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Glory_Days

Offensiv/Defensiv-Portfolio

Empfohlene Beiträge

Beginner81
· bearbeitet von Beginner81
Am 28.5.2022 um 09:14 von Glory_Days:
Am 27.5.2022 um 23:06 von Beginner81:

70% FTSE All World

18% MSCI World Consumer Staples

12% MSCI World Health Care

Ist natürlich ein 100% Aktienportfolio - also Feuer frei & vergessen trifft es ganz gut. Im schlechtesten Fall überlagern sich Markt- und Sektorrisiko zum gleichen Zeitpunkt - was sich dann natürlich in einem entsprechend hohen Drawdown äußern würde. Wenn der Anlagehorizont groß genug ist (am besten >20 Jahre), man die Drawdowns mental durchhält und man hin und wieder Rebalancing betreibt, kann das aber natürlich auch funktionieren.


Ich halte gerade bei der Beimischung dieser Branchen eine Überlagerung von Markt- und Sektorrisiko für relativ unwahrscheinlich.
Zu der Gewichtung bewogen hat mich eben, dass diese Branchen als eher defensiv gelten bzw. aus der völlig simplen Überlegung "Essen und Gesundheit gehen immer!"
Damit sind Technologie, Nahrungsmittel und Gesundheit in etwa gleich gewichtet.
Die MSCI-Datenblätter für die beiden Branchen sind hinsichtlich Rendite/Volatilität auch "ganz nett".

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
Am 10.6.2022 um 23:03 von Beginner81:

Ich halte gerade bei der Beimischung dieser Branchen eine Überlagerung von Markt- und Sektorrisiko für relativ unwahrscheinlich.
Zu der Gewichtung bewogen hat mich eben, dass diese Branchen als eher defensiv gelten bzw. aus der völlig simplen Überlegung "Essen und Gesundheit gehen immer!"
Damit sind Technologie, Nahrungsmittel und Gesundheit in etwa gleich gewichtet. Die MSCI-Datenblätter für die beiden Branchen sind hinsichtlich Rendite/Volatilität auch "ganz nett".

Diese fundamentalen Überlegungen waren für mich auch zentral. Für ein diversifiziertes Portfolio ist das isolierte geometrische Rendite/Volatilität-Verhältnis der einzelnen Anlageklasse über lange Zeiträume betrachtet zwar wichtig, aber nicht ausschließlich entscheidend bzw. zu ungenau. Was man in einer idealen Portfolio-Welt gerne hätte, wären zueinander negativ korrelierte Anlageklassen in Krisenzeiten, wobei die Diversifikatoren eine hohe (Upside-)Volatilität in dieser Zeit aufweisen sollten. Da die Korrelation zwischen Anlageklassen in Krisenzeiten typischerweise allerdings zunimmt, geht es in der Praxis meistens nur darum, in Krisenzeiten zueinander unkorrelierte Anlageklassen zu finden, wobei das Verhältnis der Volatilitäten zwischen Hauptrenditetreiber und Diversifkatoren möglichst konstant bleiben sollte (d.h. möglichst sinkende (Downside-)Volatiliät bei den Diversifikatoren relativ zum Hauptrenditetreiber). In guten Zeiten dann natürlich entsprechend eine hohe Korrelation zwischen Hauptrenditetreiber und Diversifikatoren und eine möglichst hohe (Upside-)Volatilität.

Es ist aber schon interessant, dass zumindest im Zeitraum 1974 - 2019 der Consumer Staples und der Health Care Sektor den Gesamtmarkt nicht nur risikoadjustiert outperformed haben, sondern auch in absoluter Performance:

grafik.png.c187b50954eb0f09e7c86e09f4d71823.png

 

Quelle: https://fourpillarfreedom.com/stock-sector-returns/

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days

Ich beschäftige mich gerade noch einmal intensiver mit Rebalancing-Strategien. Eine gute Zusammenfassung bieten folgende Artikel:
Finding The Optimal Rebalancing Frequency – Time Horizons Vs Tolerance Bands

How Portfolio Rebalancing Usually Reduces Long-Term Returns (But Is Good Risk Management Anyway)
 

Im zweiten Artikel wird auf William J. Bernsteins White Paper The Rebalancing Bonus Bezug genommen. Eine der Hauptaussagen lautet:

Zitat

The above theoretical model and backtested portfolios suggest that significant excess return is available from combinations of asset pairs which have both low correlation and high risk.

Die Aussage stimmt in der Theorie natürlich - allerdings wissen wir, dass in der Praxis Korrelationen zwischen Assetklassen alles andere als zeitstabil sind und in Krisenzeiten tendenziell zunehmen. Das kann dann zu hohen Portfolio-Drawdowns führen, falls erhöhte Korrelation und hohe Volatilität verschiedener Assetklassen in Krisenzeiten aufeinander treffen. Auch wird hier der "Rebalancing Bonus" auf den "Markowitz return" (arithmetische Summe der isolierten erwarteten geometrischen Rendite von Anlageklasse-Paaren) bezogen, eine für den Anleger nicht zu erzielende Portfolio Return-Größe. Man sieht das mögliche Problem mit der erhöhten Korrelation auch direkt in der im Artikel präsentierten Näherungsformel für den Rebalancing Bonus zweier Anlageklassen 1 und 2:

Zitat

Rebalancing Bonus(1,2) = X1*X2*{SD1*SD2(1- C.C.) + (SD1 - SD2)^2/2}

Wenn der Correlation Coefficient (C.C.) in Krisenzeiten stark zunimmt und gegen 1 geht, dann verschwindet der erste Term. Setzt man dann auf Anlageklassen mit ähnlich hoher Volatilität, so verschwindet auch der zweite Term dieser Näherungsformel - am Ende bleibt vom Rebalancing Bonus gegenüber dem Markowitz Return nichts mehr übrig. Zudem würde man, wenn man alleine Bernsteins Formel des von ihm definierten "Rebalancing Bonus" gegenüber dem "Markowitz return" zur Portfolio-Optimierung heranziehen würde, außer Acht lassen, dass die erwartete Rendite der einzelnen Assetklassen (bzw. indirekt das "Markowitz return" selbst - auf dass sich der Rebalancing Bonus bezieht) sehr wahrscheinlich die wichtigere Rolle für die erwartete Rendite des Gesamtportfolios spielt.

