in anderen Ländern, einem riesigen Käufersegment, eine Rückstaunachfrage gebildet und die schon vorher absehbare Freisetzung trug maßgeblich zum drastischen Preisanstieg in den dreieinhalb Jahren bis Ende 1974 bei. Deshalb sollte eine historische Goldrenditeanalyse [...] eigentlich nur die Zeit nach 1974 berücksichtigen, denn erst ab 1975 hatten sich die Verhältnisse hinreichend normalisiert.

Welch großen Unterschied der Starzeitpunkt (ob 1975 oder 1980) macht, sieht man z.B. in den 10-jährigen rollierenden Renditen von Gold:

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Quelle: The Golden Dilemma

Wenn Kommer hier von 1980 aus startet, dann nimmt er den zumindest in dem im Graphen dargestellten Zeitraum schlechsten 10 Jahre-Rendite-Zeitraum von Gold voll mit. Die Auswahl passt also fast zu perfekt in das Narrativ seines Blog-Artikels - aber das soll jeder für sich selbst beurteilen.

Zitat

Ich halte den Zeitraum von 50 Jahren nicht für zu kurz, denn

a) sind seit 1970 mehrere Wirtschaftszyklen durchlaufen worden

b) nützt mir das Wissen um die Rendite über 100 oder mehrere hundert Jahre recht wenig, wenn die damaligen Rahmenbedingungen ganz andere waren. Salopp gesagt: Renditen aus einem Zeitalter, als man noch zu Pferd geritten ist und seine E-Mails bei Kerzenschein verfasst hat, lassen sich vermutlich nur sehr bedingt auf das heutige globalisierte Wirtschaftssystem übertragen.
Dass Renditen aus längst vergangenen Zeiten mehr oder weniger wertlos sind, sieht man auch am Renditeknick des S&P500 Mitte des 20. Jahrhunderts (Zitat von https://de.wikipedia.org/wiki/S%26P_500#Performance):

Mein Hauptproblem mit dem Zeitraum der letzten 50 Jahren ist, dass dieser Zeitraum zum Großteil durch einen sinkenden Zinszyklus (ab 1980) geprägt ist. Es ist interessant, die Zeitverteilung/Konzentration der kumulativen Renditen dieses 50 Jahreszeitraums einmal genauer anzuschauen. In diesem Sinne könnte der Recency Bias heute ein systemisches Risiko darstellen, da sich 91% der Performance eines klassischen 60/40 Aktien-Anleihen-Portfolios über die letzten 90 Jahre auf den Zeitraum von nur 22 Jahren zwischen 1984 und 2007 konzentriert (ähnliche Zahlen für Aktien und Anleihen in isolierter Form). 

Generell sollte man historischen Renditen und darauf basierenden Ableitungen für die Zukunft daher eher skeptisch gegenüber stehen. Eine Beobachtung ist, dass auf außergewöhnlich hohe Renditen typischerweise außergewöhnlich niedrige Renditen folgen und umgekehrt. Aber auch dieser Umstand erlaubt keine präzise zeitliche Vorhersage und kann daher nicht verlässlich ausgebeutet werden. Eine Strategie, die nur auf historischen Renditen aufgebaut ist, ist in meinen Augen eine riskante Strategie. Wichtiger ist für mich die fundamentale Robustheit eines Portfolios und das Zusammenspiel seiner einzelnen Komponenten, das für einen möglichst großen Fächer an zukünftigen Szenarien geeignet sein muss.

Zitat

c) wenn wir uns schon auf solch großen Zeitskalen bewegen, dann sollten wir die Assetklassen auch direkt vergleichen:

    Annualisierte Rendite von Gold 1900 - 2018, inflationsbereinigt: +0,6%

    Annualisierte Rendite des S&P 500 1900 - 2018, inflationsbereinigt: +6.55% (Quelle: https://www.officialdata.org/us/stocks/s-p-500/1900?amount=100&endYear=2018)

Wie gesagt, es geht hier nicht um einen isolierten Vergleich der Anlageklassen von Gold und Aktien. Gerne zitiere ich mich einmal selbst:

Zitat

Am Ende des Tages mach[en] [viele Anleger] den Fehler, dass [sie] isolierte Anlageklassen miteinander vergleich[en]. Dieser Vergleich spiegelt nicht im Ansatz die Komplexität und die Möglichkeiten eines diversifizierten Gesamtportfolios wieder. Insbesondere in Krisenzeiten spielt die Rolle von Rebalancing-Eingriffen für das Abfedern von Drawdowns und die zukünftige Renditeentwicklung eine extrem große Rolle. All diese Aspekte werden in solch einem Vergleich aber gar nicht berücksichtigt.

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days

An Börsentagen wie gestern sieht man sehr schön das systematische Risiko (Marktrisiko/Beta) der Anlageklasse Aktien:

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Quelle: https://stockmarketmba.com/sp500sectorperformance.php

Dieses systematische Risiko von Aktien kann durch Diversifikation innerhalb der Anlageklasse Aktien nicht eliminiert werden. Dennoch gibt es auch hier Unterschiede zwischen den einzelnen Sektoren. Eine historische statistische Auswertung dieser Tage, an denen alle Sektoren vom Wert her gefallen sind, im Sinne eines sektoralen Medianverlustes würde mutmaßlich den defensiven Charakter der defensiven Sektoren zu Tage bringen (Abfederung des Drawdowns). Einzelne Tage sind aber natürlich nicht entscheidend, sondern insbesondere das Verhalten über länge Zeiträume. Auch hier zeigt sich in volatilen Zeiten eine typischerweise große Divergenz bei den sektoralen Renditen - sehr gut ersichtlich in der 1 Year Spalte. Eine Sonderrolle nimmt hier der Energiesektor ein - der gerade überproportional von der Weltlage (globale Energieknappheit) profitiert. Man darf aber nicht vergessen, dass dieser Sektor zuvor vom 20.06.2014 - 20.03.2020 insgesamt fast -75% an Wert verloren hat.

 

[Edit]

Und da das Marktrisiko zeitlich gerne in Form von Clustern auftritt, sieht der nächste Tag dann auch wieder tiefrot aus:

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
Am 3.6.2022 um 22:18 von Glory_Days:

Beginndatum 18.03.2022:

  • OP-Variante mit 50% Aktienanteil Offensiv (-4,80%)               

Andere Varianten wie folgt:

  • OP-Variante mit 40% Aktienanteil Offensiv (-3,47%)
  • OP-Variante mit 30% Aktienanteil Offensiv (-2,14%)
  • Variante mit Aktien Markt (+1,13%)
  • Variante mit gleichverteilter Asset Allokation (+1,77%)

Neue Woche - geprägt von Inflationssorgen und einer EZB, die in aller Ruhe aus ihrer Trägheit erwacht:

  • OP-Variante mit 50% Aktienanteil Offensiv (-6,48%):

grafik.thumb.png.7c4478f971cdb1bfaadb2207677de816.png

 

Andere Varianten wie folgt: 

  • OP-Variante mit 40% Aktienanteil Offensiv (-4,47%)
  • OP-Variante mit 30% Aktienanteil Offensiv (-2,45%)
  • Variante mit Aktien Markt (+0,31%)
  • Variante mit gleichverteilter Asset Allokation (+0,84%)

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