Insofern bin ich weiterhin ein Anhänger des Opportunistischen Rebalancings, wobei ich dieses in modifizierter Form mit einer je Portfolio-Komponente individuellen geometrischen Schwellwert-Definition (d.h. entweder -x% und +1/(1-x)%) oder noch freier (-x% und +y%) anwenden würde. Insgesamt sollte man das Opportunistische Rebalancing so einstellen, dass einerseits der Assetklassen-Drift weg von der festgelegten Zielallokation nicht zu groß ist (Risikosteuerungskomponente) und andererseits, dass man aus den Trendumkehren der einzelnen Anlageklassen auf größeren Zeitskalen eine Überrendite generiert (Renditeoptimierungskomponente).

Eine exakte formelbasierte Vorgabe für die Schwellwerte kann hier naturgemäß nicht gemacht werden - wobei die Korridore der Vergangenheit hinsichtlich Max Drawdown und Max Streak in Return sowie der relative Assetklassen-Drift Ansatzpunkte für eine sinnvolle zukünftige Vorgabe geben können.

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ProblemBär

Danke an alle für eure Diskussion, finde ich sehr interessant.

 

Was haltet ihr von Dividenden ETFs als Alternative für das Defensive Portfolio? Diese Unternehmen sind in ihrem Lebenszyklus ja nicht mehr auf das Wachstum ausgerichtet also zinsunabhängiger. Die ETFs werden sich mit den bereits genannten defensiven Sektoren zwar überschneiden (und somit korrelieren), aber bieten evtl. auch weitere Diversifikation in andere Branchen (z.B. Energy Sektor mit ExxonMobile).

 

Die Definition von Defensive Stocks lautet hier ja: Aktien die Dividenden zahlen auch in Krisenzeiten

https://www.investopedia.com/terms/d/defensivestock.asp

 

Zudem was haltet ihr von Immobilien ETFs? Das wird ja auch als defensiver Stock genannt, aber man findet natürlich schwerlich Immobilien-ETFs die nur Wohnungen und nicht auch Geschäftsräume beinhalten, also somit konjunkturabhängiger sind. (Die politische Lage für deutsche Immobilien sei hier mal ausgeklammert)

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hattifnatt
· bearbeitet von hattifnatt
vor 51 Minuten von ProblemBär:

Was haltet ihr von Dividenden ETFs als Alternative für das Defensive Portfolio?

Das ist m.E. ein Value-Proxy. Ich war ja einige Zeit ein Fan von iShares MSCI World Quality Dividend (IE00BYYHSQ67), bis MSCI den auf ESG umgestellt hat (wie blöd kann man sein, Erdöl und Zigaretten aus einem Dividenden-ETF rauszuschmeißen?). Eine gute Übersicht zu solchen ETFs gibt es hier:

 

 

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
vor einer Stunde von ProblemBär:

Was haltet ihr von Dividenden ETFs als Alternative für das Defensive Portfolio? Diese Unternehmen sind in ihrem Lebenszyklus ja nicht mehr auf das Wachstum ausgerichtet also zinsunabhängiger. Die ETFs werden sich mit den bereits genannten defensiven Sektoren zwar überschneiden (und somit korrelieren), aber bieten evtl. auch weitere Diversifikation in andere Branchen (z.B. Energy Sektor mit ExxonMobile).

In dieser Kategorie denke ich nicht - für mich ist die fundamentale Bedeutung der Sektoren entscheidend, nicht ob die Unternehmen eine möglichst hohe Dividende an die Aktionäre ausschütten. Wie du schreibst, kann es da aber sicherlich Überschneidungen geben. Der Energie-Sektor wäre für mich aber aufgrund der hohen Volatiltät aber so ziemlich das genaue Gegenteil eines defensiven Sektors. Das kann gut gehen und sogar nützlich sein bei Antikorrelation zum Gesamtmarkt in Krisenzeiten (so wie in den vergangen Monaten) - birgt aber ein entsprechend hohes Risiko bei positiver Korrelation zum Gesamtmarkt in diesen Zeiten.

Zitat

Die Definition von Defensive Stocks lautet hier ja: Aktien die Dividenden zahlen auch in Krisenzeiten

https://www.investopedia.com/terms/d/defensivestock.asp

Natürlich kann man sich im Vergleich zu den defensiven Sektoren eine weitere Ebene nach unten begeben und nach individuellen Einzeltiteln suchen. Das kommt aber schon alleine aus Rebalancing-Gründen sowie aus diversen anderen Gründen für mich nicht in Frage. Ich halte den langfristigen Nutzen, die Analyse auf dieser Ebene zu betreiben, für sehr begrenzt.

Zitat

Zudem was haltet ihr von Immobilien ETFs? Das wird ja auch als defensiver Stock genannt, aber man findet natürlich schwerlich Immobilien-ETFs die nur Wohnungen und nicht auch Geschäftsräume beinhalten, also somit konjunkturabhängiger sind. (Die politische Lage für deutsche Immobilien sei hier mal ausgeklammert)

Warum REITs für mich in der Portfolio-Umsetzung nicht in Frage kommen, habe ich bereits hier und hier einmal aufgeschrieben (siehe auch der dort verlinkte Artikel Reits Aren't a True Alternative).

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indianahorst
Am 12.6.2022 um 19:56 von Glory_Days:

Insofern bin ich weiterhin ein Anhänger des Opportunistischen Rebalancings, wobei ich dieses in modifizierter Form mit einer je Portfolio-Komponente individuellen geometrischen Schwellwert-Definition (d.h. entweder -x% und +1/(1-x)%) oder noch freier (-x% und +y%) anwenden würde. Insgesamt sollte man das Opportunistische Rebalancing so einstellen, dass einerseits der Assetklassen-Drift weg von der festgelegten Zielallokation nicht zu groß ist (Risikosteuerungskomponente) und andererseits, dass man aus den Trendumkehren der einzelnen Anlageklassen auf größeren Zeitskalen eine Überrendite generiert (Renditeoptimierungskomponente).

Eine exakte formelbasierte Vorgabe für die Schwellwerte kann hier naturgemäß nicht gemacht werden - wobei die Korridore der Vergangenheit hinsichtlich Max Drawdown und Max Streak in Return sowie der relative Assetklassen-Drift Ansatzpunkte für eine sinnvolle zukünftige Vorgabe geben können.

 

Wenn man mit diesem Portfolio bei backtest.curvo.eu herumspielt, dann kommt man zum Ergebnis, dass gar kein Rebalancing die höchste jährliche Wachstumsrate gebracht hätte. Gefolgt von den Rebalancing-Varianten "alle 3 Jahre", "alle 2 Jahre" und dann opportunistisches "20% Toleranz pro Asset". Dieses Ergebnis kommt natürlich durch die Entwicklung der letzten Jahre im Kryptosektor zustande, der hier im Portfolio mit 5% Bitcoin und 5% Ether abgebildet ist und ist daher nur bedingt brauchbar.

 

Welche Schwellwerte ziehst du denn in Betracht?

 

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
Am 14.6.2022 um 14:56 von indianahorst:

 

Wenn man mit diesem Portfolio bei backtest.curvo.eu herumspielt, dann kommt man zum Ergebnis, dass gar kein Rebalancing die höchste jährliche Wachstumsrate gebracht hätte. Gefolgt von den Rebalancing-Varianten "alle 3 Jahre", "alle 2 Jahre" und dann opportunistisches "20% Toleranz pro Asset". Dieses Ergebnis kommt natürlich durch die Entwicklung der letzten Jahre im Kryptosektor zustande, der hier im Portfolio mit 5% Bitcoin und 5% Ether abgebildet ist und ist daher nur bedingt brauchbar.

Das ist - wie du schreibst - natürlich nicht überraschend und auf den Allocation Drift zurückzuführen, den wir bereits auf Seite 1 kurz andiskutiert hatten. Für das OP-Portfolio hätte sich ohne Rebalancing folgende Asset-Allokation im Laufe der Zeit eingestellt:
grafik.thumb.png.7acf4352aeb5928a9f1619f8037bba09.png

 

D.h. man wäre hier mit einem wohljustierten Kryptoanteil gestartet und hätte am Ende ein Portfolio gehabt, dessen Wertentwicklung fast ausschließlich durch Krypto dominiert wird - was insbesondere in den letzten Monaten für extrem hohe Drawdowns gesorgt hätte.

 

Eine Anmerkung noch zu backtest.curvo:
Dort werden für das Schwellwerte-Rebalancing absolute Prozent-Bänder herangezogen (wie hier nachzulesen ist). Ein absolutes Band von 20% ist bei einer Positionsgewichtung von 10% (10% +- 20%) natürlich etwas komplett anderes als ein relatives Band von 20% (10% +- 2%). Daher ist von einer pauschalen Definition von absoluten Prozent-Bändern abzuraten, sofern das Portfolio nicht aus gleichgewichteten Positionen besteht. Pauschale absolute Prozent-Bänder tendieren bei verschieden gewichteten Positionen dazu, kleine Positionen zu unterkorrigieren und große Positionen zu überkorrigieren. Wenn diese je Positionen und Richtung frei gewählt werden, stehen sie prinzipiell relativen Prozent-Bändern in nichts nach - wobei mir die relative Sichtweise besser gefällt (im Zweifel lassen sich die absoluten Werte daraus einfach berechnen).

Zitat

Welche Schwellwerte ziehst du denn in Betracht?

Das ist eine gute und wichtige Frage - man muss verstehen, dass es optimale Schwellwerte immer nur im Rückblick basierend auf historischen Daten geben kann, die je nach betrachtetem Zeitraum für ein und dieselbe Anlageklasse sehr unterschiedlich sein können. Das Optimierungsproblem der historischen Schwellwerte ist selbst also zeitabhängig und besitzt unter Umständen sogar überhaupt keine prädiktive Relevanz im Sinne einer Vorhersage der zukünftig optimalen Schwellwerte für bestimmte zukünftige Zeiträume. Diese Zeitabhängigkeit der optimalen Schwellwerte einer Anlageklasse hängt natürlich eng mit der ebenfalls zeitabhängigen Volatilität von Anlageklassen zusammen. Ich halte es aber nicht für sinnvoll Predictive Modelling Modelle zu verwenden, um eine direkte Vorhersage zu treffen und würde daher in erster Näherung von statischen Schwellwerten ausgehen. Wenn sich Anlageklassen fundamental ändern - aus welchen Gründen auch immer - könnte eine Anpassung der Schwellwerte notwendig werden. Diese sollte aber fundamental begründet sein und ich würde nicht davon ausgehen, dass dieser Schritt allzu oft notwendig wird.

Bevor wir nun zu Richtwerte bzgl. den Schwellwerten kommen - nachdem man akzeptiert hat, dass es die optimale zukünftige Lösung ex-ante nicht geben wird - sollte man aber erst noch einmal einen Schritt zurückgehen und sich die Frage stellen, welche Anforderungen man an das Opportunistische Rebalancing stellt. Wie bereits weiter oben ausgeführt, geht es um zwei zentrale Punkte:

  • Effektive Begrenzung des Assetklassen-Drifts weg von der festgelegten Zielallokation (Risikosteuerungskomponente)
  • Generierung einer „Rebalancing-Rendite“ durch Ausnutzung der Trendumkehr der einzelnen unkorrelierten Anlageklassen (Renditeoptimierungskomponente)

Der erste Punkt ist Teil des klassischen Rebalancings und soll Konstellationen wie den oben dargestellten Portfolio-Drift und anschließenden Crash der dann dominanten Komponente wirksam verhindern. Das ist klassisches Risikomanagement, das man immer wieder zu der anfänglich festgelegten Zielallokation und damit dem dieser Allokation innewohnenden Risikos zurückkehrt (wenngleich das mit der individuell festgelegten Zielallokation tatsächlich verbundene Risiko oftmals nicht genau bekannt oder unterschätzt wird). Wie weit der Drift und damit eine Abkehr vom Risiko der Zielallokation erlaubt wird, ist individuell zu handhaben und spiegelt sich in den Schwellwerten der Risikosteuerung wider.

Der zweite Punkt und vielleicht interessantere Punkt beruht auf der Erkenntnis, dass man aus zueinander unkorrelierten Anlageklassen selbst dann eine Rendite heraus generieren kann, wenn diese Anlageklassen langfristig einen Rendite-Erwartungswert von null haben (unter Annahme einer Volatiliät ungleich null bei mind. einer Anlageklasse). Diese Einsicht ist relativ intuitiv, wenn man es schafft, Liquidität aus den gut gelaufene Anlageklassen vor einer Trendumkehr in die schlecht gelaufenen Anlageklassen ebenfalls vor Trendumkehr umzuschichten, um dadurch einerseits das Risiko der dann dominierenden Anlageklassen wirksam zu reduzieren (geringeres Exposure durch Reduktion der Gewichtung) und andererseits überproportional von der Erholung der schlecht gelaufenen Anlageklassen zu profitieren. Die überproportionale Partizipation an der Erholungsphase der schlecht gelaufenen Anlageklassen kommt dadurch zu Stande, dass das vorherige Rebalancing die Kostenbasis/den durchschnittlichen Einkaufspreis dieser Anlageklasse wirksam verringert hat (im Sinne von DCA = Dollar Cost Averaging). Übergeordnet nutzt man hier die Reversion zum Mittelwert von Anlageklassen aus - die typischerweise bei allen etablierten Anlageklassen beobachtet wird, d.h. auf im Vergleich zu Mittelwert sehr hohe Renditen folgen typischerweise sehr niedrige Renditen und umgekehrt (siehe die z.B. die rollierenden Renditen von Aktien in diesem Post). Während man diesen Effekt sehr genau kennt und es auch statistische und empirische Evidenz dafür gibt, können die genauen Zeitzyklen, auf denen sich der Effekt in einer Anlageklasse abspielt, im Vorfeld nicht exakt antizipiert werden. Dieser Umstand ist ein weiteres Argument für Opportunistisches Rebalancing mit relativen Schwellwerten, da diese streng mechanisch unabhängig von der Zeitskala zum Einsatz kommen oder eben nicht - falls es die Wertentwicklung der einzelnen Portfolio-Komponenten nicht hergibt.

Mathematisch gesehen wird das Prinzip einer Rebalancing-Rendite schön und einfach verständlich durch Shannon's Demon illustiert. Dieses mathematische Konzept stellt einen Zusammenhang zwischen dem arithmetischen Mittelwert µ_a (Ensemblemittelwert) und dem geometrischen Mittelwert µ_g (Zeitmittelwert) für die Rendite eines Gesamtportfolios her, deren Differenz unter Annahme einer Log-Normalverteilung gerade durch den sogenannten Volatility Drag gegeben ist:

Zitat

µ_g ≈ µ_a - σ^2/2 

Der Volatility Drag σ^2/2 ist somit ein Maß für die Nicht-Ergodizität des geometrischen Rendite-Mittelwertes (man spricht von Ergodizität, wenn Ensemblemittelwert = Zeitmittelwert, was in obiger Formel genau dann der Fall wäre, wenn der Volatility Drag bzw. die Standardabweichung σ = 0 ist). Diese Formel ist exakt unter der Annahme einer Log-Normalverteilung, stellt aber auch für die meisten anderen Rendite-Verteilungsfunktionen eine gute Näherung dar. Der arithmetische Mittelwert besitzt für den Anleger keine unmittelbare Relevanz im Sinne einer realisierbaren Rendite (playing multiple games simultaneously (Ensemblemittelwert) vs. playing one game repeatedly (Zeitmittelwert) - für eine genauere Erklärung siehe z.B. hier). Dennoch ist der oben beschrieben Zusammenhang mit Hinblick auf das Rebalacing sehr wichtig. Gelingt es durch Rebalancing zwischen unkorrelierten oder noch besser negativ korrelierten Anlageklassen den Volatility Drag des Gesamtportfolios (quadratische Größe) stärker abzusenken als den arithmetischen Rendite-Mittelwert des Gesamtportfolios (lineare Größe), dann steigert das automatisch die für den Anlageerfolg entscheidende geometrische Rendite des Gesamtportfolios. Gleichzeitig sieht man anhand der Formel aber auch schön, dass die geometrische Rendite des Gesamtportfolios nach oben hin durch die arithemische Rendite beschränkt ist. D.h. selbst wenn man (rein hypothetisch) die Volatilität des Gesamtportfolios auf null bringen könnte, würde das nur dann etwas helfen, wenn der arithmetische Mittelwert dann noch so positiv wäre, wie man ihn für seine Anlageziele gerne hätte. Insofern braucht man für eine hohe geometrische Rendite des Gesamtportfolios und optimaler Ausnutzung von Rebalancing immer zwei Dinge (in dieser Reihenfolge):

  • Anlageklassen mit im gewichteten arithmetischen Mittel möglichst hohem positivem Rendite-Erwartungswert
  • Unkorrelierte Anlageklassen, die den Volatility Drag des Gesamtportfolios effektiv absenken können

So schließt sich anhand dieser Formel dann auch der Kreis zu Bernsteins Erkenntnissen wieder. Bei gleichem geometrischen Rendite-Erwartungswert sind bei Anlageklassen mit hoher Volatilität die Jahresrenditen stärker gestreut als bei Anlageklassen mit niedriger Volatilität. Dadurch ist gemäß obiger Formel der arithmetische Mittelwert der Jahresrenditen bei Anlageklassen mit hoher Volatilität automatisch höher (umstellen der Gleichung nach µ_a). Gelingt es dann durch die Unkorreliertheit der Anlageklassen, die Volatilität auf Gesamtportfolio-Ebene durch Rebalancing zu reduzieren, dann erhöht sich automatisch die geometrische Rendite des Gesamtportfolios. Wie zuvor bei Bernstein ein Wort der Vorsicht: Da Anlageklassen mit hohem Rendite-Erwartungswert typischerweise eine hohe Volatilität aufweisen, besteht die Gefahr, dass bei Korreliertheit z.B. in Krisenzeiten die geometrische Rendite des Gesamtportfolios durch den Volatility Drag stärker abgesenkt wird, als dass sie durch die langfristig erwartete hohe arithmetische Rendite angehoben wird.

 

Um das Opportunistische Rebalancing optimal auszunutzen, muss man eine wichtige Unterscheidung machen. Einerseits muss die Abweichung der Anlageklassen von ihrer Zielgewichtigung (d.h. der Portfolio-Drift) auf Gesamtportfolio-Ebene gemessen und beobachtet werden. Andererseits muss das individuelle Verhalten von Anlageklassen berücksichtigt werden. Damit ist vor allem der aktuelle Zustand einer Anlageklassen im Sinne ihres aktuellen Drawdowns (prozentualer Rückgang von letztem Allzeithoch oder klar ausgebildetem letztem lokalen Hoch) oder Performance Streak (prozentuale Gesamterholung seit letztem größeren Drawdown unter Vernachlässigung kleinerer Drawdowns seither) gemeint. Meistens gehen Portfolio-Drift auf Gesamtportfolio-Ebene und Max Drawdown bzw. Performance Streak auf Anlageklassen-Ebene Hand-in-Hand - aber eben nicht immer, insbesondere wenn in Krisen- oder in starken Erholungsphasen die Korrelation eines größeren Teil des Portfolios zunimmt. D.h. man muss eigentlich zwei Sorten an Schwellwerten definieren:

  • Schwellwerte für den Portfolio-Drift auf Gesamtportfolio-Ebene (Risikokontrollmechanismus)
  • Schwellwerte für den individuellen Zustand einer Anlageklasse im Bezug auf Drawdown/Streak in Performance (Trendumkehr/Mean-Reversion Mechanismus)

Eine besondere Situation nehmen hier die ersten Rebalancing-Vorgänge nach Neuaufsetzen eines Portfolios ein - da die Abweichung von der Zielallokation/der Portfolio-Drift bei allen Anlageklassen hier zu Beginn natürlich auf null steht - die individuellen Zustände einer Anlageklasse (Auslenkung aus dem jeweiligen Mean) aber je nach Startzeitpunkt mehr oder weniger zufällig sind.


Wie bereits in meinem Kommentar oben beschrieben, kann eine exakte (im Sinne von optimal) formelbasierte Vorgabe für die Schwellwerte naturgemäß nicht gemacht werden. Die relativen Schwellwerte für den Porfolio-Drift sollten auf Basis der Risikotoleranz getroffen werden. Wie im OP beschrieben halte ich den Korridor von -25% bis -50% bzw. +33,33% bis +100% für das Portfolio für sinnvoll. Bei dieser relativen Definition hängt das aber natürlich stark von der jeweiligen Position und ihrer absoluten Positionsgewichtung ab. Für unterschiedliche Positionsgrößen ist eine unterschiedliche Wertentwicklung der Anlageklasse notwendig, um die Schwellwerte zu reißen (siehe hier für ein Beispiel).

 

Für die Schwellwerte bzgl. Drawdown bzw. Streak in Performance der individuellen Anlageklassen halte ich es für zweckmäßig, sich grob an den Korridoren der Vergangenheit hinsichtlich Max Drawdown und Max Streak in Performance der jeweiligen Anlageklassen zu orientieren. Man möchte mit Opportunistischem Rebalancing nicht die kleinen Fluktuationen ausnutzen, sondern die großen Einbrüche und typischerweise nachfolgend starken Erholungsphasen der einzelnen Anlageklassen. Solange es die Schwellwerte der Risikosteuerung zulassen, könnte man folgende Orientierungsformeln heranziehen:

Zitat

(x+1)^n = (1 - Max Drawdown)  => x = (1 - Max Drawdown)^(1/n) - 1 mit n = 2, 3 oder 4
(y+1)^n = Max Streak in Performance  => y = Max Streak in Performance^(1/n) - 1 mit n = 2, 3 oder 4

 

Beispiel:
Der historische Max Drawdown bei Ethereum liegt bei -93,96%. Mit n = 2 ergibt sich: (x+1)^2 = (1-0,9396) => x  = -75,42%. Per Konstruktion ist dieser Schwellwert so definiert, dass es zwei Rückgänge von ca. -75% braucht, um den Max Drawdown zu erzeugen, also (1-0,75)*(1-0,75) -1 = 0,25^2 - 1 = -93,75%.

Der historische Max Streak in Performance einer Anlageklasse läge bei +1000%. Mit n = 2 ergibt sich: (y+1)^2 = 10 => y  = 216,23%. Per Konstruktion ist dieser Schwellwert so definiert, dass es zwei Zuwächse von ca. 216% braucht, um den Max Streak in Performance zu erzeugen, also (1+2,16)*(1+2,16) = 3,16^2 = 998,56%.

Alternativ könnte man statt Max Drawdown und Max Streak in Performance z.B auch die Median-Äquivalente heranziehen (Berücksichtigung von Drawdowns/Streaks in Performance in der Statistik nur ab einer bestimmten Ober- bzw. Untergrenze) und dann n = 1 setzen (was bei einem neuen Max Drawdown dann aber unter Umständen zu sehr vielen Rebalancing-Schritten führen könnte). Die Definition mit den Max Werten setzt auf die großen opportunistischen Gelegenheiten, ohne sich im Kleinklein zu verlieren. Wenn man nicht so häufig eingreifen möchten, dann ist n = 2 wahrscheinlich eine gute Wahl - wer das ganze etwas feinmaschiger aufziehen möchte, um auch kleinere Schwankungen gut auszunutzen, sollte n = 3 oder 4 wählen (je größer n desto kleiner die Schrittweite hinsichtlich Näherung an den historischen Max Drawdown, d.h. desto feiner kann man diesen abtasten und desto mehr Rebalancing-Schritte hat man bei einem großen Drawdown; man muss sich allerdings bewusst sein, dass man beim Auftritt eines neuen Max Drawdowns dann mind. n-Mal rebalancen muss und die Gefahr besteht, dass die Erholungsphase möglicherweise entweder sehr lange auf sich warten lässt oder während des Anlagehorizontes sogar nie kommt). Am Ende hängt die Definition von n bzw. x und y sicherlich auch ein bisschen vom relativen Zustand der Anlageklassen ab (liegen alle Portfolio-Anlageklassen am Boden nahe des Max Drawdowns oder gibt es gut und schlecht gelaufene Anlageklassen, die sich für Rebalancing eignen?), der natürlich auch Auswirkungen auf den Portfolio-Drift und damit die Risikosteuerung hat.

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Madame_Q

 

@Glory_DaysJetzt bin ich mir nicht mehr sicher, ob wir das Thema hier schon angesprochen hatten, aber mich würde interessieren, warum du komplett auf die Emerging Markets verzichtest bzw. wie deine (vermutlich dann negative) Meinung über diese Region ist.

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
Am 20.6.2022 um 17:37 von Madame_Q:

Jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, ob wir das Thema hier schon angesprochen hatten, aber mich würde interessieren, warum du komplett auf die Emerging Markets verzichtest bzw. wie deine (vermutlich dann negative) Meinung über diese Region ist.

Bisher haben wir das Thema Emerging Markets noch nicht diskutiert. Ein paar Gedanken:


Die Korrelation von Emerging Markets und Developed Markets hat über die Jahre ausgehend von einem hohen Niveau weiter zugenommen (kausaler Treiber die Globalisierung). Portfolio Visualizer kommt auf eine Korrelation von 0,83 über die letzten rund 23 Jahre (17.08.1999 - 17.06.2022):

grafik.thumb.png.5d19e119cf3696d5bc14acbcdac1e91c.png


Insbesondere besitzen Emerging Markets eine hohe Left-Tail Korrelation (bei Aktieneinbrüchen) mit anderen Aktien-Unterklassen:

grafik.png.c4b1e5f786641590ff5c2221ef8b6bc4.png

Quelle: When Diversification Fails

Ich halte die Diversifikation Welt/EM daher für eine klassische und gefährliche Scheindiversifikation, die wenn überhaupt auf ungewollte Art und Weise während Aktien-Rallies vorhanden ist. Meine Meinung hinsichtlich einzelner Regionen ist daher erst einmal irrelevant - für eine Berücksichtigung von EM-Aktien im Portfolio müsste ein zusätzlicher Nutzung entweder als Diversifikator (defensiver Teil) oder als Renditetreiber (offensiver Teil) klar erkennbar sein. Beides sehe ich nicht - daher fällt es mir relativ leicht, auf diese Unterklasse von Aktien komplett zu verzichten. Wenn man aber - aus welchen Gründen auch immer - gar nicht auf EM-Aktien verzichten wöllte, so würde ich nachdrücklich empfehlen, diese in den offensiven Aktienanteil miteinzurechnen.

Am Ende des Tages stimme ich diesen Aussagen zu (insbesondere auch dem letzten Satz):

Zitat

These surprising results demonstrate that diversification effects between sectors remain constant during crisis but not between countries, where structures of correlations change. Thus, diversification within the asset category “stocks” between countries seems to be impossible and the true risks are significantly larger than expected. Apart from that, correlations between stock indices are per se quite high. Hence, an asset allocation solely based on stocks is always risky.

Quelle: An Empirical Study of Correlation and Volatility Changes of Stock Indices and their Impact on Risk Figures

Allerdings darf man auch von Sektor-Diversifikation bei Aktien in Krisenzeiten nicht zu viel erwarten.

Zitat

These analytics [portfolio optimization methodologies which directly address nonnormal left-tail risk] are widely available, but they are often used on a “post-trade” basis—that is, after portfolio construction has taken place. Investors should use such tail-aware tools as part of “pre-trade” decisions. To do so will reveal that equity regions, styles, sizes, and sectors—as well as credit, alternative assets, and risk factors—do not diversify broad equity risk as much as average correlations suggest. To be clear, we are not arguing against diversification across traditional asset classes, but investors should be aware that traditional measures of diversification may belie exposure to loss in times of stress. Investors should calibrate their risk tolerance (against return opportunities) accordingly.

Quelle: When Diversification Fails

Herkömmliche Diversifikation über Anlageklassen wird in extremen Krisenzeiten - dann wenn es an den Aktienmärkten richtig kracht - immer an seine Grenzen kommen. Alternativen gibt es in Form einer dynamischen Asset Allokation (z.B. in Form eines Multi-Strategie Ansatzes) oder temporärer Short-Positionen.

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Madame_Q

Danke für deine nachvollziehbaren Ausführungen :thumbsup:

 

Das bedeutet, dass du z.B. einen günstigen S&P500 ETF für ausreichend sehen würdest, sofern jemand Aktien mit nur einem ETF abbilden wollen würde oder? Ein MSCI World oder ACWI würde deiner Argumentation nach keinen Mehrwert mehr bringen, sondern nur ein Mehr an Kosten.

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hattifnatt
vor 20 Minuten von Madame_Q:

Danke für deine nachvollziehbaren Ausführungen :thumbsup:

 

Das bedeutet, dass du z.B. einen günstigen S&P500 ETF für ausreichend sehen würdest, sofern jemand Aktien mit nur einem ETF abbilden wollen würde oder? Ein MSCI World oder ACWI würde deiner Argumentation nach keinen Mehrwert mehr bringen, sondern nur ein Mehr an Kosten.

Für mich sind die nicht nachvollziehbar, sondern kurzsichtig, wie in https://www.wertpapier-forum.de/topic/63544-offensivdefensiv-portfolio/?do=findComment&comment=1521759 argumentiert :-*

 

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Madame_Q
· bearbeitet von Madame_Q
vor 17 Minuten von hattifnatt:

Für mich sind die nicht nachvollziehbar, sondern kurzsichtig, wie in https://www.wertpapier-forum.de/topic/63544-offensivdefensiv-portfolio/?do=findComment&comment=1521759 argumentiert :-*

Ich würde es in der Praxis auch nicht machen, aber ich kann die Sichtweise verstehen (und damit ist zumindest die Begründung, warum @Glory_Dayses so sieht, wie er es sieht, nachvollziehbar). Wie immer kommt es eben darauf an, ob man an etwas glaubt oder nicht und in der Hinsicht eben Wetten eingeht oder nicht. 

 

An das hier glaube ich z.B. eher nicht:

Am 25.5.2022 um 08:37 von hattifnatt:

Ich kann mir z.B. Szenarien vorstellen, wo es bei einer durch (Extrembeispiel:) China dominierten "KI-Revolution" mit der Dominanz der US-Softwareindustrie vorbei sein könnte, und das könnte sich in (wenigen) Jahrzehnten statt Jahrhunderten abspielen.

Auf der anderen Seite stelle ich mich aber nicht gegen die Möglichkeit dieses Szenarios und bleibe daher dabei, prognosefrei zu investieren, weil eben doch keiner weiß, was kommt.

Relativ sicher dürfte nur sein (aber das ist immer so): Wer Wetten eingeht oder bestimmte Szenarien ausschließt, der hat einerseits Chancen auf eine höhere Rendite, andererseits natürlich auch mehr Risiko, weil (wenn es anders kommt), man dann ziemlich darunter leidet.

 

Der TE hier informiert sich sehr ausführlich mit Daten und Material und ist definitiv nicht der Dümmste (so gut kenne ich ihn mittlerweile auch aus PNs - das traue ich mich einfach mal zu sagen :)).

Wie immer muss er sich selbst natürlich die Frage stellen, inwieweit er seinem "Talent" vertraut, das Richtige bzw. die Zukunft aus seinen wissenschaftlichen Papern/Studien zu ziehen. Das Problem haben aber alle, die sich viel mit solchen Dingen beschäftigen (auch z.B. Prof. Weber und sein Team, die jeden Tag nichts anderes machen).

 

So sehr ich den Hut ziehen muss vor der Motivation von @Glory_Days, sich so viel Wissen anzueignen und wirklich interessante Sachen zu "entdecken". Letztendlich überwiegt dann doch bei mir die alte Leier: "Was passiert ist, ist passiert und die Zukunft kennt eben keiner!".

Märkte werden sich immer anpassen. Muster zu erkennen aus historischen Daten, um sie für sich zum Vorteil zu nutzen, dürfte eher immer schwerer werden als leichter und das, obwohl wir heute immer leichter Zugriff auf Daten und wissenschaftliche Studien haben (aber das haben eben alle heute!).

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hattifnatt
· bearbeitet von hattifnatt
vor 31 Minuten von Madame_Q:

Auf der anderen Seite stelle ich mich aber nicht gegen die Möglichkeit dieses Szenarios und bleibe daher dabei, prognosefrei zu investieren, weil eben doch keiner weiß, was kommt.

Ja, das ist genau der Punkt (ich habe nicht gesagt, dass es wahrscheinlich ist, aber es ist eben vorstellbar/möglich). @Glory_Days Antwort auf das Szenario war, dass man es rechtzeitig erkennen und umschichten könnte, also ein gewisses Vertrauen darauf:

vor 31 Minuten von Madame_Q:

Wie immer muss er sich selbst natürlich die Frage stellen, inwieweit er seinem "Talent" vertraut, das Richtige bzw. die Zukunft aus seinen wissenschaftlichen Papern/Studien zu ziehen.

Und das sollte man immer hinterfragen (in meinen Augen hat man als Einzelperson keine Chance gegen den Markt) ;) 

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Madame_Q
· bearbeitet von Madame_Q

Ich finde in dem Zusammenhang auch immer eine wichtige Frage:

 

Sollte es nicht so kommen, wie man denkt/wettet - wie verarbeitet/verkraftet man dann seine "Fehlentscheidung" und wie macht man dann weiter? 

Wenn es gut läuft, kann man sich natürlich auf die Schulter klopfen, aber der andere Fall ist der interessantere.

 

Den Vorteil im prognosefreien Investieren sehe ich darin, dass man im Vornherein weiß/damit rechnet, dass man in keinem Szenario ganz vorne mit dabei/nie der große Gewinner sein wird. Die Erwartungshaltung ist geringer und damit sind auch mögliche Enttäuschungen nicht so wahrscheinlich.

 

Letztendlich muss aber jeder für sich selbst entscheiden, was er aushält.

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Schwachzocker
vor 2 Stunden von Madame_Q:

Danke für deine nachvollziehbaren Ausführungen :thumbsup:

 

Das bedeutet, dass du z.B. einen günstigen S&P500 ETF für ausreichend sehen würdest...

Nein, das bedeutet, dass er auch die Apple-Aktie für ausreichend halten würde, denn die waren ja in der Vergangenheit ein Renditetreiber.

Natürlich gehören die EM-Aktien nun einmal zum weltweiten Aktienmarkt dazu und dienen damit der Diversifikation.

 

vor 1 Stunde von Madame_Q:

...

Relativ sicher dürfte nur sein (aber das ist immer so): Wer Wetten eingeht oder bestimmte Szenarien ausschließt, der hat einerseits Chancen auf eine höhere Rendite, andererseits natürlich auch mehr Risiko...

Definitiv nein!

Wer Wetten eingeht holt sich lediglich unnötige Risiken (weil unsystemisch) dazu und kann dafür keine Mehrrendite erwarten. Dass es durch glückliche Fügungen auch anders kommen kann, steht auf einen anderen Blatt. Man muss jedes Investment aber ex-ante beurteilen und nicht erst dann, wenn das Ergebnis feststeht.

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Madame_Q
vor 19 Minuten von Schwachzocker:

Natürlich gehören die EM-Aktien nun einmal zum weltweiten Aktienmarkt dazu und dienen damit der Diversifikation.

Wie siehst du Small Caps in diesem Zusammenhang (weltweite Diversifikation)?

 

vor 21 Minuten von Schwachzocker:

Wer Wetten eingeht holt sich lediglich unnötige Risiken (weil unsystemisch) dazu und kann dafür keine Mehrrendite erwarten.

Der Satz ist natürlich korrekt.

Jetzt könnte man aber wieder fragen, ob das Investieren in "nur Aktien (Welt-ETFs)" vielleicht auch ein Wette ist im Vergleich zum einem Portfolio mit mehreren Assetklassen (Aktien, Anleihen, Gold, Rohstoffe, Cash etc) oder?

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Schwachzocker
· bearbeitet von Schwachzocker
vor 9 Minuten von Madame_Q:

Wie siehst du Small Caps in diesem Zusammenhang (weltweite Diversifikation)?

Natürlich auch! Im Idealfall hat man alles.

 

vor 9 Minuten von Madame_Q:

Jetzt könnte man aber wieder fragen, ob das Investieren in "nur Aktien (Welt-ETFs)" vielleicht auch ein Wette ist im Vergleich zum einem Portfolio mit mehreren Assetklassen (Aktien, Anleihen, Gold, Rohstoffe, Cash etc) oder?

Klar kann man das so sehen.

Und wenn man lediglich Aktien, Anleihen, Rohstoffe und Cash hat, könnte man meinen, das sei eine Wette gegenüber einem Portfolio, das zusätzlich noch Kunstgegenstände, Luxusuhren und Zigaretten enthält. Es kommt darauf an, wie kleingeistig und analfixiert man erscheinen möchte.

 

Ich weiß nicht, was das, was @Glory_Days beschreibt, mit Diversifikation zu tun hat. Er meint wohl, dass es erstrebenswert ist, dass die einzelnen Anlagen möglichst negativ miteinander korrelieren. Und da man das für die Zukunft nicht weiß, nimmt man halt alles.

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Madame_Q
· bearbeitet von Madame_Q
vor 20 Minuten von Schwachzocker:

Und wenn man lediglich Aktien, Anleihen, Rohstoffe und Cash hat, könnte man meinen, das sei eine Wette gegenüber einem Portfolio, das zusätzlich noch Kunstgegenstände, Luxusuhren und Zigaretten enthält. 

Stimmt. 

Thema: "Wo ist der "Sweet-Spot" (ausreichend diversifiziert, aber gleichzeitig nicht "analfixiert"-über-diversifiziert)?

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Bigwigster
· bearbeitet von Bigwigster
vor einer Stunde von Madame_Q:

"Wo ist der "Sweet-Spot" (ausreichend diversifiziert, aber gleichzeitig nicht "analfixiert"-über-diversifiziert)?

Nach meiner subjektiven Meinung: Wenn es einen nennenswerten Anteil (~10%) der gesamten Marktkapitalisierung (ACWI IMI) entspricht gehört es definitiv zu einer guten/vollständigen Diversifizierung einfach dazu.

Zusätzlich kann man natürlich abwägen ob es aus Korrelationssicht vernachlässigbar ist oder nicht, also bei Schwellenländern nein und bei Small Caps ja. Mein Fazit:

Schwellenländer gehören zu einer guten Diversifikation definitiv dazu, bei Small Caps würde ich sagen nicht ganz so wichtig, aber besser mit dabei also ohne.

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Madame_Q
vor einer Stunde von Bigwigster:

Mein Fazit:

Schwellenländer gehören zu einer guten Diversifikation definitiv dazu, bei Small Caps würde ich sagen nicht ganz so wichtig

+1

Breite vor Tiefe sozusagen.

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underwood
· bearbeitet von underwood
vor 5 Stunden von Madame_Q:

Das bedeutet, dass du z.B. einen günstigen S&P500 ETF für ausreichend sehen würdest, sofern jemand Aktien mit nur einem ETF abbilden wollen würde oder? Ein MSCI World oder ACWI würde deiner Argumentation nach keinen Mehrwert mehr bringen, sondern nur ein Mehr an Kosten.

Interessant finde ich dabei auch immer die us-amerikanische Sichtweise. Buffett (never bet against America) und Bogle haben/hatten die Meinung, dass ein S&P 500 absolut ausreicht, da die großen US-Firmen die Hälfte ihres Geschäfts sowieso außerhalb der USA machen. 

https://www.cnbc.com/2017/04/17/a-stubborn-investing-rule-shared-by-jack-bogle-and-warren-buffett.html

 

Why Jack Bogle Doesn't Own Non-U.S. Stocks: https://www.youtube.com/watch?v=P54trh0Rre8

 

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Madame_Q
· bearbeitet von Madame_Q
vor 3 Stunden von Madame_Q:

"Wo ist der "Sweet-Spot" (ausreichend diversifiziert, aber gleichzeitig nicht "analfixiert"-über-diversifiziert)?

Dazu hier:

https://www.investec.com/en_gb/focus/global-investment-strategy-group/is-diversification-for-people-who-dont-know-where-the-sweet-spot-is.html

 

Auszüge (bereits von google übersetzt und ohne Wertung meinerseits):

"Ist Diversifikation etwas für Leute, die nicht wissen, wo der Sweet Spot liegt?...

Der Schlüssel zu einer klugen Diversifizierung liegt jedoch darin, einen Fall von „di-worse-fication“ zu vermeiden, ein Begriff, der berühmt von Warren Buffet geprägt wurde. „Obwohl ein gewisses Maß an Diversifizierung angemessen ist, kann eine zu starke Diversifizierung die Kosten und die Komplexität erhöhen“...

„Die Studie legt nahe, dass der „Sweet Spot“ der Diversifikation ungefähr vier verschiedene Anlageklassen umfasst....Welchen Diversifikationsansatz auch immer Anleger wählen, sie müssen eine klare Überzeugung haben und sollten nicht zu stark diversifizieren.“...

„Anleger müssen den Kompromiss zwischen den Risiken und den potenziellen Renditen verstehen, aber die Wahrheit ist, dass die meisten Menschen die Verbindung zwischen diesen beiden Konzepten nicht verstehen. Daher ist Diversifikation aus unserer Sicht keine Unfähigkeit, den optimalen Punkt zu finden."

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Sapine
vor 2 Stunden von Madame_Q:

Breite vor Tiefe sozusagen.

Gemessen an der Marktkapitalisierung kann ich keinen großen Unterschied erkennen zwischen SC  und EM.

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